Ab 2019 ist der Gleisabschnitt Effretikon–Winterthur am Limit

Auf der Bahnverbindung Zürich–Winterthur wird die Nachfrage bis Ende des nächsten Jahrzehnts um 75 Prozent steigen. Die SBB wollen bis 2019 technisch das Maximum aus der Strecke herausholen. Dann hilft nur noch der Brüttener Tunnel.

 

Von Stefan Hotz - Neue Zürcher Zeitung

ICN aus Richtung Winterthur bei der Einfahrt in Effretikon             Foto: Marcel Manhart

 

 

Wie profitieren Bahnkunden im Raum Zürich vom ersten Ausbauschritt bis 2025 im Rahmen von Fabi? Über diese Bundesvorlage für die Finanzierung und den Ausbau der Bahninfrastruktur wird voraussichtlich im Februar abgestimmt. Die korrekte Antwort lautet: durch den Halbstundentakt zwischen Zürich und Chur sowie zwischen Sargans und Buchs im Rheintal und dank längeren Zügen der Südostbahn.

 

Das sind nicht die dringendsten Engpässe aus Zürcher Sicht. Mit der Eröffnung der Durchmesserlinie und den 4. Teilergänzungen der S-Bahn wird jedoch bis Ende 2018 das Angebot auf dem Zürcher Schienennetz erheblich verbessert. Dann ist auch der Halbstundentakt flächendeckend Realität. Ausserdem hat der Zürcher Regierungsrat erreicht, dass die Projektierung des Brüttener Tunnels und des Bahnhofausbaus am Stadelhofen auf 4 Gleise verbindlich Teil der Fabi-Vorlage ist. 2017/18 wird entschieden, ob die beiden Vorhaben bis 2030 gebaut werden.

 

 

Nachfrage enteilt Bahnausbau

 

Tatsache ist, dass ab 2019 eine Investitionspause folgt. Die Zunahme der Pendlerströme wird jedoch weitergehen. In einem kleinen Seminar haben die Verantwortlichen der SBB, namentlich Philippe Gauderon, Leiter Infrastruktur, und Daria Martinoni, Leiterin Netzentwicklung, am Freitag erläutert, wie die Verkehrszunahme bewältigt werden soll. Ort war nicht von ungefähr der Bahnhof Winterthur. Zwischen Zürich und der Eulachstadt wird die Nachfrage am meisten steigen, gegenüber 2007 bis 2030 um das Doppelte (siehe Grafik). Das ist in absoluten Zahlen und prozentual weit mehr als auf anderen Bahnkorridoren. Grund ist, dass sich auf dieser Achse der Pendlerverkehr aus mehreren Richtungen – St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen – überlagert. Um zu reagieren, stehen den SBB immerhin und zugesichert rund 750 Millionen Franken zur Verfügung.

 

Die erste Verbesserung, die Überwerfung Hürlistein, ist Ende Jahr bereit. Die Entflechtung an der Abzweigung der Flughafenlinie bei Lindau und ein Überholgleis für Güterzüge in Winterthur bringen mehr Stabilität im Fahrplan. Mit Weichen für den Spurwechsel, dem 4. Gleis Hürlistein–Effretikon, das im Bau ist, und einer Reduktion der Zugfolgezeiten kann ab 2016 die Kapazität auf den zwei Gleisen zwischen Effretikon und Winterthur von heute 500 auf 570 Züge im Tag erhöht werden. Der grösste Schritt folgt Ende 2018 mit Entflechtungen in Kloten, Anpassungen in Winterthur und kürzeren Zugfolgezeiten auch zwischen Flughafen und Effretikon. Danach können im Tag 670 Züge den verbleibenden Doppelspurabschnitt passieren, was laut Martinoni das planbare Maximum ist.

 

Mehr Stehplätze

 

Für eine weitere Leistungssteigerung ist der Bau des Brüttener Tunnels für rund 2,2 Milliarden Franken unumgänglich. Der Entscheid für die unterirdische Variante sei noch nicht gefallen, erklärte Martinoni. Für die Verantwortlichen der SBB ist der Tunnel jedoch gesetzt, zumal der Projektierungskredit in Fabi explizit für diesen Zweck reserviert ist. Der Ausbau der heutigen Strecke auf 4 Spuren würde insgesamt nicht wesentlich weniger kosten, wurde erklärt. Der Brüttener Tunnel habe den Vorteil, dass der Bau den Bahnbetrieb nicht störe.

 

Bis mindestens 2030 bleibt ein Engpass, der in den Zügen spürbar wird. Gemäss SBB-Angaben kann bis 2019 der Anstieg der Passagierzahl gegenüber heute um etwa 20 Prozent aufgefangen werden. Bis 2025/30 wird die Nachfrage aber weiter um 45 bis 75 Prozent zunehmen. Da die SBB Bahnkunden zwischen Zürich und Winterthur bei einer Fahrzeit von rund 20 Minuten Sitzplätze anbieten wollen, entspricht die Differenz zum Angebot gemäss Grafik den Stehplätzen, die zu den Hauptverkehrszeiten vermehrt in Kauf zu nehmen sind.

 

                 NZZ-Infografik  -  Quelle ZVV