Ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs in der Schweiz entfällt auf den Verkehr. Dieser Anteil wird angesichts der steigenden Nachfrage weiter zunehmen. Deshalb ist es wichtig, dass dieser Sektor die Energiestrategie 2050 des Bundesrates aktiv mitträgt. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) ist mit der Umsetzung der Massnahmen im Bereich des öffentlichen Verkehrs beauftragt. Es regt bei den Unternehmen des öffentlichen Verkehrs Innovationen an und will sie zu Akteuren beim Umbau des Energiesystems machen.
Herausforderung ESöV 2050 Foto: Marcel Manhart
Im Mai 2011 beschloss der Bundesrat den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie. Im September 2013 verabschiedete er seine neue Energiepolitik und überwies dem Parlament ein erstes Massnahmenpaket zur Beratung. Damit soll der Umbau des Energiesystems in der Schweiz ohne Versorgungsengpässe geschafft werden. Im Zentrum der Energiestrategie 2050 stehen die Senkung des Energieverbrauchs (bessere Energieeffizienz) und der Ausbau der erneuerbaren Energien. Beim Verkehr (ohne Luftfahrt) will der Bundesrat den Energieverbrauch um die Hälfte reduzieren.
Mehrere Stossrichtungen
Der öffentliche Verkehr steht vor folgenden Herausforderungen:
• Steigerung der Energieeffizienz: Die Energieeffizienz kann je nach Verkehrsträger um zehn bis fünfzig Prozent verbessert werden.
• Ausstieg aus der Kernenergie: Der Bahnstrom und der Strom für die Infrastruktur (Beleuchtung, Stromversorgung für die Signalanlagen, die Weichen, Gebäude usw.) kommen künftig aus erneuerbaren Quellen. Die Transportunternehmen produzieren diesen erneuerbaren Strom selber oder kaufen ihn ein.
• Senkung des CO2-Ausstosses: Der Verbrauch von fossilen Brenn- und Treibstoffen für Gebäude und Infrastruktur ist zu senken.
• Ausbau der Ökostromproduktion: Die Produktion von Ökostrom ist nötig, um die Kernenergie zu ersetzen und Lastspitzen abzudecken.
Die Herausforderungen betreffen sowohl die Infrastrastruktur und die Gebäude wie auch die Fahrzeuge und den Betrieb. Mögliche Handlungsfelder sind beispielsweise eine bessere Energierückgewinnung bei Bahn, Tram und Bus, Anpassungen bei den elektrischen Weichenheizungen oder mehr Effizienz von Heizung, Lüftung und Kühlung, die zusammen fast gleich viel Energie verbrauchen können wie das Fortbewegen der Fahrzeuge. Anlagen des öffentlichen Verkehrs wie beispielsweise die Dächer von Bahnhöfen, Depots und Perrons oder Schutzwände entlang der Schienen weisen ausserdem zahlreiche grosse Flächen auf, die sich für die Erzeugung von Solarstrom eignen.
Den Umbau des Energiesystems aktiv mitgestalten
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat den Auftrag erhalten, die neue Energiestrategie des Bundesrates in seinem Zuständigkeitsbereich zu konkretisieren und umzusetzen. Seit Jahresbeginn arbeitet ein Mitarbeiter an der Ausgestaltung der Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr (ESöV 2050) und ist für ihre erfolgreiche Umsetzung verantwortlich.
Mit der ESöV 2050 werden auch die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs zu Akteuren beim Umbau des Energiesystems, weil sie für den Betrieb und die operativen Entscheidungen verantwortlich sind. Damit energetische Überlegungen als wesentliche Elemente in den Entscheidungsprozess einfliessen können, ist zudem die Zusammenarbeit mit den Kantonen zentral. Diese sind wichtige Partner bei der Ausarbeitung der Leistungsvereinbarungen mit den Unternehmen des öffentlichen Verkehrs. Damit eine Gesamtschau erarbeitet und ein Austausch über Best Practices ermöglicht werden kann, ist eine verstärkte Kommunikation zwischen den Beteiligten nötig. Das BAV fördert den Dialog und treibt Innovationen über Studien und Pilotprojekte bei den öffentlichen Verkehrsunternehmen voran. Daneben bietet es Unterstützung an bei der Umsetzung, insbesondere über finanzielle, fachliche oder gesetzliche Anreize.
Die Konzeptphase für die ESöV 2050 (Inhalte, Organisation) ist bald abgeschlossen. Für die sieben ersten Projekte hat die Begleitgruppe der ESöV Beiträge in der Höhe von insgesamt 650 000 Franken bewilligt (siehe Kasten unten). Bis zum Jahresende wird eine Ausschreibung für Projekte lanciert, um die Palette der Vorschläge zu erweitern.
Für die erfolgreiche Umsetzung der ESöV 2050 stehen dem BAV ab 2014 rund 3,5 Millionen Franken pro Jahr zur Verfügung. Diese Summe wird etappenweise investiert. Damit sollen im öffentlichen Verkehr rund 600 Gigawattstunden im Jahr eingespart werden, später soll die Einsparung weiter steigen. 600 Gigawattstunden entsprechen einem Fünftel der Jahresproduktion eines Kernkraftwerks wie Mühleberg oder Beznau.
Im Rahmen der Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr (ESöV 2050)
unterstützt das BAV vorerst sieben Projekte zu den folgenden Themen:
Energieeffizienz. Best Practices und Daten in den Verkehrsunternehmen. Bestandesaufnahme durch Nicolas Grandjean und Geelhaarconsulting.
Verbesserungspotenzial bei Heizung und Lüftung der Fahrzeuge. Zwei sich ergänzende Studien: Professor Peter Oelhafen (Universität Basel) führt eine Studie bei Schienenfahrzeugen durch; eine andere Studie zu Trolleybussen wird von den Lausanner Verkehrsbetrieben (Transports publics Lausannois, TL) koordiniert.
Weichenheizungen in Kälteperioden. Vorstudie, die Empfehlungen für effizientere Systeme als die heute gebräuchlichen elektrischen Widerstandsheizungen liefern soll. Diese Studie wird von Andrea Grüniger von der Hochschule Luzern (HSLU) geleitet.
Neue Antriebslösungen für Rangierlokomotiven und Baufahrzeuge. Bestandesaufnahme mit Hinweisen auf besonders vielversprechene neue Technologien. Die Studie wird von der SBB in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen DLR durchgeführt.
Aerodynamisch optimale Zugskompositionen. Studie, die Hinweise zur aerodynamisch optimalen Form (Wagenfolge) der Zugskompositionen liefern soll . Diese Studie wird von der SBB in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen DLR durchgeführt.
Energieeinsparungen im Bahnangebot. Potenzialanalyse Energieeinsparungen im Bereich Bahnangebot. Die Studie wird von der SBB in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen SMA durchgeführt.
Die Energiestrategie 2050 - Erneuerbare Energien