In diesem Jahr können wiederum zahlreiche Bahn-, Tram- und Schifffahrtslinien in der Schweiz einen runden Geburtstag feiern. Namentlich Bahnstrecken, aber auch Schiffe sind für den Güterverkehr von geschichtlicher Bedeutung. So konnten vor 150 Jahren zwei Bahnstrecken in Seenähe eröffnet werden.
Vor 125 Jahren nahmen sechs Bahnstrecken und eine Standseilbahn ihren Betrieb auf. Von den sechs Bahn- und fünf Tramstrecken sowie der Standseilbahn, die vor genau hundert Jahre entstanden, existieren heute drei Bahn- und zwei Tramstrecken nicht mehr; sie sind inzwischen durch Autobusse ersetzt worden. Vor 75 Jahren wurde eine Luftseilbahn und zwei (inzwischen wieder eingestellte) Tramstrecken eröffnet und eine Bahnstrecke auf Autobus umgestellt. Anders das Bild von 50 Jahren: Damals waren nicht weniger als neun neue Luftseilbahnen zu verzeichnen. Im gleichen Jahr verkehrten erstmals Vierstrom-TEE-Züge von Zürich nach Mailand und von Mailand nach Paris. Vor 25 Jahren kamen neben dem fahrplanmässigen Schifffahrtsbetrieb auf dem Sarnersee fünf neue Seilbahnen hinzu.
100 Jahre feiert die Bahn von Gais nach Altstätten Foto: Marcel Manhart
Zwei 150-jährige Bahnstrecken in Seenähe
Zufällig befinden sich beide vor genau 150 Jahren eröffneten Bahnstrecken in der Nähe eines Sees: Die im April 1861 eröffnete Strecke von Lausanne nach Villeneuve ersparte den damaligen Reisenden
das bisher nötige Umsteigen aufs Schiff, wenn die Reise dem Genfersee entlang seeaufwärts gehen sollte. In Villeneuve entstand schon bald eine ausgedehnte Industriezone mit vielen
Gleisanschlüssen. Und die im Juni 1861 eröffnete kurze Strecke von Thun nach Scherzligen ermöglichte dort den Passagieren den Wechsel auf den Thunerseedampfer. Gleichzeitig vereinfachte sich der
Güterumlad von den aus Bern herangeführten Waren auf die Schiffe. Auf die Fortsetzung der Bahn nach Spiez musste man sich dann nicht weniger als 32 Jahre lang gedulden.
Vor 125 Jahren: Bahnbau im Appenzellerland und in der Westschweiz
Als erste im Jahre 1886 eröffnete Bahnstrecke ist jene von Bouveret über St-Gingolph ins französische Evian zu nennen. Nach rund 50 Jahren, am 2. Oktober 1938, wurde die Strecke für den
Personenverkehr geschlossen, während jahrzehntelang noch ein täglicher Güterzug verkehrte. Erst vor 25 Jahren, anlässlich der Zentenarfeier dieser Linie, wurden unter der Bezeichnung
«Rive-Bleue-Express» touristische Reisezüge angeboten, bei denen auch eine ehemalige Dampflokomotive der Sihltalbahn zum Einsatz kam.
Im August folgte dann die Strecke Urnäsch–Gontenbad und zwei Monate später die Fortsetzung bis Appenzell. Im September konnte dann im Val de Travers die kurze Strecke von Fleurier nach Buttes
eröffnet werden.
Die im Oktober eröffnete normalspurige Kriens–Luzern-Bahn (KLB) diente mehrheitlich der Bedienung der dortigen zahlreichen Anschlussgeleise; um die Jahrhundertwende wurde die Strecke auf
Meterspur umgebaut und der Personenverkehr durch die Trambahn Luzern übernommen. Im Jahre 2003 erfolgte dann der vollständige Abbruch der Bahnanlagen.
Ende Oktober folgte dann noch die Strecke von Vallorbe nach Le Pont am Lac de Joux und Anfang November die Standseilbahn, welche vom Bahnhof in Lugano in kurzer Fahrt ins Stadtzentrum hinabführt.
Der seinerzeitige Wasser-Ballastantrieb wurde 1955 durch einen elektrischen Antrieb ersetzt.
Vor 100 Jahren eröffnete Strecken zahlreich auf Autobus umgestellt
Sechs Bahnstrecken, fünf Tramstrecken und eine Standseilbahn konnten vor genau 100 Jahren eröffnet werden. Allerdings existieren davon heute drei Bahnstrecken und zwei Tramstrecken nicht mehr, da
sie inzwischen auf Autobusbetrieb umgestellt worden sind.
Unter den inzwischen verschwundenen Bahnen ist jene von Lugano über Cadro nach Dino und jene von Biasca nach Acquarossa-Comprovasco im Tessin sowie jene von Clarens über Chailly nach Blonay im
Waadtland zu nennen. Ebenfalls verschwunden sind die Tramstrecken in Schaffhausen und St. Gallen.
Bis heute hat aber die Bahn von Blonay nach Les Pléiades Bestand; ebenso die Strecke von Altstätten Stadt nach Gais und jene Wil über Weinfelden nach Kreuzlingen. Auf letzterer betrieb die
damalige MThB eine lebhafte Ansiedlung industrieller und gewerblicher Betriebe mit Gleisanschlüssen.
Einen Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde hat sich die vor einem Jahrhundert eröffnete Standseilbahn von Sierre/Siders nach Montana-Vermala verdient; seit dem Umbau in eine einzige Sektion gilt
sie mit 4191 Metern Betriebslänge als längste Standseilbahn der Welt.
Vor 75 Jahren wurden lediglich eine Luftseilbahn und zwei Tramstrecken eröffnet
Recht mager sieht die Jubilarenliste des Jahrs 1936 aus: Eröffnet wurden die Luftseilbahn von Beckenried auf die Klewenalp sowie zwei Tramstrecken in St. Gallen und in Fribourg. Auf Autobus
umgestellt wurde im Genfer Grenzgebiet die Strecke von Veyrier zum damaligen Bahnhof der Salève-Bahn.
Neun neue Seilbahnen sowie moderne Vierstrom-TEE-Züge im Jahr 1961
Gleich neun neue Luftseilbahnen wurden vor 50 Jahren eröffnet. Darunter befinden sich auch drei Luftseilbahnen im Wallis, die bisher mit kantonaler Bewilligung verkehrten und neu die
eidgenössische Konzession erlangt hatten.
Tramfreunde werden wohl die am 11. November 1961 erfolgte Einstellung des Trambetriebs in Luzern bedauern; immer wieder tauchen dort Trampläne zur Verbesserung des Agglomerationsverkehrs auf. Die
am 8. Dezember 1899 eröffnete Trambahn der Stadt Luzern wies anno 1928 ihre maximale Ausdehnung von 11,51 Kilometern auf. Heute haben Autobusse und Trolleybusse (teils mit Anhängerbetrieb) die
frühere Aufgabe der Strassenbahn übernommen.
Ein Vierstrom TEE auf der Fahrt von Zürich-Milano bei Flüelen Foto: Karl Manhart
Nicht zu vergessen sind hier die ab 1. Juli 1961 auf den Strecken Zürich–Gotthard–Milano und Milano–Simplon–Lausanne–Paris erstmals eingesetzten elektrischen Trans-Europ-Express-Züge. Diese modernen TEE-Züge waren für vier verschiedene Stromsysteme ausgerichtet und befuhren die Strecke von Zürich nach Mailand in genau vier Stunden.
Vor 25 Jahren: Fünf neue Seilbahnen und Sarnersee-Schifffahrt
Vor 25 Jahren wurden eine Luftseilbahn sowie vier Sesselbahnen eröffnet; ohne Ersatz aufgehoben wurde die seit 1913 bestehende Standseilbahn Lugano Angioli von der Piazza B. Luini zur Via C.
Maraini mit einer Läge von lediglich 136 Metern. Im gleichen Jahr wurde auf dem Sarnersee die fahrplanmässige Kurs-Schifffahrt aufgenommen.
Postkutschen- und Bahnlinien verbanden die Seen
Schon in der Postkutschenzeit achtete man darauf, die bereits etablierte Schifffahrt auf den Seen und Flüssen so wenig wie möglich zu konkurrenzieren, denn Reisende wie Güter liessen sich auf dem Wasserweg nicht nur billiger, sondern auch bequemer transportieren. Die wichtigsten Postkutschenkurse sorgten daher vor allem dafür, die Verbindung zwischen den verschiedenen Seen sicherzustellen. Recht fortschrittlich gebärdeten sich im vorletzten Jahrhundert die Fahrpläne der Postkutschen, bestanden doch schon 1850 zahlreiche Nacht-Eilposten quer durchs ganze Land. Und wo die Strassenverhältnisse für den Kutschenbetrieb unzulänglich waren, verlud man die Reisenden samt Kutsche kurzerhand aufs Schiff. Dies wurde allerdings den Passagieren des Nachtpostkurses Zürich–Chur in der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember 1850 zum Verhängnis, da das Walensee-Dampfboot «Delphin» bei Betlis in einem Sturm unterging und neben der Schiffsbesatzung alle Reisenden mit auf den Grund des Sees riss.
Mit dem Aufkommen der Eisenbahnen setzte sich die bisherige Strategie, die bestehenden Schiffskurse zu verbinden, teilweise fort. So wurde anno 1855 die Bahnstrecke von Morges nach Yverdon
eröffnet und damit der Genfersee mit dem Neuenburgersee verbunden. 1857 folgte die Strecke Villeneuve–Bex und zwei Jahre später jene von Bouveret nach Martigny – so fand das Rhonetal den
Anschluss an den Genfersee. Im gleichen Jahr endeten die Bahnschienen von Osten her noch in Biel/Bienne. Passagiere Richtung Romandie waren also bis 1860 gezwungen, aufs Schiff umzusteigen.
Ebenfalls nur der kurzen Verbindung des Thunersees mit dem Brienzersee diente die anno 1872 eröffnete Bödelibahn von Därligen über Interlaken nach Bönigen. Erst mit zunehmendem Passagier- und
Frachtaufkommen lohnte es sich, Bahnlinien entlang der Seen zu bauen.
Hoffnungen auf einen prosperierenden Güterverkehr im Glatttal
Ob es sich beim ältesten Dokument über die Glatttalbahn, das sich in der SBB-Infothek in Bern befindet, nur aus Zufall um den «Bericht über die Rentabilität der ersten Sektion der Jone–Glattthal-Bahn Wallisellen–Uster» handelt, kann wohl heute nicht mehr ergründet werden. Tatsächlich bemühten sich aber die Bahninitianten im Glatttal recht intensiv, eine «schöne Dividende» für das Aktienkapital nachzuweisen.
Der anno 1853 bei J. Weilenmann in Uster gedruckte achtseitige Bericht untersuchte zunächst den zu erwartenden «Waarenverkehr», der aus «Kolonialwaaren», Rohstoffen, Fabrikaten aus Baumwolle,
Garn und Tüchern bestehe, was auch eine grosse Bedeutung von Uster und Wetzikon bei der Textilindustrie hindeute. Dazu komme Eisen, Getreide und Salz. Umgekehrt erhofft man sich dank der
Eisenbahn auch einen erleichterten Export einheimischer Güter. In der am 15. April 1856 im «Anzeiger von Uster» publizierten Stellenausschreibungen wurden für Uster neben einem Güterexpedienten
auch zwei «Expeditionsgehülfen» gesucht. Beim prognostizierten Personenverkehr wiesen die Sachverständigen in aller Bescheidenheit darauf hin, dass «die Dichtigkeit der Bevölkerung unseres
Kantons eine der grössten unseres Welttheiles» sei.
Mitglieder des Güter-Branchenverbandes VAP bezahlen auch die LSVA
Organisiert sind die Anschlussgleisbesitzer im seit bald 100 Jahren bestehenden Verband der verladenden Wirtschaft (VAP), welchem namhafte Firmen, aber auch öffentlich-rechtliche Körperschaften mit Stammgleisanlagen angehören. Der VAP vertritt über 300 Unternehmungen der Schweiz. Die VAP-Mitglieder transportieren Güter per Bahn, auf Lastwagen, Schiffen, in Pipelines usw. und tätigen dazu erhebliche Investitionen. Sie sind die Auftraggeber der Transporteure und Operateure (Eisenbahnverkehrsunternehmen, Speditionsfirmen, Strassenfuhrhalter usw.) und somit die eigentlichen Akteure im Güterverkehr und bei der Verlagerung. Sie sind es, die letztlich die damit verbundenen Kosten und Abgaben wie die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe oder die Trassengebühren bezahlen. Sie sind es auch, welche Spezialgüterwagen beschaffen, die zu einem grossen Teil in ihrem Besitz sind, und Terminals bauen und betreiben. Der VAP ist auch auf dem internationalen Parkett tätig. So findet zum Beispiel auf seine Einladung hin am 30. September 2011 der Kongress des Europäischen Dachverbandes der Halter von Eisenbahngüterwagen, UIP, in Bern statt. Der UIP in Brüssel gehören 16 Landesverbände in ganz Europa an, die rund 200 000 private Güterwagen vertreten.