Die Bahn-Hersteller Siemens und Stadler haben sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen – und wollen zuverlässige Züge für die Hauptstadt entwickeln. Doch es droht ein Konflikt mit der Deutschen Bahn.
S-Bahn Berlin, ob die Leute schon auf die neuen Züge warten? Foto: Marcel Manhart
Die Bahntechnikhersteller Siemens und Stadler Pankow schließen sich zu einem Konsortium für die S-Bahn Berlin zusammen. Ziel ist ein gemeinsames Angebot an den potenziellen Betreiber der ausgeschriebenen Strecken über die Lieferung, Wartung und Instandhaltung der neuen S-Bahn-Züge.
Die beiden Unternehmen werben damit, ihr Bündnis vereine die wirtschaftliche Stärke und das Know-how eines Großkonzerns mit der Flexibilität sowie der Expertise eines Mittelständlers. Darüber hinaus würden beide Seiten langjährige Erfahrung im Geschäft mit Nahverkehrszügen mitbringen und hätten bereits bei S-Bahn-Zügen zusammengearbeitet. Beide Unternehmen haben ihren Zentrale oder den Sitz der Bahnsparte in Berlin.
Der Betrieb der S-Bahn Berlin soll nach zahlreichen Problemen teilweise neu ausgeschrieben werden. Der bestehende Verkehrsvertrag läuft 2017 aus. Die Deutsche Bahn ist Betreiber der Hauptstadt-S-Bahn, das Gros der Züge, die immer wieder für Störungen sorgten, wurde vom ebenfalls in der Hauptstadt ansässigen Bombardier-Konzern gebaut.
Die Zeit drängt
Zunächst soll der Betrieb auf dem sogenannten S-Bahn Ring sowie auf einzelnen Linien ausgeschrieben werden. Laufzeit des neuen Vertrags ist 15 Jahre. Die größte Herausforderung für den künftigen Betreiber ist die Beschaffung neuer Fahrzeuge. Experten gehen davon aus, dass ein Milliardenbetrag aufgebracht werden muss, um eine entsprechende Fahrzeugflotte anzuschaffen.
Das stellt potenzielle Betreiber vor finanzielle Probleme und mögliche Zugbauer vor große Herausforderungen in der Produktion. Denn aufgrund des komplexen Ausschreibungsverfahrens ist nicht damit zu rechnen, dass vor 2014 eine Entscheidung fällt, wer künftig die S-Bahn betreibt. Dieser muss mit neuen Waggons aber ab dem 15. Dezember 2017 den Betrieb aufnehmen. "Es wird extrem anspruchsvoll, in dieser Zeit eine neue S-Bahn für Berlin zu entwickeln, zu produzieren und auszuliefern", sagt ein Siemens-Manager. Wie viele Züge gebraucht werden, ist aber erst klar, wenn die Ausschreibung endgültig vorliegt.
Die Hauptstadtbahn ist technisch einmalig und nicht kompatibel mit anderen S-Bahnen in Deutschland. Siemens hatte sich zuletzt beim S-Bahngeschäft hierzulande zurückgehalten. Doch der Konzern traut sich zu, die heikle Aufgabe zu übernehmen.
Senat will diesmal besser aufpassen
Die Probleme bei der S-Bahn Berlin hatte das Image von Bombardier nachhaltig angekratzt und der Bahn hohen Verluste beschert – noch einen Fehlschlag bei der Hauptstadtbahn will der Senat nun unter allen Umständen vermeiden. "Wir sind davon überzeugt, dass die S-Bahn Berlin eine Erfolgsgeschichte werden kann.
Mit vereinten Kräften wollen wir als Berliner Unternehmen einen Beitrag dazu leisten, dass die Berliner S-Bahn wieder ein zuverlässiges Verkehrsmittel wird", sagte Hans-Jörg Grundmann, Chef der Siemens-Sparte Rail Systems. "Als Berliner kennen wir die Situation der S-Bahn genau. Kompromisse auf Kosten der Qualität gibt es bei uns nicht", sagte der Geschäftsführer von Stadler Pankow, Michael Daum.
Die Deutsche Bahn hat bereits informell angekündigt, dass sie sich erneut um den Betrieb der S-Bahn bewerben will. Der DB-Konzern hat dafür schon mit der Entwicklung eines Fahrzeugs begonnen, das dann von einem Auftragsunternehmen gefertigt wird.
Es gibt jedoch eine Reihe anderer Bahnunternehmen, die sich ebenfalls für den Großauftrag interessieren, aber von den hohen Investitionskosten für die Anschaffung einer Flotte abgeschreckt werden. "Wir müssen eine Lösung dafür finden, was mit der Flotte geschieht, wenn der Verkehrsvertrag ausläuft und der bis dahin tätige Betreiber nicht mehr den Zuschlag erhält", sagt der Chef eines privaten Bahnunternehmens, das ein Angebot prüft.
Die Bahnunternehmen fürchten, nach dem Verlust des Verkehrsvertrags eine Flotte in den Bilanzen stehen zu haben, die erst nach 30 Jahren abgeschrieben ist.
Ein Schienenriese wie die DB AG kann mit diesem Risiko noch am leichtesten umgehen – dennoch droht ein Konflikt, sollten die Bahn und Siemens/Stadler den Zuschlag bekommen. Denn die Bahnbauer setzen stark darauf, auch das Wartung- und Instandhaltungsgeschäft übertragen zu bekommen. Die Bahn hat sich bislang nach Kräften gesträubt, diese Aufgaben extern zu vergeben. Allein die Frage, der Arbeitsplätze, die dann bei der Bahn verloren gehen würden, bestärkte Bahnchef Rüdiger Grube in seinem Kurs.
Der Berliner Senat könnte aber durchaus Gefallen daran finden, unter Umständen der Bahn den Zuschlag zu erteilen, aber das Servicegeschäft in die Hände der Bahnbauer zu legen. Es waren ja schließlich zu einem großen Teil Schlampereien bei der Wartung, die zum S-Bahn-Chaos in Berlin geführt haben.