Im Mai letzten Jahres wurde in Zürich mit dem Erweiterungsbau des Depots Oerlikon begonnen. Dieser wurde nötig, damit die zusätzlichen Fahrzeuge der Glattalbahn abgestellt werden können. Die neue Abstellhalle, bestehend aus Erweiterungs- und Ersatzbau für die ehemalige Busgarage, wird als Abstellanlage für die Tram-Fahrzeuge genutzt. Unterhalb der Abstellhalle ist eine Parkgarage für rund 46 Parkplätze entstanden. Im Erweiterungsbau sind vier neue Gleise gebaut worden für - 7 Cobra- und ein 2000er-Tram, welche für den Durchlaufbetrieb an die bestehende Gleisanlage angeschlossen wurden.
Blick in das erweiterte VBZ-Depot Oerlikon Foto: Alexander Schaeffer
Der heutige Erweiterungsbau wurde vom Architekturbüro Maier Hess Ghisleni GmbH konzeptioniert und ausgeführt. Die Architekten gingen mit dem grossen Erbe sehr sorgfältig um und berücksichtigten
die Schutzwürdigkeit des Objektes weitgehend. Die starke Anlehnung an den Bau von Stadtbaumeister Herter ist spürbar, die Erweiterung nimmt die Sprache sowohl in der Form wie auch in den
Materialien auf. Das Resultat ist dieser monolithische Bau bestehend aus Konstruktionsbeton, Glas und Chromstahl, der Tradition und Moderne in einem verkörpert.
Die Erweiterung des Tramdepots ist aber auch ein Zeichen für die weiter wachsende Stadt. Das Tramdepot mit seiner Grösse und Erscheinung verleiht Oerlikon gleichzeitig zusätzliche
Zentrumsbedeutung. Eröffnet wird die neue Halle mit den 4 Gleisen am 7. Dezember 2011, ab dann werden darin die ersten Fahrzeuge abgestellt.
Kunst am Bau
Neben der Architektur fällt vor allem der Schriftzug an der Fassade des Gebäudes auf. Seit Juli 2011 prangt in grossen (VBZ-)blauen Lettern der Satz „Du musst jetzt nach Hause gehen“. Sichtbar
wird jedoch immer nur ein Teil des Satzes, nur durch Fortbewegung kann man die ganze Aussage erkennen. Das KünstlerInnen-Duo Renata Grünenfelder und Hipp Mathis verstehen diese Aussage jedoch
nicht als Ermahnung an die Bevölkerung, sondern an die einfahrenden Trams. Dass der Schriftzug in Höhe und Länge den Dimensionen eines Cobra-Trams entspricht, ist ein spielerisches Detail, das
das Künstlerpaar einfliessen liess.
Soziale Einrichtung
Die Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenkonsumierende, die bisher in einem Container auf dem Depotgelände untergebracht war, erhält dank der Erweiterung eine feste Bleibe. Die Räumlichkeiten
bieten mehr Platz für die KlientInnen und bessere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden. So stehen beispielsweise separate Zimmer für Beratungsgespräche und medizinische Betreuung zur
Verfügung. Der Eingang der Kontakt- und Anlaufstelle liegt neu von der Strasse abgewandt, um die Beeinträchtigung der AnwohnerInnen weiter zu reduzieren. Die Kontakt- und Anlaufstelle Oerlikon
besteht seit 1996 und wird heute von rund 150 Männern und Frauen genutzt.
Die historische Bedeutung des Tramdepots
Das Tramdepot Oerlikon wurde erstmals bereits 1898 in Betrieb genommen und während 30 Jahren benutzt, ausgebaut und, zuletzt 1928, ergänzt. Der komplexe Bau wurde 1933 abgebrochen und durch ein
markant grösseres Tramdepot ersetzt, das nur die damalige Busgarage integrierte.
Das von Architekt und Stadtbaumeister Hermann Herter erbaute Gebäude ist ein wichtiger Zeuge der Stadtbaugeschichte Zürichs. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Zürich zu einer Grossstadt und Oerlikon zu einem eigenständigen Zentrum. Das Tramdepot trägt zu Recht die Bezeichnung „Prototyp des sachlichen Zweckbaus im Neuen Bauen“. In jener Zeit wurden auch weitere wichtige Gebäude, die noch heute das Stadtbild von Zürich prägen, von Hermann Herter erstellt, so z.B. Bahnhof Wiedikon, die Sportanlage Utogrund und das Hallenbad City.