Öffentliche Erörterung zum Semmering-Basistunnel Projekt

Vor der mündlichen Bauverhandlung im Januar 2011 hat am Mittwoch am Semmering eine zweitägige öffentliche Erörterung der UVP begonnen. Die ÖBB haben zwei Tage die Gelegenheit, das Projekt Semmering-Basistunnel vorzustellen. 

Nur wenige Zuhörer kamen zur Erörterung
Die Tunnelgegner wollten am Mittwoch auf ihre Bedenken gegen das 2,8 Milliarden teure Projekt aufmerksam machen. Bei der öffentlichen Erörterung des Projekts sassen im Hotel Panhans dann aber rund 40 Gutachter und Sachverständige nur knapp ebenso vielen Zuhörern gegenüber.

 

Bericht ORF Niederösterreich

Am Bahnhof Semmering  halten  bereits heute nur noch vereinzelte Fernverkehrszüge

                                                                                                          Foto: Marcel Manhart

 

Gegner sehen Beeinträchtigungen der Natur
Neben der Beeinträchtigung der Natur kritisieren die Gegner des Projektes vor allem die Belastung der Natur während der Bauphase. Ihre Befürchtung ist, dass der Lkw-Verkehr in Gloggnitz dramatisch zunehmen werde.

Kritik gibt es auch an der geplanten Baustelle am Tunnelportal. Es soll ein sogenanntes Tübbingwerk entstehen, in dem die Betonfertigteile für die Tunnelauskleidung produziert werden.

 

ÖBB: Semmeringstrecke soll erhalten bleiben
Bei der Umweltschutzorganisation "Alliance for Nature" befürchtet man, dass der Tunnel den Tod der bestehenden Semmeringstrecke bedeuten würde. Hier versuchten die ÖBB zu beruhigen, die Semmeringstrecke müsse erhalten bleiben, da diese bei Wartungsarbeiten im Tunnel den Verkehr aufnehmen müsse.

Details der geplanten Trassenführung über 28 Kilometer von Gloggnitz bis Mürzzuschlag präsentierte ÖBB-Projektleiter Gerhard Gobiet. Er hofft auf eine deutliche Angebotsverbesserung vor allem im Güterverkehr.

Öffentliche Bauverhandlung im Januar
Mitte Januar 2011 folgt dann die öffentliche Bauverhandlung, die Baugenehmigung für den Semmeringbasistunnel könnte laut Verkehrsministerium im März 2011 erteilt werden.

 

 

Mehr zum Thema:

Bis Mitte Jänner liegt das UVP-Gutachten noch in den vom Tunnelbau betroffenen Gemeinden in NÖ und der Steiermark sowie im Verkehrs-ministerium auf. Mittwoch und Donnerstag findet eine öffentliche Erörterung statt.

Mehr als 100 Einwände gegen den Tunnel
Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für den Semmeringbasistunnel wurden von betroffenen Anrainern, Gemeinden, Bürgerinitiativen und den Umweltanwaltschaften der beiden Bundesländer Niederösterreich und der Steiermark mehr als 100 Einwände und Stellungnahmen eingebracht.

Die Kritiker befürchten durch das 28 Kilometer lange und 2,8 Milliarden Euro teure Projekt Belastungen während der 12-jährigen Bauzeit und eine nachhaltige Beeinträchtigung des Wasserhaushalts der Region.

Anrainer fürchten, dass Erörterung nutzlos ist
Auch die heutige öffentliche Erörterung sorgt für Unmut bei den Betroffenen. Zwar wäre es jedermann gestattet, Fragen zum Projekt zu stellen und sich zum Vorhaben zu äußern, laut Edikt des Verkehrsministeriums müsse aber über diese Erörterung im Hotel Panhans keine Niederschrift erstellt werden.

Das treibt Vertreter der Bürgerinitiativen und auch von Alliance for Nature auf die Barrikaden, sie fürchten, dass ihre Wortmeldungen damit nutzlos bleiben werden. Am 18. und 19. Jänner folgt dann die öffentliche Bauverhandlung, die Baugenehmigung für den Semmeringbasistunnel könnte laut Verkehrsministerium im März erteilt werden.

24 Gutachter beschäftigten sich mit der Umweltverträglichkeitserklärung der ÖBB Infrastruktur AG. Sie attestieren dem Projekt Umweltverträglichkeit.

Lautstark vertreten war Niederösterreich gestern im Hotel Panhans. Die erhöhte Verkehrsbelastung durch die Tunnelarbeiten ist die Hauptsorge etwa in Schottwien und Gloggnitz. Bei der öffentlichen Erörterung im Panhans konnten Anrainer noch einmal ihre Einwände vorbringen. Alle 24 Gutachter, die vom Verkehrsministerium zur Prüfung der Umweltverträglichkeitserklärung der ÖBB Infrastruktur AG beauftragt wurden, waren zur Beantwortung geladen. Und deren "Urteil" wurde auch bekannt gegeben: Sie halten das Projekt für umweltverträglich. Der nächste Schritt im UVP-Verfahren wird eine öffentliche Verhandlung im Jänner sein, wo noch einmal auf alle Einwände eingegangen wird. Erst dann erfolgt die endgültige Entscheidung im UVP-Verfahren durch die zuständige Behörde.

Steirische Bedenken
Eher im Hintergrund hielten sich die Steirer. Obwohl die Belastung hier höher sein wird als in Niederösterreich, wenn der Tunnel gebaut wird. Das räumte auch Tunnel-Projektleiter Gerhard Gobiet ein. So wird es in Spital am Semmering zwei sogenannte Zwischenangriffe, also Schächte in den Tunnel, geben: im Fröschnitzgraben und im Bereich Grautschenhof. Vier Millionen Kubikmeter Aushubmaterial wird man im Fröschnitzgraben aus diesen Zwischenangriffen heraus zu verarbeiten haben. Es wird im nahe gelegenen Longsgraben deponiert. Zusätzlich kommt Aushubmaterial aus Niederösterreich und vom Grautschenhof dazu. Das Aushubmaterial im "Zwischenangriff Fröschnitzgraben" wird mit einem Förderband zur Deponie bewegt.

Aber es gibt noch den Lkw-Verkehr, der mit Schuttmaterial durch den Fröschnitzgraben bis zum Förderband muss. Den sehen die Anrainer als unzumutbare Belastung. "Unsere ganze Lebensqualität geht verloren", meldete sich der ehemalige Sekretär der Bezirksbauernkammer, Alois Rothwangl, zu Wort.

Von Projektleiter Gobiet kam die Antwort: "Wir nehmen ihre Bedenken ernst." Gobiet betonte aber auch, dass alle Maßnahmen, die man in diesem Gebiet setzt, umweltverträglich seien. Er verwies die Anrainer weiter an den zuständigen Gutachter, Helmut Kirisits. Der meinte: "Das Thema umfasst derartig viele Unterlagen, ich bitte Sie, sich nachher an meinen Tisch zu begeben, damit wir das besprechen können." Aber auch Kirisits erklärte: "Die vom Gutachten geforderten Grenzwerte für die Umweltverträglichkeit werden eingehalten."

Betroffen sind auch die Anrainer im Bereich der L 118, weil die Lkw vom Zwischenangriff Grautschenhof - er befindet sich zwischen der Tankstelle am Ortseingang von Spital und dem Areal von Schloss Sommerau - mit dem Aushubmaterial auf die S 6 fahren. Bürgermeister Reinhard Reisinger war bei der Anhörung anwesend, meldete sich aber nicht zu Wort. "Denn unsere Einwände haben wir eingebracht und darauf wurde von den ÖBB auch eingegangen." Alles sei schon in speziellen Foren besprochen und in die Projektpläne aufgenommen worden, erklärte Reisinger. So etwa Lärmschutzmaßnahmen für die Betroffenen der Zwischenangriffe Grautschenhof und Fröschnitzgraben. Für die Anrainer im Fröschnitzgraben gilt jedoch: Das reicht nicht, um der Belastung gerecht zu werden.

Ein schaler Beigeschmack bleibt auch für den Bürgermeister. Schließlich gab es jahrelang die Belastung durch die Baustelle der Straßentunnelkette. Beim Bau des Bahntunnels gehen die Belastungen dann wieder weiter.


Sorge ums Wasser
Bedenken hatte Reisinger auch wegen der Wasserversorgung. So muss eine Quelle für ein Jahr ausgesetzt werden. "Wir haben aber eine zweite Quelle, die hat jetzt so viel Schüttung, dass es möglich ist, die erste wegzuschalten."

Umfangreiche Arbeiten gibt es auch in Mürzzuschlag. Der Bahnhof wird umgebaut. So werden Baumaßnahmen nötig sein, die den Höhenunterschied zwischen Bahnhof und Tunnelportal ausgleichen. Dazu wird ein sogenanntes Wannenbauwerk errichtet. Die Züge fahren im Bereich des jetzigen Sondierstollens in den neuen Tunnel ein.

Ab Mittwoch liegt das UVP-Gutachten zum "Semmering-Basistunnel neu" öffentlich auf. In den Gemeindeämtern der Anrainergemeinden und im Verkehrsministerium kann die Bevölkerung Einsicht nehmen.

Das Gutachten liegt in Anrainergemeinden auf
In das Umweltverträglichkeitsgutachten kann man ab Mittwoch in den Gemeinden Gloggnitz, Payerbach, Schottwien, in Kirchberg am Wechsel, Prigglitz, Trattenbach, Otterthal und Raach am Hochgebirge auf niederösterreichischer Seite Einsicht nehmen.

Auf der steirischen Seite des Semmerings ist das in Mürzzuschlag, Langenwang und Spital am Semmering möglich.

2012 soll mit Tunnelbau begonnen werden
Nach Voranmeldung kann man in die Unterlagen über den "Semmeringbasistunnel neu" auch im Verkehrsministerium einsehen. Stellungnahmen und Fragen zum UVP-Gutachten können auch noch im Rahmen einer öffentlichen Erörterung, die Ende November in der Gemeinde Semmering stattfindet, vorgebracht werden.

Im Jänner findet dann die Verhandlung über die Erteilung der Baugenehmigung statt. Seitens der ÖBB will man 2012 mit dem Tunnelbau beginnen. 2024 soll das etwa 2,8 Milliarden teure Tunnelprojekt, dass bei Gloggnitz in den Berg mündet und bei Mürzzuschlag wieder an die Südbahn anschließen soll, fertiggestellt sein.

 

 

Täglich 500.000 Euro für den Koralmtunnel

Spediteure sind strikt gegen den Bau. Auch Semmering- und Brennertunnel kritisiert.

Das Cargo Center Graz ist auch als Umschlagplatz für Gütertransporte über die Koralmbahn gedacht. Es wird u. a. von einer Vereinigung steirischer Spediteure betrieben. Das Baulos für das Herzstück der Koralmbahn, den Koralmtunnel (Kat2), wurde am 12. Oktober vergeben. Soweit die aktuellen Daten.

Nun übt der Zentralverband der Spediteure vernichtende Kritik am Koralmtunnel, wenig Freude hat man auch mit dem Semmering- und dem Brennertunnel für die Bahn. Der Koralmtunnel sei ein "Loch der Unvernunft", meint Stefan Krauter. Allein an Kreditzinsen würden täglich 500.000 Euro anfallen, inklusive Betrieb müssten die ohnehin schwer mit Schulden belasteten ÖBB so eine Million Euro am Tag erwirtschaften. Krauter: "Auf der einen Seite wird bei der Familienbeihilfe gespart, auf der anderen verpulvert die Politik sieben Milliarden Euro mit dem Tunnel." Es sei unverantwortlich, dass die ÖBB Kosten von etwas umgehängt bekämen, das von dritter Seite bestellt worden sei. Anstatt zu handeln, sei die Politik tatenlos, verstricke sich in Diskussionen.

Der Zentralverband will seine heftige Kritik nicht gegen die Bahn an sich gerichtet sehen. Spediteure beförderten die Fracht "verkehrsneutral" auf Straße, Schiene, zu Wasser und in der Luft.