Sicherheit ist für SBB Cargo der oberste Anspruch. Damit dieser jederzeit und überall erfüllt werden kann, schult das Unternehmen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom CEO bis zum
Rangierarbeiter in spezifischen Sicherheitswerkstätten.
Zwei grosse Poster hängen im Sitzungszimmer der Geschäftsleitung von SBB Cargo am Hauptsitz in Basel. Comicfiguren sind darauf zu sehen, eine Unfallstatistik, gezeichnete Güterzüge auf dem Weg
zum Erfolg und bunte Farbsäulen: Platz für Themen, die es anzupacken gilt. Auf den Postern kleben zahlreiche Post-it-Zettel mit der Handschrift von SBB Cargo-CEO Nicolas Perrin. Was auf den
ersten Blick so locker amüsant daherkommt, ist der Zugang zu einem äusserst ernsten Thema: Das Poster ist ein Element der «Sicherheitswerkstatt» von SBB Cargo. Nicht nur in der Chefetage in
Basel, sondern verteilt über die ganze Schweiz in rund hundert Büros, Sitzungs- und Teamzimmern hängen die Poster, jeweils mit anderen Zetteln beklebt, die andere Handschriften tragen, andere
Probleme und Massnahmen auflisten, je nach Tätigkeitsfeld des jeweiligen Teams. Gemeinsam ist allen jedoch das Ziel: Erhöhung der Sicherheit, Verhinderung von Unfällen.
Holzverlad am Bahnhof Foto: Marcel Manhart
Gelebte Sicherheitskultur
Die Sicherheitswerkstätten beweisen, wie zentral dieses Thema für SBB Cargo ist. Und sie verdeutlichen eindrücklich, wie die Mitarbeitenden konzernweit in das Thema einbezogen und darin
ausgebildet werden. Auf Führungsebene bedeutet die Arbeit mit den Werkstätten beispielsweise, die Umsetzung internationaler Sicherheitsrichtlinien zu diskutieren und zu terminieren. Ein
Rangierteam wiederum identifiziert eine gefährliche Arbeitssituation und beschliesst Massnahmen zu deren Beseitigung. «Im Zentrum steht stets dieselbe Aussage, nämlich ‹Sicherheit beginnt bei
mir›, und diese Haltung muss sich durch die ganze Hierarchie ziehen», sagt Nicolas Cedraschi, Leiter Sicherheit bei SBB Cargo. Die gelebte Sicherheitskultur zeitigt in Bezug auf die
Arbeitsunfälle bereits deutliche Erfolge: Seit dem Jahr 1994 konnten diese Ereignisse um zwei Drittel gesenkt werden, sodass sie heute bei jährlich drei pro hundert Mitarbeitenden liegen. «Das
sind noch drei zu viel», sagt Nicolas Cedraschi, «und um diese Zahl gegen null zu senken, bedürfte es eines Quantensprungs. Im Rahmen der Sicherheitswerkstätten arbeiten wir an diesem
Quantensprung.»
Das oberste Qualitätsmerkmal
Weit stärker als die Arbeitssicherheit steht die Betriebssicherheit im Bewusstsein von Öffentlichkeit und Kunden. Ob ein Zug sicher vom Absender zum Empfänger gelangt, gilt als oberstes
Qualitätsmerkmal einer Güterbahn. Entsprechend stark beeinflussen betriebliche Sicherheitsmassnahmen den Alltag von SBB Cargo. Diese Massnahmen setzen bereits lange vor der Abfahrt eines Zuges
ein, nämlich mit der sorgfältigen Wartung des Rollmaterials. Die Wartung ist der Grundstein dafür, dass es auf der Schiene nicht zu Zwischenfällen kommt. SBB Cargo hat als erstes europäisches
Eisenbahnunternehmen die Zertifizierung als Entity in Charge of Maintenance (ECM) erhalten. Ein ECM-Unternehmen verpflichtet sich, seine Wagen gemäss einem Instandhaltungsplan und geltenden
internationalen Richtlinien zu warten. Seit Jahresbeginn 2011 dürfen auf dem europäischen Schienennetz nur noch Wagen verkehren, die einer ECM-zertifizierten Stelle zugewiesen sind und deren
korrekter Unterhalt dadurch sichergestellt ist. «Die Übernahme von Bahnwagen Dritter ist eine der Nahtstellen, auf die wir ein besonderes Augenmerk richten, denn an solchen Stellen kann
Unsicherheit in unser System eindringen», sagt Cedraschi. «ECM ist daher eine wichtige netzübergreifende Massnahme im Umgang mit Risiken. Das heisst auch, dass wir aufgrund der Erkenntnisse aus
einem Ereignis nicht nur direkt auf den Unterhalt unserer eigenen Wagen einwirken können, sondern wir haben in den ECM-Stellen anderer Unternehmen geeignete Ansprechpartner.»
Sicher beladen – sicher fahren.
Ebenso wichtig wie einwandfreies Rollmaterial sind korrekt beladene und gesicherte Wagen. Deshalb werden die Kunden von SBB Cargo bereits anlässlich des Verkaufsgesprächs auf die entsprechenden
Verladerichtlinien aufmerksam gemacht. Mit der Unterzeichnung der allgemeinen Geschäftsbedingungen verpflichten sie sich, jene zu befolgen. Dabei geht es sowohl um den Belad der Wagen wie auch um
die Sicherung für den Transport. Das Verladen langer Güter – beispielsweise von Baumstämmen – ist besonders heikel, weil diese ausschwenken und ins Profil von Nachbargleisen hineinragen könnten.
SBB Cargo hat deshalb spezielle Holzverladebahnhöfe definiert. Meistens sind das solche, die über einen genügend grossen Gleisabstand verfügen. Wo der Sicherheitsabstand nicht gewährleistet ist,
das hohe Aufkommen von langen Gütern den Betrieb eines Verladepunkts dennoch erfordert, schützen im Verladebereich Gitternetze die durchfahrenden Züge. «Holz wird grösstenteils von Stammkunden
verladen, deren Transporteure mit unseren Sicherheitsrichtlinien vertraut sind und über viel Routine verfügen», erklärt Heinz Frauchiger, Kundenberater für die Branche Holz bei SBB Cargo. Dennoch
werden mit den Kunden und ihren Transporteuren regelmässig Workshops durchgeführt, um ihnen geltende Richtlinien in Erinnerung zu rufen oder sie mit neuen vertraut zu machen. Ausserdem stehen
ihnen im Internet alle nötigen Verhaltensregeln für den sicheren Umschlag von Gütern zur Verfügung. Ungeachtet all dieser Massnahmen vor der Abfahrt gilt jedoch: Kein Zug fährt los, ehe er von
einem technischen Kontrolleur von SBB Cargo überprüft und freigegeben wurde (siehe auch Seite 10). Sobald er grünes Licht erhält, ist die Division SBB Infrastruktur zuständig für die Sicherheit
der streckenseitigen Anlagen und der Betriebsführung.
… Kontrolle ist besser.
Kontrollen sind bei SBB Cargo nicht nur für den einzelnen Güterzug, sondern für das gesamte Unternehmen an der Tagesordnung. So untersuchen und bewerten interne Sicherheitsspezialisten im Rahmen
von Audits kontinuierlich ganze Arbeitsprozesse hinsichtlich der Erfüllung von Anforderungen und Richtlinien, etwa bei der Zusammenstellung oder der Abfertigung von Zügen. Als externe
Kontrollinstanz schliesslich fungiert das Bundesamt für Verkehr (BAV). Bei sogenannten Betriebskontrollen hält es Güterzüge an und überprüft – analog einer Lastwagenkontrolle auf der Autobahn –
ihre Fahrtüchtigkeit und ihre Papiere. Im Rahmen der jährlichen Sicherheitsüberwachung führt auch das BAV bei SBB Cargo Audits durch – von der Führung bis hinaus in die Fläche zum
Rangierarbeiter. Zusammen mit den Massnahmen und Kontrollen von SBB Cargo ergibt sich so ein engmaschiges Sicherheitsnetz, das die Risiken, die das Betreiben eines Bahnunternehmens mit sich
bringt, so weit wie möglich reduziert.
Neue Stabsabteilung QSU
Auf den 1. Januar 2011 hat SBB Cargo die neue Stabsabteilung Qualität, Sicherheit, Umwelt (QSU) geschaffen, die direkt dem CEO rapportiert. Die Stelle bündelt die Kräfte der zuvor auf
verschiedene Zentralbereiche verteilten Abteilungen. Dadurch werden die Informationsflüsse zwischen den drei eng ineinander verzahnten Themen verbessert und die Fachführung gestärkt. Die Leitung
der Stabsabteilung QSU hat Beat Gutzwiller übernommen, der bisherige Leiter Audit.