Erster Spatenstich für Brennerbahn Basistunnel

Nahe Innsbruck hat am vergangenen Montag der Bau des Brennerbasistunnels, gut vier Jahrzehnte nach der Erstellung einer ersten Machbarkeitsstudie begonnen.

Mit dem ersten Spatenstich für diesen voraussichtlich im Jahr 2025 vollendeten zweitlängsten Eisenbahntunnel der Welt rückt die Verbesserung der Verkehrsströme zwischen Deutschland und Italien aber auch der Lebensqualität für die Menschen entlang der Brennerstrecke näher.

Die Baustelle im Tiroler Unterland                                                  Foto: Marcel Manhart

 

Die 55,5 km lange Tunnelröhre ist ein Teilstück der Eisenbahnachse zwischen Berlin und Palermo, einem der vorrangigen Verkehrsprojekte der EU. Als solcher hängt er von den Routen ab, die den Bahnverkehr von Deutschland und Italien zu ihm führen. Und da liegen die Dinge im Argen. „Der Schlüssel ist, dass die Zugangsrouten von München nach Innsbruck und von Fortezza nach Verona zeitgleich mit dem Tunnel fertig werden“, sagt die EU.

 

Auf italienischer Seite gibt es bei der Neubaustrecke von Fortezza (Franzensfeste) nach Verona bereits Verzögerungen. Noch schlechter sieht es auf deutscher Seite aus. Dort fehlten sowohl die konkrete Planung der Streckenführung als auch handfeste finanzielle Zusagen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer versprach zwar am 05. April 2011 in Berlin bei einem Treffen mit seiner österreichischen Amtskollegin Doris Bures, die Planungsvorarbeiten für die Strecke München–Rosenheim–Kiefersfelden „voranzutreiben“ – mehr aber auch nicht.

Nach derzeitigem Stand der Dinge wird der Tunnel 8 Mrd. Euro kosten. Bis zum Jahr 2014 kommen aus dem EU-Budget 786 Mio. Euro dazu. Wie viel es danach sein wird, hängt vom Finanzrahmen der EU-Budgets der Jahre 2014 bis 2020 ab, über den demnächst verhandelt wird.

Mit dem Tunnel soll nicht nur der Fernverkehr von Süddeutschland nach Italien beschleunigt werden, es wird auch eine Verlagerung des Schwerlastverkehrs im Nord-Süd-Transitverkehr über den Brenner auf die Schiene erwartet.

Denn die mehr als 2 Mio. Lkw und zusätzliche 10 Mio. Pkw, die jedes Jahr den Brenner überqueren, lassen Lärm und Luftverschmutzung „bei Weitem“ über die EU-Grenzwerte steigen.

 

Mehr zum Thema:

Unter hochkarätiger Besetzung fand heute im Landhaus der Festakt zur Einläutung der Hauptbauphase des Brenner Basistunnels statt. Landeshauptmann Günther Platter konnte neben EU-Verkehrskommissar Siim Kallas auch EU Tunnel-Koordinator Pat Cox, Verkehrsministerin Doris Bures, den italienischen Verkehrsminister Altero Matteoli sowie den parlamentarischen Staatssekretär im Verkehrsministerium der Bundesrepublik Deutschland, Andreas Scheuer, begrüßen. Mit der Auftragserteilung an die ÖBB und BBT SE vom 18.04. ist der Startschuss für das derzeit wichtigste Verkehrsinfrastrukturprojekt der Europäischen Union gefallen. Die Fertigstellung des 9,7 Mrd. Euro teuren und 55 Kilometer langen Tunnelprojektes ist für 2025 anvisiert.

Statements:
Siim Kallas, Vizepräsident der EU-Kommission/Verkehrskommissar: „Diese Entscheidung (Start der Hauptbauphase, Anm.) stellt einen bedeutenden Schritt vorwärts dar. In diesen wirtschaftlich doch sehr angespannten Zeiten sind Investitionen in eine nachhaltige Europäische Transportpolitik wichtiger denn je. In Übereinstimmung mit den Zielen des Weißbuches der europäischen Verkehrspolitik stellt der Brenner Basistunnel einen entscheidenden Beitrag für den Schienenverkehr dar, der zu einem effizienteren und nachhaltigem Alpen-querenden Verkehr maßgeblich beiträgt.“

Pat Cox, EU-Koordinator TEN-1: „Der heutige Beschluss spiegelt den Fortschritt wider, den Österreich und Italien gerade in den letzten Monaten sowie die Brenner Korridor Plattform und die beteiligten Akteure seit dem Start dieses so wichtigen TEN-T Prioritätsprojektes gemacht haben. Es ist auch eine Anerkennung all jenen gegenüber, die mit großem Einsatz und Engagement daran gearbeitet haben, dass einer der größten und wichtigsten zukünftigen europäischen Eisenbahnkorridore realisiert werden kann. Ich möchte an dieser Stelle auch meinen Dank und meine Anerkennung an meinen Vorgänger, den verstorbenen Karel Van Miert aussprechen, der unermüdlich diesen komplexen Prozess auf allen Ebenen weitergebracht hat.“

Doris Bures, Bundesministerin für Verkehr, Infrastruktur und Technologie: „Der Verkehr in Österreich und Europa wird zunehmen. Das ist eine Tatsache. Die große Aufgabe für uns alle ist, dass wir diesen Zuwachs in umweltfreundliche Bahnen lenken. Der Brenner-Basistunnel ist dafür ein Mittel zum Zweck: zur Entlastung der Bevölkerung und Umwelt in den sensiblen Alpenregionen, und der BBT ist zugleich ein Vorhaben mit gesamteuropäischer Tragweite. Nämlich der Beweis dafür, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Erfolg führt, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen.

Wir geben heute grünes Licht für den Bau. Für uns alle heißt das aber nicht, dass wir uns jetzt zurücklehnen, sondern ganz im Gegenteil. Österreich, Italien, Deutschland, die EU und die beteiligten Regionen werden in den kommenden Jahren mit allem Nachdruck an den verkehrspolitischen Rahmenbedingungen arbeiten. Das betrifft die Zulaufstrecken, die Querfinanzierung und die Mitfinanzierung durch die Europäische Union. Gemeinsam zeigen wir damit: Umweltfreundliche Mobilität ist machbar.“

Altero Matteoli, Minister für Infrastruktur und Verkehr (I): „Es ist eine große Freude, bei einer derartigen Feier anwesend sein zu können. Italien bekennt sich klar zu diesem Projekt und wird auch die dritte und letzte Projektphase mitfinanzieren. Es gibt von italienischer Seite eine Finanzierungsgarantie, denn der Brennerkorridor ist mehr als nur ein Transportkorridor. Er stellt die bedeutendste Verbindung zwischen Nord und Süd dar.“

Andreas Scheurer, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (D): „Die lange geplante leistungsfähige und umweltfreundliche Passage über den Brenner rückt mit dem heutigen Tage erheblich näher. Deutschland, Österreich und Italien werden dichter zusammen rücken. Deutschland wird seinen Schienenzulauf zum neuen Brennerbasistunnel bedarfsgerecht ausbauen, so dass auf deutscher Seite kein Engpass bei Öffnung des Tunnels entstehen wird.

Die Realisierung des Brennerbasistunnels ist eine ungeheuere Anstrengung. Auch im deutschen Teil des europäischen Vorhabens Berlin – Brenner – Palermo wird ein gewaltiges Investitionsvolumen in Höhe von 20 Mrd. Euro bewegt. Davon sind bisher bereits fast zwei Drittel verausgabt.“

Günther Platter, Landeshauptmann (Tirol): „Dieser Tag hat eine historische Bedeutung für Tirol. Wir läuten heute die letzte und wichtigste Phase zur Realisierung des Brennerbasistunnel ein. Mit dem heutigen Tag gibt es kein zurück mehr: Der Brennerbasistunnel ist auf Schiene! Wir können heute aus Überzeugung sagen: Wir haben es geschafft! Der 18. April ist ein wichtiges Signal der Politik gegenüber den Menschen. Ein Signal, dass wir die Menschen in unserem Land nicht mit ihren Problemen alleine lassen. Wir halten das, was wir versprechen!
Der Beginn der Hauptbauphase ist aber auch ein sichtbarer Meilenstein in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Regionen innerhalb der EU. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei der Europäischen Union, Italien und der Republik Österreich bedanken, dass sie diese Investition in die Zukunft und die Menschen mittragen und hoffe, dass Tirol auch beim Thema Verlagerung eine dementsprechende Unterstützung erfahren wird.“

 

Bericht SF Tagesschau vom 18. April 2011