Die Österreichische KURIER-Zeitung hat im Öffentlichen Verkehr Bus, S-Bahn & Co. in sieben europäischen Großstädten getestet und dabei die Ticketpreise untersucht:
Wo ist man am günstigsten unterwegs?
In Wien liegen die Tarife für Öffi-Tickets unter dem Durchschnitt der sieben getesteten Städte Foto: Marcel Manhart
Soll U-Bahn fahren teurer oder billiger werden? Diese Frage beschäftigt zurzeit die rot-grüne Koalition. Von der Öffi-Jahreskarte um 100 Euro mussten sich die Grünen gleich nach dem Wahlkampf
verabschieden.
Doch nach wie vor ist es der Wunsch von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne), Vielfahrer unter den Öffi-Benutzern zu belohnen. Immer wieder wurden 365 Euro als Preis für die Jahreskarte,
das wäre ein Euro pro Tag, kolportiert. Ein Jahreskartenbesitzer könnte so immerhin 84 Euro sparen. Derzeit verhandeln die Klubchefs Rudolf Schicker (SPÖ) und David Ellensohn (Grüne) beinahe
täglich über die Eckpfeiler der Reform.
Doch die Politik hat die Rechnung ohne die Wiener Linien gemacht. Die neuen Geschäftsführer des Unternehmens Alexandra Reinagl und Eduard Winter wollen eine Erhöhung der Tarife. Hintergrund: Der
Infrastrukturausbau mit neuen Bussen und U-Bahnen kostet Geld. Würden die Ticketpreise gesenkt, würden für Ausbaumaßnahmen die finanziellen Mittel fehlen. Die Verhandlungen über die neuen Tarife
liegen schon im finalen Stadium, noch in der kommenden Woche soll ein Ergebnis präsentiert werden, heißt es aus dem Rathaus.
Doch schon jetzt beklagen sich viele Wiener Öffi-Fahrer über die Ticketpreise. Einen sachlichen Grund für eine heftige Kritik gibt es nicht. Der KURIER-Preisvergleich im Rahmen der "Testwochen"
zeigt, dass Wien im internationalen Vergleich gut dasteht. Die Wiener Linien liegen unter dem durchschnittlichen Kartenpreis für öffentliche Verkehrsmittel. Sowohl Einzelfahrten, als auch Tages-,
Monats- und Jahreskarten sind hierzulande billiger als etwa in London und Berlin (siehe nachstehende Grafik).
Einzeltickets
Die öffentlichen Verkehrsnetze Münchens und Wiens sind von der Anzahl der Linien her am besten vergleichbar. Einzelfahrten sind in Wien mit 1,80 Euro um 70 Cent billiger. Ganz und gar nicht amused dürften die Öffi-Fahrer in London sein: Umgerechnet 4,60 € muss man für eine Einzelkarte hinblättern. Die britische Hauptstadt ist damit mit Abstand das Schlusslicht im KURIER-Test. Hinweis: Mit speziellen Pre-Paid-Karten werden Einzelfahren deutlich billiger als bei Barzahlung.
In Paris hingegen kommt man mit einem Einzelfahrschein um 1,70 € recht gut weg. Im Mittelfeld liegen weiters Berlin (2,30 €) und Barcelona (1,45 €). Die günstigsten Tickets gibt es in Rom. Einen Euro kostet ein Einzelfahrschein, der 75 Minuten lang gilt. Nachteil: Das U-Bahnnetz in der Hauptstadt Italiens umfasst gerade einmal zwei Linien.
Zeitfahrscheine
Die Tages-, Monats- und Jahrestickets sind in München etwas günstiger als in Wien. Dafür muss man in Paris tief ins Börserl greifen: 9,30 € für einen Tag, 80,30 € für ein Monat und 818 € kostet ein das Ticket für ein Jahr. Das ist aber nichts gegen London, wo die Jahreskarte umgerechnet 1270,40 € kostet. Sieger in dieser Kategorie ist wieder Rom: Ein Monatsticket etwa kostet nur 30 € und rentiert sich bereits nach 30 Stadtfahrten. Ein Vergleichstest vom ÖAMTC aus dem Jahr 2010 bewertete nicht nur Ticketpreise, sondern auch Reisezeit, Umsteigemöglichkeiten und Information der Fahrgäste. Dabei landete Wien hinter München und Helsinki auf dem dritten Platz. Positiv aufgefallen sind die schnellen Verbindungen in der Innenstadt, die barrierefreien Haltestellen, die leicht zugängliche Information und die zahlreichen Ticket-Varianten. Ein Minus gab es in Bezug auf die Park-&-Ride-Angebote.