Karwendelbahn wird wegen Sanierungsarbeiten gesperrt

Die Mittenwaldbahn oder im Volksmund eben auch Karwendelbahn genannt,

verbindet Innsbruck über Seefeld und Mittenwald mit Garmisch-Partenkirchen.

Der Streckenabschnitt von Innsbruck bis Seefeld in Tirol muss nun wegen Sanierungsarbeiten vom 06. Mai 2012 bis 10. Juni 2012 gesperrt werden.

Es wird ein Schienenersatzverkehr eingerichtet.

Am Bahnhof Seefeld heisst es dann umsteigen auf den Bus           Foto: Marcel Manhart

 

Die Tiroler Karwendelbahnstrecke wird wegen Sanierungsarbeiten zwischen Innsbruck und Seefeld für rund einen Monat gesperrt. Unter anderem soll die denkmalgeschützte Schlossbachbrücke bei Hochzirl umfangreich renoviert und 5.400 Meter Fahrleitung komplett neu aufgezogen werden, teilten die ÖBB in einer Medienmitteilung mit. Das Investitionsvolumen beträgt rund 3,2 Millionen Euro.

 

Die zwischen den Bahnhöfen Hochzirl und Leithen liegende, denkmalgeschützte Schlossbachbrücke muss zu ihrem 100. Geburtstag saniert werden. Die regelmässig durchgeführten Brückeninspektionen haben ergeben, dass der Zahn der Zeit an dem Stahlbauwerk genagt hat und eine Rundum-Sanierung fällig ist.

 

Zuerst werden der alte Lack und der Korrosionsschutz der Brücke entfernt. Zu diesem Zweck muss das Bauwerk eingehaust werden, damit keine bleihaltigen Partikel in die Umwelt gelangen – immerhin befindet sich die Brücke im Naturschutzgebiet. Dieser Umstand macht die gesamte Sanierung auch sehr aufwändig, denn Hubschrauberflüge sind wegen der Vögel-Brutzeiten in dem Bereich untersagt. Baustellenmaterial wird deshalb über die Schiene angeliefert. Neben einer neuen Lackierung bekommt die Schlossbachbrücke 110 neue Brückenhölzer aus witterungsbeständigem Kunststoff. Zusätzlich werden Stahlträger ausgetauscht und verstärkt und zerklüftete Felsen mit Spritzbeton gesichert.

 

Die Stahlbrücke weist mit einer Stützweite von 66 Metern ein Gewicht von 250 Tonnen auf. Neben der Erneuerung der Fahrleitungen sollen auch Felssicherungsmassnahmen durchgeführt werden.

Die Bahnstrecke wird voraussichtlich von 06. Mai 2012 bis 10. Juni 2012 für den Zugverkehr gesperrt sein. Für die täglichen mehr als 40 S-Bahn-Züge sowie für die Regionalbahn nach München wird in dieser Zeit ein Schienenersatzverkehr mit ÖBB-Postbussen zwischen Innsbruck Hauptbahnhof (Abfahrt bei der Autoverladestelle) und dem Bahnhof Seefeld eingerichtet. Die ÖBB weisen aber auch ausdrücklich darauf hin, dass trotz der Sperre mit Baustellenverkehr auf der Strecke und an den Bahnübergängen zu rechnen ist.

 

Die Karwendelbahn feiert dieses Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum

 

Im Jahre 2012 kann die Karwendelbahn, oder eben die Mittenwaldbahn, auf 100 Jahre Bestand blicken.  Aus diesem Anlass haben sich die Gemeinden entlang der Bahnlinie sowie die beiden Bahngesellschaften Österreichische Bundesbahnen und Deutsche Bahn-Regio Süd mit mehreren privaten Vereinen zu einer Projektgruppe zusammengeschlossen, um die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Bahnlinie gemeinsam auszurichten. 

Die Gestaltung des Jubiläums wird im Rahmen eines EU-geförderten „Interreg-Projektes“ ausgeführt. Die Planungen dafür wurden an die beiden Projektpartner „Marktgemeinde Mittenwald“ und „Tourismusverband Olympiaregion Seefeld“ vergeben, als gemeinsam agierende Koordinationsstelle wurde das „Verkehrsarchiv Tirol“ bestellt.

Mithilfe des Jubiläums soll eine touristische Aufwertung der bekannten Mittenwaldbahn erzielt werden. Im Jubiläumsjahr sind deshalb verschiedene Veranstaltungen entlang der Bahnlinie geplant, die diese spektakuläre Gebirgsbahn besonders bewerben sollen.
Im Sinne der Nachhaltigkeit werden auch weitere Massnahmen, wie etwa das Anlegen eines bahnhistorischen Erlebnisweges, der die besondere bautechnische Meisterleistung dieser Bahnlinie würdigen soll, verfolgt.

Plakat 100 Jahre Mitttenwaldbahn von 1912-2012                         Foto: Marcel Manhart

 

Bahngeschichte

 

Entlang der Martinswand – die Mittenwaldbahn als technische Meisterleistung:

Die Mittenwaldbahn gilt heute als eine der kühnsten Alpenbahnen. Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es erste Pläne einer „Tiroler Nordalpenbahn“ von Innsbruck in Richtung Bayern. Nach mehreren Trassenstudien kristallisierte sich eine Linienführung durch die spektakuläre Martinswand auf das Seefelder Plateau und weiter über Mittenwald nach Garmisch heraus. Eine Weiterführung der Bahnlinie von Garmisch über Ehrwald nach Reutte in Tirol war ebenfalls bereits angedacht. Erste konkrete Projekte zu diesen Trassenvarianten wurden seitens Dr. Ing. Josef Riehl in den Jahren 1902 bzw. 1903 der Öffentlichkeit vorgestellt.

Durch die Unterzeichnung eines Staatsvertrages zwischen der k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn und dem Königreich Bayern am 22. November 1904 wurde die Trassenführung über den Seefelder Sattel endgültig fixiert und erste konkrete Schritte zur Umsetzung des Projektes „Mittenwaldbahn“ getätigt. In den darauf folgenden Jahren wurde die, vor allem durch die spektakuläre Trassenführung bedingte, nicht unbeträchtliche Bausumme sichergestellt. Sie wurde größtenteils mittels privater Finanzierung ermöglicht.

Die konkrete Ausarbeitung der Trassenführung für die Mittenwaldbahn erfolgte in den Jahren 1908 und 1909 und bereits am 10. März 1910 konnte in der sagenumwobenen Martinswand der erste Spatenstich zum Bau der Mittenwaldbahn gelegt werden. Just in dieser Zeit erfolgte auch die Festlegung auf ein vereinheitlichtes neues Stromsystem von 15.000 V Wechselstrom mit 15 Perioden pro Sekunde, das bei der Elektrifizierung der Mittenwaldbahn sogleich zur Anwendung gelangen sollte.

Die Konzessionsurkunde für die normalspurige als Lokalbahn auszuführende Schienenverbindung zwischen Innsbruck und Reutte wurde seitens des k.k. österreichischen Eisenbahnministeriums mit 1. Juli 1910 erteilt und im Reichsgesetzblatt Nr.127 veröffentlicht. Nach nur etwas mehr als einem Jahr Bauzeit konnte am 16. Mai 1911 bereits der erfolgreiche Durchschlag des grössten Bauwerks der Mittenwaldbahn, des 1810 m langen Martinswandtunnels, gefeiert werden. Aufgrund der schlechten Qualität der vor Ort vorgefundenen Bruchsteine, wurde bei der Mittenwaldbahn erstmalig in grossen Stil im Eisenbahnwesen Stampfbeton als Baumaterial für die diversen Streckenbauten verwendet.

Nach nur etwas mehr als 2 ½ Jahren Bauzeit konnte die Mittenwaldbahn in zwei Etappen im Jahre 1912 bereits auf der Strecke zwischen Innsbruck und Garmisch ihren Betrieb aufnehmen. Es folgte Anfang 1913 die Fertigstellung der restlichen Strecke bis Reutte sowie die Elektrifizierung des verbliebenen, noch nicht elektrifizierten Teils zwischen Mittenwald und Garmisch.

Vor allem aufgrund topografischer Vorgaben entschied man sich sehr früh die Mittenwaldbahn als elektrische Eisenbahn zur Ausführung zu bringen. Die Mittenwaldbahn gilt mit Ihrer Eröffnung am 28. Oktober 1912 als erste Elektrische Vollbahn der k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn und setzte Maßstäbe für die weitere Elektrifizierung von Bahnstrecken.

Anfänglich als private Lokalbahn errichtet, wurde die Mittenwaldbahn bereits 23 Jahre nach deren Eröffnung mit 1. Jänner 1935 gänzlich verstaatlicht. Bereits im Vorfeld der Verstaatlichung wurden durch die pachtweise Führung des Betriebes durch die BBÖ einige Verbesserungen vor allem durch die Inbetriebsetzung neuer Triebfahrzeuge getätigt.
Just in dieser Zeit der Verstaatlichung kam es durch den Einsatz der neuen „Gläsernen Züge“ sowie weiterer Aussichtswagen auf der Mittenwaldbahn zu einer deutlichen touristischen Belebung der Bahnlinie.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, den die Mittenwaldbahn mit Ausnahme weniger Schäden relativ glimpflich überstanden hatte, erfolgten sukzessive Verbesserungen an der Infrastruktur, insbesondere im Vorfeld der Olympischen Winterspiele 1964 in Seefeld. Durch diese Infrastrukturmaßnahmen war die Mittenwaldbahn zu einer vollwertigen Eisenbahnstrecke geworden und konnte endgültig Ihren „Deckmantel“ als Lokalbahn ablegen.

Heute gilt die Mittenwaldbahn als herausragendes baugeschichtliches Denkmal der Epoche der frühen „Alpenbahnen“, die vor allem durch ihre kühnen Trassenführungen beeindrucken. Sich der Pionierleistungen der Mittenwaldbahn bewusst, stellte das österreichische Bundesdenkmalamt sämtliche Hochbauten auf der österreichischen Seite der Mittenwaldbahn im Jahre 2000 unter Denkmalschutz. In den letzten Jahren erfolgte nunmehr abermals eine schrittweise Sanierung der Mittenwaldbahn, die diese rechtzeitig zum „100 Jahr Jubiläum“ fit für die nächsten Jahrzehnte machen wird.

 

Bahnhof Seefeld in Tirol                                                                   Foto: Marcel Manhart

 

 

Innsbruck Hauptbahnhof                                                                  Foto: Marcel Manhart