Die erste Eisenbahn fährt 1804. Ganze 40 Jahre dauert es, bis 1844 die Eisenbahn Schweizer Boden erreicht und mit vielen Auf und Ab das Land erobert. Heute ist das Netz der Schweizer Bahnen eines der dichtesten dieser Erde. Im kommenden Jahr gibt es wiederum ein paar runde Jubiläen zu feiern.
Bahnhof Arosa: Am 12. Dezember 2014 wird die Eisenbahn von Chur nach Arosa genau hundertjährig Foto: Marcel Manhart
Vor 210 Jahren, am 21. Februar 1804, zieht Richard Trevithicks (1771—1833) Lokomotive bei Merthyr Tydfil in Wales einen Zug mit fünf Waggons, 10 Tonnen Eisen und 70 Männern über 15,7 km Gleis der Pen-y-Darren-Werke. Die 4 Stunden und 5 Minuten Fahrzeit entsprechen 3,8 km/h im Schnitt. Vierzig Jahre später, am 15. Juni 1844, erreicht der erste Zug der Bahn von Strassburg nach Basel die Schweiz. Sein Endhalt liegt noch bis zum 11. Dezember vor der Stadtmauer am St.-Johann-Tor, erst dann wird der Bahnhof «intra muros» (auf dem Schällenmätteli) vollendet. Dieses Ereignis jährt sich 2014 zum 170. Mal.
Genau 150 Jahre alt werden am 1. Juni die Strecken Zollikofen—Biel und Gümligen—Langnau. Erbaut hat sie der Kanton Bern, der damit den vom Zürcher Alfred Escher initiierten eidgenössischen Verfassungsgrundsatz, wonach Bau und Betrieb von Eisenbahnen der Privattätigkeit zu überlassen seien, erstmals durchbricht. Gleichen Tags fährt auch der erste Eisenbahnzug von Zürich nach Luzern, und zwar durchs Knonauer Amt, wobei er in Zug über ein Gleisdreieck wenden muss. Güterzüge können den Kopfbahnhof Zug über ein (1970 aufgehobenes) direktes Gleis von Steinhausen (das erst 1904 einen eigenen Bahnhof erhält) nach Cham umfahren. Weil die Schweizerische Nordostbahn (NOB) damals den Vereinigten Schweizer Bahnen (VSB) den Netzzugang verweigern, eröffnet die VSB in Rorschach ein eigenes Parallelgleis zum Hafenbahnhof. Was damals (wie heute) wie eine Doppelspur aussieht, wird als parallele Einspurstrecken betrieben, die später auch der Rorschach—Heiden-Bahn dienen. Der Hafenbahnhof und die kurze Strecke verlieren 2005 ihre Eigenständigkeit und gelten seither als Teil des Bahnhofs Rorschach.
Den 125. Geburtstag feiern nächstes Jahr Meterspurbahnen im Norden von Lausanne (Echallens—Bercher), in den Neuenburger Bergen (La Chaux-de-Fonds—Les Ponts-de-Martel) im Appenzeller Land (St. Gallen—Gais) und im Prättigau (Landquart—Klosters). Die Jura—Bern—Luzern-Bahn verlängert die Brüniglinie von Alpnach bis Luzern, was der drei Tage jüngeren Zahnradbahn auf den Pilatus (zu den Schiffsverbindungen hinzu) gute Anschlüsse aus der und in die übrige Schweiz sichert. Gleich alt sind die Normalspurbahn Langenthal—Huttwil und zwei Standseilbahnen: die Polybahn in Zürich und die Drahtseilbahn vom Thunersee (Beatenbucht) nach Beatenberg. Als frühe Übernahme geht die im Badischen Bahnhof Basel beginnende Wiesentalbahn nach Zell in die Geschichte ein. Sie wird per 7. Juni 1889 Teil der Grossherzoglichen Badischen Staatseisenbahn (heute DB mit Zügen von SBB GmbH Deutschland).
Genau hundertjährig wird am 12.12.2014 die Eisenbahn von Chur nach Arosa. Sie ist 1942 Strecke der Rhätischen Bahn geworden. Die von Aigle ausgehende Bahn nach Le Sepey wird am 7.7.1914 ab Les Planches zum Endpunkt Les Diablerets verlängert. Die Strassenbahnen von Beatenbucht nach Interlaken und von Schwyz nach Ibach sind inzwischen (1939 und 1963) schon wieder verschwunden. Zu den wenigen Zentenarfeiern kommt das Jubiläum der Elektrifikation der Berner Oberland-Bahnen (Interlaken—Lauterbrunnen/-Grindelwald und Wilderswil—Schynige Platte). Daneben entstehen 1914 zweite Gleise: zwischen Sursee und Nottwil, von Thörishaus nach Bern, ab Gümligen bis Kiesen und von Scherzligen bis Spiez sowie im Unterwallis (Martigny—Riddes) und am Jurasüdfuss (St-Blaise—Cressier).
Vor 75 Jahren verschwindet die 25 Jahre zuvor, am Vorabend des Ersten Weltkriegs eröffnete Strassenbahn Beatenbucht—Interlaken wieder. Ebenfalls eingestellt wird die Bahn Vallorbe—Pontarlier. Allerdings bauen seit rund 20 Jahren Eisenbahnfreunde diese Strecke wieder auf – einstweilen erst auf französischem Boden (Näheres unter www.coni-fer.org). Abgebaut wird 1939 die Strassenbahn Kempten—Wetzikon. Neue Bahnen gibt es in der Krise kaum. Immerhin führen strategische Gedanken dazu, die 1909 stillgelegte Umfahrung im Norden von Zürich (Opfikon—Zürich Seebach) zu reaktivieren. Ein paar kurze Doppelspurabschnitte beseitigten Engpässe im Netz: Emmenbrücke—Gütsch (SBB) und Reinach Landererstrasse—Reinach BL (Trambahn Basel—Aesch, heute BLT). Die Schweizerische Südostbahn (damals nur westlich von Rapperswil SG tätig) elektrifiziert ihr Netz, und die 1912 eröffnete Säntisbahn passt ihren Namen der Realität an: Appenzell—Weissbad—Wasserauen (AWW, heute Appenzeller Bahnen). Obwohl nur wenige Meter Schweizer Boden betroffen sind, gilt die Elektrifikation Voghera—Mailand—Chiasso als bedeutendes Ereignis. In Italien krönt es die 100-Jahr-Feiern der italienischen Eisenbahnen.
Fünfzig Jahre alt wird 2014 die Renaissance der Eisenbahn nach Engelberg. Die totgesagte, veraltete Drehstrombahn ab Stansstad findet damals dank Achereggbrücke (198 m lang) und Loppertunnel (1780 m) sowie Umstellung auf SBB-Strom (15 kV, 16,7 Hz) Direktanschluss an die Brüniglinie und die Kurve in eine erfolgreiche Zukunft. Umgekehrt kommt das Aus für die Strassenbahnen in Lausanne, den Trambetrieb von Lugano nach La Santa (Das Blatt hat sich da wie dort wieder gewendet!) und für die Bahn von Neuhausen über Oberwiesen nach Stühlingen. Ebenfalls verschwindet die Standseilbahn von Bad Ragaz nach Wartenstein. Die Expo 64 bringt der Strecke Lausanne—Renens VD das dritte Gleis, und Doppelspuren entstehen von Busswil nach Brügg, von Hondrich bis Frutigen und bei der Gornergratbahn vom Rothenboden zum Gifthüttli.
Den 25. Geburtstag feiert nächstes Jahr der von der Schweiz substantiell mitfinanzierte und inzwischen mitsanierte, 7,2 km lange Monte Olimpino-Tunnel (südlich von Chiasso) in Italien. Er leitet den Transitverkehr an Como vorbei und erlaubt Huckepacktransporte mit grossem Profil zu fahren. Auch im Norden gewinnt der internationale Verkehr: endlich können 1989 die Züge zwischen Zürich und Stuttgart durchgehend elektrisch fahren, weil Fahrleitungen und Zugsicherungen nach deutscher und schweizerischer Norm die Strecke Schaffhausen—Singen (Hohentwiel) ergänzen. Dass die gewonnenen Vorteile bald wieder verblassen, ist damals nicht absehbar. In Zürich übernehmen der Bahnhof Museumstrasse und der Hirschengrabentunnel die Funktionen der Strecke vom Hauptbahnhof über Letten nach Stadelhofen. Der durchgehende Betrieb lässt noch ein Jahr auf sich warten. Neben zwei Abschnitten der 1990 eröffneten S-Bahn Zürich (Rapperswil—Grünfels; Urdorf—Mören) bekommt die Strecke Burgdorf Steinhof—Oberburg ein zweites Gleis.