Thurgauer Gewerbeverband ärgert sich über SBB-Aktion

Der Thurgauer Gewerbeverband kritisiert, dass die SBB vergünstigte Billette zum Einkaufen in Konstanz anbieten. Er hat deshalb bei den SBB interveniert. Die SBB antworten, dass sie die Züge von Winterthur nach Konstanz füllen wollen.

 

Von Martin Knoepfel - Thurgauer Zeitung

Ein Einkaufszentrum lockt schon direkt neben den Gleisen            Foto: Marcel Manhart

 

«Einmal mehr bietet die SBB den Konstanzer Einzelhändlern und Gastronomen die Möglichkeit, sich mit einem Gutscheinheft an dieser Aktion zu beteiligen und somit gezielt die Schweizer Kundschaft anzusprechen.» So warb das Konstanzer Stadtmarketing im Juni 2010 für die Beteiligung am Gutscheinheft, das das Konstanz-Ticket (siehe Kasten) attraktiver machen soll.

Keine Freude daran hat der Thurgauer Gewerbeverband (TGV). Er habe dem CEO der SBB, Andreas Meyer, vor zehn Tagen einen Brief geschrieben, sagte TGV-Präsident und FDP-Kantonsrat Peter Schütz. Er sei auf Meyers Antwort gespannt.


«Ordnungspolitisch falsch»
Schütz geisselt es als ordnungspolitisch falsch, wenn ein Staatsbetrieb mit vergünstigten Angeboten den Einkaufstourismus ins Ausland fördert. Er sei für die freie Marktwirtschaft, auch über die Grenze. Den Einkaufstourismus könne man nicht verhindern.

Wenn Einkaufen in Konstanz tatsächlich so attraktiv sei, wie immer behauptet werde, seien die Konsumenten auch bereit, die normalen Billettpreise zu bezahlen, argumentiert der Präsident des TGV. Die Schweizer Detaillisten litten schon unter dem hohen Frankenkurs, dem sie ausgeliefert seien, sagt Schütz. Gewerbler aus verschiedenen Regionen des Kantons, nicht nur Detaillisten aus Kreuzlingen, seien wegen der Aktion der SBB an den TGV gelangt.

Es gehöre zu den Aufgaben des TGV, in solchen Fällen zu intervenieren, sagte Schütz und nannte als Beispiel den Aufruf des Preisüberwachers, wegen des Euro-Kurses im Ausland günstig einzukaufen. Der TGV habe ferner gegen die geplante 80-Millionen-Subvention des Kantons Graubünden für die Grosssägerei in Domat/Ems interveniert.

Bei einer früheren Anfrage der TZ antwortete Mediensprecher Reto Kormann, den SBB gehe es primär darum, die ICN-Züge ab Winterthur in Richtung Konstanz besser auszulasten. Die Züge führen wegen der Fahrzeugumläufe ohnehin an den Bodensee. Dank des Konstanz-Tickets konnte die Zahl der mitfahrenden Kunden erhöht werden, heisst es. Wenn sich ein Marktpotenzial für die SBB anbiete und eine Win-win-Situation eröffne, nutzen die SBB das ohne schlechtes Gewissen.


Konstanz will weitermachen
Marc Diez-Prida ist beim Stadtmarketing Konstanz für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Die Schweizer kämen nicht wegen des Gutscheinhefts, ist er überzeugt. Den Ausschlag gäben das attraktive Angebot und der momentan günstige Wechselkurs. Vom Wechselkurs profitiere mal die eine, mal die andere Seite. Dies glaubt, dass lediglich mehr Einkaufstouristen mit dem Auto anreisen und in Kreuzlingen parkieren, wenn es das Konstanz-Ticket nicht gibt. Das Stadtmarketing mache 2011 gerne wieder mit. Der Entscheid liege bei den SBB.

Die SBB möchte ihre Züge zwischen Winterthur und Konstanz besser auslasten. Im Bild ein Interregio Konstanz Winterthur - Zürich HB - Biel/Bienne       Fotos: Marcel Manhart