WESTbahn GmbH soll nach fünf Jahren Gewinn machen

Die von Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner und Ex- ÖBB- Vorstand Stefan Wehinger gegründete "WESTbahn GmbH" soll nach fünf Jahren operativ profitabel sein. Die Tickets sollen sich auf dem Niveau der Halbpreise der ÖBB bewegen. "Wir werden jeden Preis halten, den die ÖBB auf den Markt bringen", sagte Wehinger im Interview mit der "Presse".

 

Bericht Vorarlberg Online

 

Auch bei der "WESTbahn", die ab Dezember 2011 den Österreichischen Bundesbahnen Konkurrenz machen will, werde es Sonderangebote an den Wochenenden und Feiertagen geben. Das tue dem Markt gut. "Wenn sich schlussendlich mehr Menschen fürs Bahnfahren interessieren, dann haben wir beide etwas davon. Ähnlich sieht das ja auch ÖBB- Chef Christian Kern", so Wehinger, der zwischen 2004 und 2008 als ÖBB- Vorstand für den Fernverkehr in der Personenverkehrstochter zuständig war.

Haselsteiner und Wehinger prüfen auch bereits andere Strecken in Österreich, wo man künftig eventuell fahren werde. Allerdings müsse der Wettbewerb erhalten bleiben - "dass die ÖBB entweder keine gemeinwirtschaftlichen Leistungen mehr auf jenen Strecken erhalten, auf denen wir auch fahren. Oder, dass wir dieselbe Leistung bekommen, die die ÖBB für den Transport der Pendler auf diesen Strecken erhalten."

 

In Summe wolle man 250 Mitarbeiter aufnehmen, sagt Wehinger, wobei "auch manche von den ÖBB zu uns wechseln" würden. In ihr privates Bahnprojekt - die Rail Holding AG mit ihrer operativen Tochter WESTbahn GmbH - haben der Bau- Tycoon und der Bahn- Manager dem Bericht zufolge 130 Mio. Euro investiert. Mit an Bord ist auch der frühere SBB- Chef Benedikt Weibel. Wehinger plädiert im übrigen für den Bau des Semmeringtunnels: Ohne diesen "wird es nie einen vom breiten Massenmarkt akzeptierten Schienenverkehr auf der Südbahn geben", meint er.

 

Westbahn-Chef: "Wir werden krass unterschätzt"

 

Wehinger will nach fünf Jahren profitabel sein. Den ÖBB werde es nicht gut gehen, so lange „so viele Kräfte an dem Unternehmen zerren“. ÖBB erhält für den Betrieb der unrentablen Strecken 600 Mio. Euro

 

Von Jakob Zirm - Die Presse

 

Die Presse: Essen Sie gerne Rosinen?

Stefan Wehinger: Nein. Warum?

 

Weil Ihnen von vielen Seiten vorgeworfen wird, sich mit der Westbahn die einzige Rosine im heimischen Schienennetz herauszupicken.

Wir nehmen die Rosine auf, die die ÖBB selbst nicht aufnehmen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass sie versuchen, das Beste zu machen, aber mit den derzeitigen Verträgen und Betriebsmitteln geht einfach nicht mehr. Daher braucht es den Wettbewerb, um den Markt neu aufzubauen. Das ist ähnlich wie im Telekombereich. Dort wartete man vor 25 Jahren sechs Monate auf einen Viertelanschluss. Durch Liberalisierung und Wettbewerb dauert das heute drei Minuten.

 

Sie fahren künftig auf der einzigen wirklich profitablen Strecke. Die ÖBB müssen auch das restliche Netz bedienen. Da ist es für Sie ja wesentlich einfacher, erfolgreich zu sein.

Die ÖBB erhalten für den Betrieb dieser unrentablen Strecken allerdings 600 Mio. Euro an gemeinwirtschaftlichen Leistungen pro Jahr. Wir müssen also dort beginnen, wo es am „einfachsten“ ist. Wir prüfen aber auch bereits andere Strecken in Österreich, wo wir künftig eventuell fahren.

 

Sie fordern jedoch ebenfalls staatliche Zuschüsse und klagen daher sogar die Republik.

Das ist so nicht richtig. Wir klagen darauf, dass der Wettbewerb erhalten bleibt. Also, dass die ÖBB entweder keine gemeinwirtschaftlichen Leistungen mehr auf jenen Strecken erhalten, auf denen wir auch fahren. Oder, dass wir dieselbe Leistung bekommen, die die ÖBB für den Transport der Pendler auf diesen Strecken erhalten.

Sie haben ja angekündigt, Ihre Tarife nach dem Halbpreis bei den ÖBB auszurichten. Wie werden Sie auf wahrscheinlich kommende Kampfpreise reagieren?

Wir werden jeden Preis halten, den die ÖBB auf den Markt bringen. Es wird auch bei uns Sonderangebote an den Wochenenden und Feiertagen geben. Das tut dem Markt gut. Wenn sich schlussendlich mehr Menschen fürs Bahnfahren interessieren, dann haben wir beide etwas davon. Ähnlich sieht das ja auch ÖBB-Chef Christian Kern.

 

Wann wollen Sie profitabel werden?

Wir rechnen damit, nach fünf Jahren operative Gewinne zu schreiben. Ich glaube, dass wir von vielen, die bereits lange in dem Markt tätig sind, krass unterschätzt werden. Nicht nur von den ÖBB, auch von Zulieferern oder den Behörden.

 

Wie beurteilen Sie eigentlich ÖBB-Chef Kern als neuen Widerpart?

Ich wünsche ihm viel Gesundheit und Kraft für die schwierige Aufgabe. Und ich wünsche ihm auch, dass er zehn bis 15 Jahre in dem Job bleiben kann und nicht vorher schon politisch abberufen wird. Denn nur so ist sichergestellt, dass sich bei den ÖBB mittelfristig etwas ändert. Die dauernden Wechsel im Management sind für das Unternehmen einfach nicht gut.

 

Sind die ÖBB grundsätzlich reformierbar?

Ich bin nicht mehr in der Position, das beurteilen zu können. Klar ist aber: Den ÖBB wird es nicht gut gehen, so lange so viele Kräfte von außen an diesem Unternehmen zerren. Und so lange die wirtschaftliche Wahrheit nicht akzeptiert wird: Das Land braucht einen öffentlichen Verkehr, der auch volkswirtschaftlich finanziert werden muss.

 

Ein bestimmender Faktor bei den ÖBB ist die Gewerkschaft. Eisenbahner sind ja immer gut gewerkschaftlich organisiert. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Bisher haben wir noch keine Eisenbahner eingestellt. Aber natürlich wird es auch bei uns einen Betriebsrat geben, der gewerkschaftlich organisiert sein wird.

 

Werden Sie mit dem mächtigen Gewerkschaftsboss Wilhelm Haberzettl auch zu tun haben?

Er war der Erste, den ich nach der Gründung des Unternehmens besucht habe, um ihm zuzusichern, dass wir uns an das österreichische Arbeitsrecht halten werden und keine ausländischen Billigarbeitskräfte verwenden wollen. Und ich glaube, dass hat er auch honoriert. Denn bisher hat er uns eher unterstützt als behindert.

 

Wird das so bleiben?

Das wird der Alltag zeigen, wenn wir dann erfolgreich auf dem Markt sind.

 

Woher werden Sie Ihre Mitarbeiter nehmen?

Es werden zum Teil Leute sein, die neu in diesen Job einsteigen. Es werden aber auch manche von den ÖBB zu uns wechseln. Wir haben ja schon viele Bewerbungen. Da sehen wir uns halt genau an, ob sie auch zu unserem „spirit“ passen. In Summe wollen wir 250 Mitarbeiter aufnehmen.

 

Sie meinten anfangs, dass Sie noch andere Strecken prüfen. Meinen Sie damit die Südbahn?

Zuerst müssen wir den Betrieb einmal auf der Westbahn gut umsetzen. Daher möchte ich nicht zu früh die Klappe aufreißen. Auf der Südbahn ist zur Zeit außerdem die Strecke zwischen Wien und Wr. Neustadt an ihrer Kapazitätsgrenze. Solange das nicht ausgebaut ist, wird es schwierig.

 

Muss weiter Richtung Graz auch der Semmeringtunnel gebaut sein?

Ohne Semmeringtunnel wird es nie einen vom breiten Massenmarkt akzeptierten Schienenverkehr auf der Südbahn geben.

 

Für den Ausbau der Strecken sind aber die ÖBB verantwortlich – und werden für die Schulden dann kritisiert. Ist das Ihrer Meinung nach fair?

Das ist total unfair, weil sie eine volkswirtschaftliche Leistung vollbringen. Das gilt auch für die Nebenstrecken. Dort kosten die ganzen Autos mit nur einem Insassen die Volkswirtschaft viel mehr als ein regelmäßiger Verkehr mit Pendlerzügen.

Zur Person

Stefan Wehinger gründete zusammen mit Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner 2008 die Rail Holding AG mit ihrer operativen Tochter Westbahn GmbH. Ab Dezember 2011 soll das Unternehmen den Fahrbetrieb auf der Westbahn zwischen Wien und Salzburg aufnehmen – als erster privater ÖBB-Konkurrent im Fernverkehr.

 

Bei den ÖBB war Wehinger zwischen 2004 und 2008 als Vorstand für den Fernverkehr in der Personenverkehrstochter zuständig. Zuvor arbeitete der heute 44-jährige Vorarlberger bei der Montafonerbahn. Er kennt also das Geschäft.

 

Haselsteiner und Wehinger investierten 130 Mio. Euro in das Projekt. Die Tickets sollen auf dem Niveau der Halbpreise der ÖBB sein.

 

SNCF soll bei "Westbahn" einsteigen

Die von Bauunternehmer Haselsteiner und Ex-ÖBB-Vorstand Wehinger gegründete Bahn könnte einen finanzstarken Partner bekommen.

Die von Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner und Ex-ÖBB-Vorstand Stefan Wehinger gegründete "WESTbahn", die ab Dezember 2011 den ÖBB auf der Strecke Wien - Salzburg Konkurrenz machen soll, könnte einen finanzstarken Partner bekommen. Laut "Wiener Zeitung" (Vorabmeldung zur Freitagausgabe) soll die französische Staatsbahn SNCF in Kürze mit 25 Prozent über eine Tochter bei der Rail Holding einsteigen.

"Wir führen Gespräche mit mehreren europäischen Bahnbetreibern. Die mit SNCF sind am weitesten fortgeschritten", sagte ein WESTbahn-Sprecher. Dem Vernehmen nach soll der Einstieg bereits im Jänner fixiert werden.

Derzeit halten Haselsteiner und Wehinger je 35 Prozent an der Rail Holding AG, 30 Prozent gehören laut Firmen-Compass der Schweizer Augusta Holding. Die Wiener Zeitung spekuliert, dass hinter dieser der Sanierer Erhard Grossnigg stecken könnte, der auch im Aufsichtsrat der neuen Privatbahn sitzt. Den Vorsitz im Kontrollgremium hat der Ex-Chef der Schweizer Bahn (SBB), Benedikt Weibel, weitere Mitglieder sind neben Haselsteiner Ottakringer-Boss Sigi Menz, Anton Gaal sowie der ehemalige VP-Innenminister Ernst Strasser.

 

 

Schaffe, schaffe, Zügle baue: Stefan Wehinger und seine Westbahn AG

In einem Jahr wird die erste private Personenverkehrsbahn den Betrieb zwischen Wien und Salzburg aufnehmen. Ihr oberster Lokführer, Stefan Wehinger, will alles besser machen als die ÖBB. Dort war er vier Jahre lang Personenverkehrsvorstand – und weiss also, wie es geht.

Kinder, wie die Zeit vergeht! Der Countdown läuft, und bis zum Start dauert es nicht einmal mehr ein Jahr. Am 11. Dezember 2011 wird abgefahren, und zwar ganz fix. „Es gibt jeden Tag die Versuchung, das Startdatum zu verschieben“, sagt Stefan Wehinger und zuckt dabei nicht einmal mit den Mundwinkeln. „Aber wir liegen gut im Zeitplan.“ Also widersteht er der Versuchung.

Betriebsbesuch beim Zugbauer, der Stadler Rail AG im schweizerischen Altenrhein. Der Vorarlberger Wehinger, der oberste Lokführer der Westbahn AG, ist wieder einmal von Wien über Zürich an den Bodensee gereist, um zu sehen, ob und wie sein Zügle Gestalt annimmt. Langer Marsch durch blitzsaubere Produktionshallen, kurze Besprechungen mit dem kommerziellen und mit dem technischen Projektleiter. „Die Entwicklung eines Zugs, eines Unternehmens von null auf hundert ist eine einzige Aneinanderreihung von großen und kleinen Krisen“, sagt Herr Wehinger und zuckt noch immer nicht mit den Mundwinkeln. „Aber jede Krise führt immer zu einer noch besseren Lösung als vorher gedacht.“

Stefan Wehinger darf so etwas sagen, denn er betritt Neuland. Noch nie hat in Österreich ein rein privates Unternehmen einen Personenverkehr auf der Schiene gestartet. Solche Konkurrenz kannte der Monopolist ÖBB bislang so gut wie nicht. Jetzt aber, dank EU-Bahnliberalisierung, wird das Unmögliche möglich, 18-mal am Tag, sieben Tage die Woche, 52 Wochen pro Jahr. Der 44-jährige Manager ist ein Pionier, er stellt ein Start-up-Unternehmen auf Schienen, das nur dank 130 Millionen Euro Anfangsinvestitionen ins Rennen gehen kann (siehe Kasten Seite 40). Hauptgesellschafter der Westbahn AG sind Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner und Wehinger selbst, der meint, dass es letztendlich auch ein gewaltiger Vorteil sei, vom absoluten Nullpunkt weg aufbauen zu können. „Wir sind durch nichts vorbelastet. Wir können uns von überall das Beste zusammensuchen.“

Sauteuer, aber es wirkt. Alu-Schweißer tun ihre Arbeit. Alles spiegelt, alles glänzt, fast wie im Hightech-Labor. Nicht deshalb aber hat Stadler den Auftrag gekriegt, die sieben Westbahn-Garnituren zu produzieren. Und auch nicht deshalb, weil das Unternehmen Billigstbieter war, im Gegenteil. Stadler-Züge sind teurer als jene von Siemens oder Bombardier, mit denen die ÖBB unterwegs sind. Denn die Schweizer Züge sind aus purem Aluminium. Das geht ins Geld, bedeutet aber gegenüber den Stahlbombern deutliche Gewichts- und damit Energieersparnisse. „Die Vorteile bei den Lifecycle-Costs sind entscheidend“, sagt Wehinger. Der Zug ist auf vierzig Jahre Lebenszeit ausgelegt, muss möglichst pannenfrei 400.000 Kilometer abspulen – pro Jahr. So gesehen ist der Preis von rund 15 Millionen Euro für eine Triebwagengarnitur fast schon wieder ein Schnäppchen.

Das Stück, das gespielt wird, heißt: Alles anders als die ÖBB. Die Westbahn-Züge sind Doppelstock-Garnituren, im Fernverkehr ein absolutes Novum. „Zu ebener Erde und im ersten Stock“ wird es dennoch nicht geben: Die neue Bahn macht auf klassenlose ­Gesellschaft. Die fünfhundert Sitzplätze pro Zug sollen allesamt Erste-Klasse-Komfort bieten, so das heilige Versprechen, selbstverständlich mit WLAN und Steckdose an jedem Platz. „Alles, nur nicht ÖBB-Rot“ war die Vorgabe an die Außenhautdesigner. Herausgekommen ist viel Weiß, mit blauen und grünen Streifen. Die Farbe am ersten Zug ist schon dran, die Fenster im ersten Stock sind eingebaut. „Ist das schon unser richtiges Glas?“, fragt Stefan Wehinger beim Inspektionsgang.

Die Hülle der ersten Garnitur ist weitgehend fertig, was jetzt gerade stattfindet, ist zwölf Wochen „Endmontage“. Brems­leitungen, Heizung, 150 Kilometer Kabel, Bodenbelag, Sitze, ­Gepäcksablagen und Abstelltischchen müssen verlegt, verschraubt, verschweißt werden. Mistkübel werden keine aufgestellt, weil, so der Plan, die Serviceleute alle fünfzehn Minuten durch die hoffentlich vollen Züge patrouillieren und jedes Papiersackerl und jedes leere Plastikflascherl mitnehmen werden. „Das bringt uns Kundenkontakt, und das wollen wir.“

Ab Februar folgt die Phase der „Inbetriebsetzung“. Von den ­Türen bis zur Lampe über dem Schalensitz: Alles muss funktionieren. Und selbstverständlich auch der Antrieb, das Kraftwerk, das den 150 Meter langen Zug auf 200 km/h beschleunigen wird. Der Countdown läuft unerbittlich. Schon im März das „Roll-out“. Dann gleich ausgiebige Probefahrten, in der Schweiz, in Deutschland, in Österreich – ein Fressen für „Trainspotter“. Vorerst aber wird noch geschraubt und gefräst, geschweißt und gebohrt, dass es eine helle Freude ist. Pro Monat bringt Stadler einen sechsteiligen Zug aus der Halle, mehr oder weniger schlüsselfertig und „ready for take off“. Im April wird die Westbahn bekannt geben, zu welcher Minute die Züge ab Salzburg und ab Wien-West starten werden. Dass stündlich gefahren wird, ist schon klar, nur die exakte Zeit ist noch streng geheim.

Raucherkabine und Billigkipferl. Im Mai darf Herr Wehinger seine ersten zwei Garnituren offiziell übernehmen – für weitere Erkundungsfahrten, noch immer ohne Publikum. Bis dahin ist noch viel zu tun, zuerst am Zug selbst. In jedem Waggon wird ein Buffet samt Küche eingerichtet. Wer die Minirestaurants betreiben darf, wird demnächst entschieden. Fest steht: Es wird „keine Schickimicki-Küche“, sondern bodenständiges Futter geben. Wobei nicht unbedingt Kässpätzle gemeint sind – obwohl Wehinger waschechter Montafoner ist. Aber Lockangebote wird es geben: das Ein-Euro-Croissant zum Kaffee, ein Versprechen, das hoffentlich lange hält.
Auch für Suchtkranke wird gesorgt. In jedem Zug wird eine Raucherkabine eingebaut, Entlüftung inklusive. Allerdings ist noch nicht ganz klar, ob die strenge Kammer überhaupt benutzt werden darf; Rauchen in öffentlichen Räumen ist ja per Gesetz untersagt. Wie auch immer: Die Kabine werde gebaut, damit man gerüstet sei, sagt Wehinger. Gratiszigaretten wird es allerdings ebenso wenig geben wie Gratiszeitungen – wohl aber wird man sich sein Leib-und-Magen-Blatt beim Zugbegleiter kaufen können.

Alles noch nicht rasend revolutionär, mag sich ein passionierter Eisenbahnfahrer denken. Auch das Tempo wird nicht über Sieg oder Niederlage entscheiden: Westbahn-Züge sind mit 200 Sachen nicht schneller als der ÖBB-Railjet. Die Fahrzeit Wien–Salzburg wird „unter drei Stunden“ betragen, mit Stopps in St. Pölten, Amstetten, Linz und Attnang-Puchheim.

Worin also wird der wirklich entscheidende Unterschied zu den Bundesbahnen liegen, das Asset, das letztendlich über Erfolg oder Misserfolg des Unterfangens entscheiden wird? Den Unterschied sollen die werten Fahrgäste beim Bordservice spüren, sagt Wehinger. Sie werden sich weder am Schalter noch am Fahrkartenautomaten anstellen müssen. Die Devise heißt: einsteigen, niedersetzen, abfahren. Der Schaffner kommt dann später und verkauft das Billet ohne Aufpreis, ganz einfach, ganz bequem, und kosten wird es genauso viel wie die zweite Klasse ÖBB.

Service is our Success. Manche Idee stammt aus der Luftfahrt: Eine Kooperation mit dem Lufthansa-Vielfliegerprogramm „miles& more“ ist fixiert. Eine AUA-Trainerin, die zwanzig Jahre bei der Luftlinie arbeitete, ist schon abgeworben und wird die Zugstewardessen und Stewards einschulen. Die müssen, so wie im Flugzeug, Mädchen für alles sein; nur dass sie statt Duty-free-Ware Tickets verkaufen. Pro Waggon wird es einen Zugbegleiter beziehungsweise eine Zugbegleiterin geben; das Ziel ist, möglichst viele Frauen einzusetzen. „Die Bahn muss weiblicher werden“, sagt Oberboss Wehinger.

Die Stellenanzeigen sind bereits online. In den nächsten 300 Tagen wird das derzeit 14-köpfige Team auf 220 Mitarbeiter angewachsen sein. 21 Lokführer werden die feschen Triebwägen pilotieren und spät in der Nacht mit ihren Zügen in Linz zum Service vorbeischauen: Dieser nämlich wird von der Voest-Tochter LogServ besorgt. Die Halle auf dem Voest-Gelände ist im Bau, die Werkstatt samt Gleiszufahrt kostet zehn Millionen Euro. Schon ab Juni 2011 wird hier repariert und poliert werden – auf dass es im harten täglichen Einsatz zu keinen außerfahrplanmäßigen Nothalts komme. Alle sieben Garnituren werden, so der Plan, nämlich gleichzeitig auf der Strecke sein. Falls ein Zug streikt, können die restlichen sechs den straffen Fahrplan halten. Ausfälle sind im Fahrplan aber gar nicht vorgesehen: „Wir rechnen mit 99,5 Prozent Verfügbarkeit“, sagt Wehinger, der technische Physiker.

Viele Unsicherheiten, vor allem im heiklenVerhältnis zu den ÖBB, muss er in den nächsten Monaten noch klären. Der TGV-Fan war dort einst für den Ankauf des Railjet verantwortlich – nun macht er ihm harte Konkurrenz. Ab September wird die Westbahn AG „werbemäßig aus allen Rohren schießen“. Von den ÖBB erwartet man eine ernst zu nehmende Gegenoffensive.

Reihe von Klagen. Derzeit beschäftigt Wehinger freilich noch keine Werbeagenturen, sondern die Gerichte. Eine Staatshaftungsklage gegen die Republik läuft, eine Reihe von Klagen wird folgen. Derzeit weiß Wehinger nicht einmal, „wer im Ministerium für uns zuständig ist“. So also kämpft er sich durch die Instanzen, „um eindeutige Gesetzeslagen zu bekommen“.


Konkurrenz belebt jedenfalls die Sinne. Verkehrsexperten vermuten, dass die ÖBB kaum Fahrgäste verlieren, sondern sich die Passagierzahlen auf der Westbahnstrecke insgesamt bald verdoppeln werden. „Das glauben auch die Vernünftigen in den ÖBB.“ Herr Wehinger ist sehr bemüht, die Bundesbahnen nicht allzu sehr zu reizen, David braucht Goliath noch lange. Zwischendurch entwischen ihm dann aber doch wenig schmeichelhafte Töne. Wie sagt er so schön? „Die ÖBB sind ein barockes Unternehmen.“ Und seine Westbahn AG? „Wir haben Spaß dabei, ein nachhaltiges Projekt auf die Füße zu stellen.“

 

 

UPDATE: Haselsteiner startet mit der Westbahn von Wien nach Salzburg

Lange musste man warten, aber gegen Ende des Jahres ist es so weit: auf der Zugstrecke Wien - Salzburg nimmt erstmals ein privater Anbieter seinen Betrieb auf. Der Bauunternehmer Hans-Peter Haselsteiner und der ehemalige ÖBB-Vorstand Stefan Wehninger starten am 11. Dezember 2011 mit der Westbahn. Ab dann soll stündlich ein modern ausgestatteter Zug zwischen Wien und Salzburg verkehren.

Konkurrenz
Möglich wird die neue Konkurrenz für die ÖBB durch die Liberalisierung des Schienenverkehrsmarktes, die durch die EU vorangetrieben wurde. Dadurch wird die Infrastruktur vom operativen Zugbetrieb getrennt und auch für private Anbieter geöffnet.

Umstieg
Geht es nach dem Sprecher der Westbahn, Manfred Mader, so gibt es für ÖBB-Kunden viele Gründe umzusteigen. „Bei uns wird in jedem Waggon ein Zugbegleiter anwesend sein, der sich um die Fahrgäste kümmert“, verrät Mader im Gespräch mit ÖSTERREICH: „Er verkauft Tickets – natürlich ohne Aufschläge – im Zug, serviert Snacks und Getränke und steht den Menschen jederzeit zur Verfügung.“

Halber Preis
Außerdem werden die Doppelstock-Züge, die gerade in der Schweiz gebaut werden, mit Gratis-WLAN ausgestattet und nur über Plätze erster Klasse verfügen. Der Preis, so verspricht Mader, wird um die Hälfte günstiger sein als bei den ÖBB. Interessant ist auch, dass, neben den gewöhnlichen Tickets, eine sogenannte Kilometerbank angeboten wird. Dabei wird eine bestimmte Zug-Kilometerlänge erworben und dann verfahren. Die Karte kann auch an Dritte weitergegeben werden. Halten werden die Züge an allen wichtigen Bahnhöfen der Weststrecke.