Dieses Jahr werden die Lachmuskeln wieder am Humorfestival in Arosa trainiert. Für die Betreuung der Comedy-Künstler und die Pflege der Pistenraupe werden Mitarbeiter gesucht, diese können sich ab jetzt online bewerben.
Mike Krüger, Emil Steinberger, und Django Asül sind nur drei der namenhaften Comedy-Künstler, die am diesjährigen Humorfestival in Arosa die Menschenmengen zum Lachen bringen werden. Für diesen exklusiven und humorvollen Anlass wird ein Comedy-König gesucht.
Kandidaten, die sich für den Traumjob Comedy-König qualifizieren, erhalten eine Rundum-Betreuung mit Welcome-Package, Übernachtung und Halbpension. Sie sollten alle ihre Erlebnisse in einem Blog festhalten und auf Video aufnehmen. Höhepunkte des Jobs sind die Betreuung der namenhaften Comedy-Künstler, die Betreuung der Journalisten sowie der Pressekonferenz und das Begleiten des Kamerateams des Schweizer Fernsehens. Der Comedy-König kann seinen Traumjob am 1. Dezember 2010 für eine Woche antreten.
Die Kandidaten können sich bis am 27. Oktober 2010 für diesen Job online bewerben. Nachdem sich die Kandidaten online beworben haben, stimmt die Traumjob-Community ab, wer in die engere Auswahl kommt. Alle Teilnehmer der Traumjob-Community die für ihren Favoriten abstimmen, können sechs Hotelübernachtung im 3*-Hotel in Arosa für 2 Personen inkl. Halbpension und 2×2 Tickets fürs Humorfestival gewinnen. Also abstimmen lohnt sich.
Traumjob Lokführer bei der Rhätischen Bahn Foto: Marcel Manhart
Traumjob Lokführer (Monat April) - Die Reportage von Volker Boestfleisch
1. Aktionstag: Mit dem Zugbegleiter im Bernina-Express von Chur nach Tirano
Ruhig und sanft schaukelnd beschleunigt der Expresszug pünktlich um 8:30 durch das Schienenvorfeld des Churer Bahnhofs. Die Zugmaschine ist eine der leistungsstarken Umrichterloks Ge 4/4 III 6XX.
Spitzenleistung 3200 kW. Die Normalspur der SBB endet hier. Wer weiter will Richtung Oberengadin oder Disentis im Vorderrheintal, muss in die Rhätische mit ihrer Meterspur umsteigen.
Jetzt beginnt der Dienst im Zug. Martin Schmid kontrolliert die Fahrkarten. Einige internationale Fahrgäste sind im Zug. Also gibt es nicht nur die Rhb-Tickets sondern auch Fahrscheine, die ein
australisches Reisebüro ausgestellt hat. Nachdem der Zug bei Reichenau das ebene Rheintal verlassen hat, schlängelt sich die Strecke Richtung Albula in engen Radien an steilen Talflanken entlang.
Martin Schmid hat durch jahrelange Übung einen festen Stand. Ich dagegen muß mich gut festhalten, um nicht bei den Passagieren auf dem Schoß zu landen.
Keine Zeit das berühmte Landwasser-Viadukt zu bestaunen. Hinter Filisur wird die Streckenführung immer spektakulärer. Vorbei an steilen Abbrüchen, durch Tunnel, über Hangbrücken bis Bergün. Dort
beginnt der spektakulärste Abschnitt der Albulastrecke. Auf ca. 5 km Luftlinie müssen 400 Höhenmeter gewonnen werden Der Berninaexpress windet durch sechs Kehr- und Kreistunnel und über vier
Viadukte hinauf nach Preda auf 1790m Höhe. Draussen liegt immer mehr Schnee. Dann wird es dunkel. Wir fahren durch den knapp 6 km langen Albula-Scheiteltunnel. Wieder am Tageslicht sind wir im
Oberengadin.
In Pontresina wird die Lok gewechselt. Hier beginnt die Berninabahn. Sie fährt mit 750V Gleichstrom statt mit 11kV Wechselstrom. Sonnenschein und strahlend blauer Himmel. Die Berge ringsum sind
noch tief verschneit. Es sieht traumhaft aus. Pünktliche Abfahrt in Pontresina. Am Haltepunkt Ospizio in 2257m ist der 3 m hohe Schnee von der Schneefräse sauber weggefräst. Es geht durch
winterliche Hochgebirgslandschaft. Auf der Südseite Halt in Alp Grüm mit seiner tollen Aussicht. Weiter in engen Kehren hinunter nach Cavaglia. Hier ist planmäßige Kreuzung mit dem
Gegenzug.
Aber der kommt nicht nach Plan. Jetzt ist Martin Schmid als Zugschef gefragt. Handy raus und Kontakt zur Leitstelle aufnehmen. Was ist los. Die Ursache ist ein Lokdefekt beim entgegenkommenden
Güterzug. Auf dieser Gebirgsstrecke werden alle Züge von zwei Loks gezogen. So kommt der Güterzug dann doch noch mit mit halber Kraft und 25 min Verpätung in Cavaglia an. Zugchef Schmid hat in
der Zwischenzeit seine Fahrgäste über den Grund der Verzögerung informiert und ihnen als Ausgleich ein kostenloses Getränk angeboten. Zusatzaufwand für den Cateringchef mit dem kleinen
Getränkewagen.
Der Zug rollt durch die engen Kehren bremsend und quietschend abwärts ins Puschlav. Bei Brusio fahren wir die Kehre auf dem Kreisviadukt um die Höhe abzubauen. Geniale Konstrukteure. Den Schnee
haben wir längst wieder verlassen. Die Kirschen blühen hier. Wir erreichen Tirano, die italienische Endstation. Die Verspätung konnte nicht aufgeholt werden. So bleibt nur eine knappe Stunde zum
Mittagessen. Eine schnelle Pizza im Restaurante gegenüber vom Rhb-Bahnhof. Jetzt ist auch die Zeit für die Wagenreinigung. Fegen der Wagons, leeren der Papierkörbe und Putzen der Toiletten ist
angesagt. Das wird von einem Reinigungsteam erledigt. 14.33 Uhr pünktliche Abfahrt nach Chur.
Einige Fahrgäste haben gewechselt. Die meisten haben Hin- und Rückfahrt gebucht. Martin Schmid begrüßt wieder in jedem Wagen die Fahrgäste und prüft die Tickets und Platzreservierungen für die
Panoramawagen. Die Mittagssonne brennt in der klaren Höhenluft durch die weit hochgezogenen Fensterscheiben.
Jetzt genieße ich die Landschaft und die mutige, geniale Trassenführung. Die Ingenieure haben sich vom schroffen Gebirge nicht abschrecken lassen, sondern es als Herausforderung betrachtet, die
Berge zu bezwingen. Zeit mich mit Martin Schmid über seine Arbeit zu unterhalten: „Der Bernina-Express ist ein „Wundertüten-Zug“. Jederzeit kannst du eine Überraschung erleben. Von Natur oder
Technik. In Posciavo hatten wir einmal schönstes Wetter. Und bei Ospizio Bernina sind wir in den Schneeverwehungen stecken geblieben“ berichtet er.
Jährliche Fortbildungen zur Verbesserung des Services für die vielen internationalen Gäste mit ihren spezifischen Gewohnheiten sind für die Express-Zugchefs Pflicht. Martin Schmid ist in „seinem“
Bernina-Express nicht Fahrkarten-kontrolleur , sondern Gastgeber für die Fahrgäste. Das fällt mir auf. Hinter Filisur versuche ich das Landwasser-Viadukt in der Nachmittagssonne zu fotografieren.
Es müsste geklappt haben. Auf der Solis-Brücke gelingt mir ein kurzer Blick in die 90m tiefe Schlucht. Langsam wird die Stecke wieder milder. Dann noch mal das schroffe untere Albula-Tal. Kein
Bahndamm neben dem Zug zu sehen . Ich schaue direkt in die Tiefe. Noch 10 min bis Chur. Martin Schmid gibt mir noch seine Mail-Adresse, damit ich ihm Bilder von der Sylter Inselbahn schicken
kann. In Chur dann verabschiede ich mich von einem „Vollblut-Eisenbahner“, der den Servicegedanken für seine Bahnkunden in bester Art und Weise bei „seiner“ Rhätischen Bahn lebt.
2. Aktionstag. Mit dem Streckenläufer im Albulatal von Preda nach Bergün.
Die Abfahrtszeit in Chur ist im Einsatzplan mit 6.44 Uhr eingetragen. Da gibt es im Hotel noch kein Frühstück. Also muß ich auch auf das gute Bircher-Müsli verzichten. Aber am Bahnhof sind die
Läden schon offen. Im COOP hole ich mir zwei belegte Brötchen und ein paar Müsli-Riegel. Der Tag wird lang und unterwegs gibt es keine Möglichkeit zum Einkehren. Feste Schuhe, Rucksack und
Mittagsverpflegung steht im Plan. Um dem hungrigen Magen etwas zu geben nehme ich vom Bäcker-Kiosk zwei Hörnchen und ein Becher Kaffee mit. Der Zug 1117 über den Albula nach St.Moritz steht schon
bereit. Noch 3 min. bis zu Abfahrt.
Wieder schlängelt sich der Zug durch das schroffe Albulatal. Ich kann mich gar nicht satt sehen. In Bergün schaue ich aus dem Fenster. Streckenläufer Hanspeter Schlegel steigt plangemäß zu. In
Preda sind wir die einzigen, die dort aussteigen. Es ist ja keine Touristen-Saison mehr. Im Winter, wenn die Fahrstrasse zum Schlitteln freigegeben ist, ist hier großer Auftrieb. Ein wenig
winterlich ist es heute morgen noch. Im Schatten liegt viel Schnee und die Temperatur ist deutlich im Minus. Wir sind schließlich fast 1800 m hoch. Hanspeter Schlegel begrüsst mich freundlich.
Ein Mann gegen Ende des Berufslebens mit einem wettergegerbten Gesicht.
Und dann marschieren wir los. Die Schrittlänge wird durch den Schwellenabstand gegeben. Also muß ich etwas kleinere Schritte machen. Für den kleineren Hanspeter passt es ganz gut. Der Blick ist
nach vorn aufs Gleis gerichtet. Unregelmäßigkeiten an Schienen, Schwellen oder Schrauben fallen bei dem Schritttempo gleich auf. Ich schaue natürlich auch nach rechts und links und lasse die
imposante Natur auf mich wirken. Über dem sonnenbeschienenen linken Berghang kreisen schon zwei Steinadler. Bald taucht das erste Tunnelportal auf . Ich bin gespannt. Wir warten auf einen
planmässigen, talwärts fahrenden Zug. Den lassen wir passieren. Dann meldet sich Hanspeter per Funk bei der Betriebsleitung und bittet um Streckensperrung so lange wir durch den Tunnel
laufen.
„Preda nach Muot ist gesperrt“ quäkt es als Antwort aus dem Funkgerät. Nun können wir losgehen. Nach ein paar Metern wird es stockdunkel. Wir schalten unsere Taschenlampen an. Die Schritte auf
dem Schotter hallen von der Tunnelwand wieder. Wir bleiben nach einer Weile stehen und leuchten die Tunneldecke ab. Der elektrische Fahrdraht hat kaum Abstand zum Fels. An Stellen wo Wasser
austritt sind Bleche angeracht, die das Wasser zur Tunnelwand ableiten. Nach gut 500m Tunnellänge kommen wir wieder ans Tageslicht. Fast genau unterhalb der Strecke, auf der wir vorhin gelaufen
sind. Es ist nämlich ein Kreistunnel mit einer ¾ Drehung. Jetzt melden wir uns wieder über Funk, so dass die Strecke freigegeben wird.
So geht es nun in den nächsten Stunden weiter. Strecke, Tunnel. An- und Abmelden, Viadukt. Der Blick nach vorne. Sind die Gleise fehlerfrei? Liegt frisches Geröll an der Strecke? Jetzt im
Frühling ist die Gefahr für Steinschlag besonders hoch. Vor uns liegt der Rugnux-Kreistunnel. Wir warten auf den bergwärts fahrenden Zug. Er ist unter uns schon zu hören. Plötzlich bläst ein
kalter Sturm aus der Tunnelröhre. Der Zug ist eingefahren und schiebt im engen Tunnelprofil die Luft vor sich her. Die Schienen fangen an zu singen. Gleich kommt er raus. Ein Handzeichen vom
Lokführer zum Gruß an uns. Dann ist er vorbei und wieder ist die Stille da. „Dieser Tunnel hat ein automatisches Tor auf der anderen Seite“ weist mich Hanspeter auf eine Besonderheit hin.
„Dadurch wird verhindert, dass im Winter der Tunnel zu sehr auskühlt. Dann würde das Sickerwasser im Tunnel gefrieren und die Strecke blockieren“. In anderen Tunneln wird für den gleichen Zweck
Schnee eingebracht. Damit wird jeweils die Entwässerungsleitung bedeckt und so gegen das Zufrieren isoliert.
Wir nähern uns der Kreuzungsstelle Muot. Hier gibt es ein Dienstgebäude. Den Schlüssel hat Hanspeter in der Tasche. Ein großer emaillierter Ofen stammt bestimmt noch aus der Anfangszeit der Bahn
um 1900. Orginal ist auch noch eine maschinengeschriebene Betriebsanweisung von 1935 über den Umgang mit Schlüsseln für die Weichen. Sogar ein kleines Gleisbildstellwerk ist hier. Damit könnten
ein Abstellgleis und die Fahrstrassen für den Kreuzungsbetrieb gesteuert werden, wenn die Freigabe dafür aus der Leitstelle in Landquart gegeben würde.
Sein ganzes Berufsleben ist er bei der RhB erzählt der Hanspeter nach einer Weile. Auch sein Vater war schon bei der Bahn. Einmal pro Woche läuft er diese Strecke. Seit über 40 Jahren. Bei jedem
Wetter. Unangenehm ist es nur, wenn es regnet oder schneit und ein starker Wind geht. Sonst macht ihm das Wetter nichts aus. Ich hätte es heute gut getroffen. Beim herrlichen Sonnenschein im
Frühling sei das Ablaufen der Strecke ein Vergnügen. Das kann ich bestätigen. Die Verbindung von großartiger Natur und kühner Streckenführung in Begleitung dieses besonderen Menschen ist für mich
ein außergewöhnliches Erlebnis.
Die Zeit läuft. Wir müssen weiter. Noch ca. 6 km bis Bergün sind zu kontrollieren. Es liegt nicht weit unter uns. Luftlinie wäre es vielleicht eine halbe Stunde zu gehen. Die Eisenbahnstrecke
aber muß sich in drei langen Serpentinen am Hang hinunter winden. Anderthalb Stunden später erreichen wir den Bahnhof Bergün. Im „Magazin“ schließt Hanspeter die Warnwesten und die Lampen wieder
weg. Er gibt mir seine Adresse. Er würde sich freuen , wenn ich ihm ein paar Fotos schicke. Einen PC habe er nicht und brauche ihn auch nicht. Also werde ich ein paar Papierbilder für ihn
machen.
Bald kommt der Bernina-Express Richtung Chur. Wir steigen hinten in die zuschlagfreien Wagen ein. Zusammen fahren wir bis Filisur. Hier wohnt der Hanspeter. Ich fahre allein weiter bis Chur. Beim
Aussteigen merke ich meine Beine deutlich. 12 Kilometer über Schwellen und Schotter sind nicht ganz ohne.
3. Aktionstag: Im Betriebswerk Landquart
Vormittags Wagenreinigung, nachmittags Rail Control Center. Ich melde mich im Eingangsbüro bei Patricia Gemperle und erzähle ihr was ich vorhabe. Verabredet bin ich gemäß Einsatzplan mit Reto
Maissen. Der ist aber verhindert und nach kurzem weiteren Telefonat holt mich Meister Pargätzi ab. Wieder eine freundliche Begrüßung, obwohl er eben erst von diesem Job erfahren hat. Wir gehen
direkt in die Reinigungshalle. Ich streife mir wieder die obligatorische Warnweste über und setze noch eine große Schutzbrille über meine eigenen Brillengläser.
An der Reisewagengarnitur , die gerade in der Waschhalle steht, wird mit rotierenden Waschbürsten gerade die Außenhaut einschamponiert. Nach kurzer Einwirkzeit folgt der Klarspülgang: Die
rotierenden Waschbürsten hinterlassen eine saubere Lackfläche. Die rückversetzten Türen werden von Hand gebürstet und gespült. Während dessen ist das 5-köpfige Reinigungsteam im Wagen aktiv.
Abfalleimer leeren, Polster saugen, Fußboden fegen und wischen. Die Fenster von innen putzen, die Wagenwände feucht abwischen. Und nicht nur drüberwischen, sondern wirklich säubern. Das
Reinigungsteam mit seiner jungen Vorarbeiterin arbeitet sehr gründlich und so ist dann auch Wagenmeister Pargätzi mit Recht stolz auf seine Mannschaft. Der Kontrollblick in das WC bestätigt dies.
erstklassige Arbeitsergebnis.
Schließlich werden noch vorhandene Wasserschlieren außen an den Fensterscheiben abgezogen. Nichts soll den klaren Blick der Fahrgäste auf die herrliche Landschaft stören. Dieser wöchentlichen
Grundreinigung müssen sich genau nach Plan (große Exeltabelle), alle Wagen unterziehen. Wenn das mal betriebsbedingt nicht möglich ist, wird das gleich im Plan vermerkt. Zum Wochenservice gehört
auch die Überprüfung des Fahrgestells. Verschlissene Bremsbacken werden ausgetauscht. Prüfender Blick des Kontrolleurs und leichte Schläge mit dem Hammer gelten den wichtigen Schraubverbindungen,
der Federung, dem korrekten Sitz der aufgeschrumpften Radreifen. Die Talfahrt am Bernina bei 70o/°° und dauernd angelegten Bremsbacken, lässt die Radreifen heiß laufen und gelegentlich etwas
„wandern“. Dann ist ein Radsatzwechsel fällig.
Im Winter muss auch fest gebackener Flugschnee abgeklopft werden, der die Funktion der Federung oder Bremsen stören kann. Wie gut, dass mir Meister Pargätzi vor dem Abstieg in die
Wagen-„Unterwelt“ einen Schutzhelm aufgesetzt hat. In einem Nebenraum steht eine Gitterbox voll mit Chemikalien. Das sind die Spezialitäten zum Entfernen von Graffitti. Wenn sie innerhalb der
Wochenfrist behandelt werden, gibt es ein gutes Reinigungsergebnis. Das Einhalten der Bedienungsanleitung ist ganz wichtig. Sonst ist am Ende auch die schöne rote Wagenfarbe ab.
Der abschliessende Blick in den Rundschuppen hat sich gelohnt: Eine der drei historischen Dampfloks steht hier zu einer Kesselreparatur. Und zwei Stellplätze daneben die moderne Ge 4/4 III 642,
die „Teamlok“ . So genannt, weil von allen RhB-Mitarbeitern ein Foto darauf abgebildet ist. Der Vormittag ist wie im Flug vergangen. Ich bedanke mich bei Meister Pargätzi, dass er mir so viel
Einblick in die verschiedenen Bereiche der Rollmaterialwartung gewährt hat. Ich hätte viel versäumt, wenn ich nur drei Stunden Polster gesaugt oder Scheiben geputzt hätte. Zwei Scheiben habe ich
trotzdem von außen geputzt und abgewischt...
Helga, meine Frau, hat am Bahnhof auf mich gewartet und so gehen wir auch zusammen etwas essen. Sie hat sich am Vormittag die Weingegend bei Maienfeld erwandert. Für den Nachmittag ist ein
Einblick ins Rail Control Center geplant, gewissermaßen das Gehirn des Bahnbetriebs. Heinrich Ryffel, der Leiter des RCC empfängt mich und führt mich in sein Büro, um mir einen Überblick über den
Geschäftsbereich Produktion und die darin angesiedelte Netzplanung und Netzsteuerung zu geben. Von hier aus wird der Betrieb im ganzen Netz der RhB gesteuert. Wenn alles im Plan ist, läuft der
Betrieb automatisch, gesteuert vom Siemens-Betriebsleitsystems ILTIS.
In einem Großraumbüro sind kreisförmig die fünf erforderlichen Arbeitsplätze angeordnet. Jeder Mitarbeiter des jungen Teams hat ein Tableau von mindestens acht Flachbildschirmen vor sich. Der
ganze Betrieb wird nur mit der Maus und Tastatur gesteuert. Störungsmeldungen kommen beim Betriebsüberwacher Markus Lehnherr herein. Er entscheidet über die weitere Vorgehensweise und gibt sie
ggf. an den zuständigen regionalen Fahrdienstleiter weiter. Markus Lehnherr zieht einen Stuhl heran und erläutert mir da Geschehen auf den Monitoren. Das ganze Streckennetz kann angezeigt werden.
Jedes Signal, jede Weiche, jedes Blinklicht am Bahnübergang. Natürlich auch das automatische Tunneltor im Rugnuxtunnel am Albula, dass mir gestern Hanspeter Schlegel als Besonderheit gezeigt hat.
Dessen Stimme ertönte eben aus dem Lautsprecher bei Peter Müller. Der ist heute Fahrdienstleiter für die Albulastrecke und sperrt den Streckenabschnitt , wenn der Streckenläufer den Tunnel
durchläuft. Die Züge sind als kleines Leuchtband auf dem Streckenplan abgebildet. Auf einem anderen Bildschirm ist der Fahrplan in grafischer Form, Fahrzeit und Strecke dargestellt. Da sieht man
gleich wo sich die Züge kreuzen. Auf eingleisigen Strecken ganz wichtig. Aber ILTIS sorgt für sicheren Betrieb. Gibt es Verspätungen , wird das im Plan rot hervorgehoben. Heute Nachmittag
normaler Betrieb. Keine besonderen Vorkommnisse.
Danke Markus Lenherr für die Erläuterungen. Am Arbeitsplatz nebenan wird das Kundeninformationsystem KISS von Beat Frei gesteuert. Die Lautsprecheransagen, Laufschriften und Info-Bildschirme an
den Haltestellen werden von hier bedient. Auch das läuft durch die Verknüpfung mit ILTIS im Normalfall automatisch. Besondere Texte, meistens schon formuliert, werden z.B. bei Verspätungen
angeklickt. und die freundliche Stimme aus dem Computer informiert dann die Fahrgäste. Zwischendurch klingelt das Telefon. Das sind Anrufe von den Rufsäulen, die bei den Informationstafeln am
Bahnsteig stehen. Die kommen direkt hier an. An diesem Nachmittag sind es jedoch meist Spaßanrufe von Schülern, die jetzt nach Hause fahren. „Gelegentlich sind auch unflätige Beschimpfungen
dabei“ meint Beat Frei. “Man darf das nicht persönlich nehmen.“ Heinrich Ryffel schaut noch mal vorbei. Will hören, ob ich noch spezielle Fragen habe. Aber mein Wissensdurst ist gestillt. Es ist
schon beeindruckend wie reibungslos und sicher der Bahnbetrieb durch Einsatz modernster Leittechnik funktioniert. Ich mache noch ein paar Fotos.
Dann ist es auch Zeit sich hier von den freundlichen RhB-Mitarbeitern im RCC zu verabschieden. Am Bahnhofskiosk treffe ich mich wieder mit Helga. Bei einem Capuccino erzähle ich ihr etwas von
meinen vielen neuen Eindrücken. Es ist erst 17 Uhr und das Wetter ist super und so fahren wir durchs Prättigau nach Davos. Das Prättigau ist sehr schön. Mit der Strecke Landquart-Davos hat ja die
Geschichte der RhB begonnen...
4.Aktionstag: Führerstandsmitfahrt
Heute ist der letzte Höhepunkt des viertägigen Eisenbahnpraktikums angesagt. Meine erste Etappe geht von Chur über Landquart und Klosters nach Scuol. Dabei fahren wir durch den Vereina-Tunnel.
Der Zug 1225 Abfahrt 8.20 Uhr steht schon bereit. Der Lokführer schaut zur Uhr , dann kommt das Abfahrtsignal des Zugführers. Handbremse lösen, das Rad des Fahrreglers eine Stufe nach rechts
drehen und der Zug setzt sich in Bewegung. Dann zweite Stufe. Schneller wird der Zug. Der Blick nach vorn auf die Schienenstrasse über die gestellten Weichen ist spannend.
Wir fahren durch das morgendliche Prättigau. Die eingleisige Strecke schlängelt sich durch Tunnel und Brücken an den Bergflanken entlang zum Bahnhof des malerischen Bergdorfs Saas. Bereits über
900m hoch. Wir lassen den Gegenzug passieren und haben bald den höchsten Punkt auf diesem Streckenabschnitt erreicht: Klosters mit fast 1200m Höhe. Hier ist auch die Autoverladung für die Fahrt
durch den 19 km langen Vereina-Tunnel, die die gefährliche, ständig Lawinen gefährdete Fahrt über den Flüela-Pass ersetzt. In der Tunnelmitte passieren wir mit Tempo 80 eine lange
Kreuzungsstelle. Für Notfälle gibt es sogar eine Tunnelbeleuchtung. Am Tunnelausgang wartet schon ein Autoverladezug. Die Autofahrer bleiben in ihren PKW sitzen.
Jetzt führt die Strecke 20 km durch das vorfrühlingshafte Unterengadin. Der Lokführer kennt sich bestens aus. Zu jedem Ort und zu jeder Burg weiß er eine Geschichte. Wir erreichen Scuol.
Endstation der RhB. „In der letzten Zeit werden Ideen diskutiert, die Strecke an die wieder eröffnete Vinschgaubahn anzuschließen. Aber dazu müsste der Ofenpaß überwunden werden“, weiß Heinz und
schaltet die Loksteuerung aus. Wir verlassen den Führerstand und gehen zum anderen Zugende. Hier steigen wir in den Steuerwagen. Er hat ein identischen Fahrpult. 10.34 Abfahrt des Zuges der jetzt
1929 heißt. Wir fahren durch waldreiche Landschaft. Im Schatten liegt noch viel Schnee. Die Loipe vom Langlauf-Marathon ist gut zu erkennen. Wildreich sei die Gegend. Leider hat er auch schon
Wildunfälle gehabt. „Da nützt keine Vollbremsung“ meint Heinz Boxler.
Die Gebirgszüge rechts und links vom Tal sind noch tief verschneit und leuchten strahlend weiß vor dem tiefblauen Himmel. Eine Traumlandschaft. Das Tal weitet sich. Wir halten in Samedan mit
seinen umfangreichen Bahnanlagen und Betriebswerkstätten. Dann geht es noch weiter bis Pontresina. Hier beginnt die Berninabahn mit ihrem 750 V –Gleichstromsystem. Der Lokführer muß also schauen,
das er im Bahnhof zu den Gleisen 1und 2 mit dem Strom des Stammnetzes geführt wird. Wir wechseln im selben Zug wieder den Führerstand und fahren um 12.02 Uhr bis Samedan. Dort sind für mich zwei
Stunden Pause.
Ich verabschiede mich von dem so kenntnisreichen „alten Hasen“ Heinz Boxler. Helga und ich nutzen die Zeit, um uns in Samedan die alten Bündner Häuser mit ihren charakteristischen
Scraffitti-Verzierungen anzuschauen. Im Café können wir unsern Cappuccino auf der Terrasse trinken. Die Mittagssonne hier in 1700m Höhe brennt schon richtig. Im Schatten ist es um so kälter.
14.17 ist Abfahrt zurück nach Chur. Die Lok ist jetzt eine Ge4/4 III. Der Lokführer ist Urs Huber. Langjährig bei der SBB hat er aus familiären Gründen zur RhB gewechselt und kommt im Gespräch
immer mal wieder darauf zurück, was bei der Rhätischen anders ist als bei der großen Schwester. Das flexiblere Reagieren auf Betriebsstörungen gefällt ihm schon besser. Wir haben bereits Bever
hinter uns und fahren mit Tempo 80 durch den Albulatunnel. Jetzt wird es gleich spannend.
Es kommt der Abschnitt zwischen Preda und Bergün den ich vorgestern mit Hanspeter Schlegel abgelaufen bin. Und nun die Strecke noch mal aus der Lokführerperspektive erleben. Vorsichtig lässt Urs
den Zug die 35 o/°° abwärts laufen. Nutzt auch die elektrische Rekuperationsbremse der Lok. Speist elektrische Energie in den Fahrdraht zurück und schont die Bremsklötze. Wir fahren über Viadukt
IV , durch eine Galerie, über Viadukt III, durch den Tuoa-Spiraltunnel, über Viadukt II, durch den Rugnux-Tunnel mit dem Tor und dann passieren wir Muot. Dort hatten wir unsere Mittagspause. Die
Lok schaukelt an manchen Abschnitten recht stark. Urs macht eine Meldung über Funk an den Betriebsüberwacher. Der Winter hat dem Oberbau ziemlich zugesetzt. Wieder kommt Bergün unten im Tal in
Sicht. Durch die Kehrschleifen bedingt, liegt es mal rechts und mal links vom Zug. Bergün und Filisur lassen wir hinter uns.
Nach dem nächsten Tunnel fahren wir langsam über den berühmten Landwasser-Viadukt. Welch ein Blick. Vor Solis sind die Signale auf „Rot“. Urs verzögert auf Schritttempo. Eine außerplanmäßige
Kreuzung. Jetzt ist wieder freie Fahrt. Weiter talabwärts. Hangbrücke, Tunnel, Galerie... Kaum ein Meter ohne Kunstbauten. Es ist atemberaubend wie die Strecke sich an den schroffen, felsigen
Hang klammert. Thusis kommt in Sicht.
Hier soll Tibert Keller, Fotograf und Eisenbahnbuch-Autor zusteigen. Er steht am Bahnsteig mit der Kamera im Anschlag. Er kommt mit auf die Lok, um im Auftrag der VDI nachrichten einige Bilder
von mir auf dem Führerstand zu machen. Durch die VDI nachrichten habe ich das Eisenbahnpraktikum gewonnen. Dann will er noch wissen, was mich in den letzten vier Tagen besonders beeindruckt hat.
Ich bin so voll mit vielen besonderen Eindrücken, das es etwas schwierig ist mich aufs wesentliche zu beschränken.
Die letzten Kilometer auf der Ge4/4 III laufen. Bei Dormat/Ems bekommen die Meterspurgleise eine dritte Schiene. So können die normalspurigen Güterwagen der SBB die dortigen großen Holz- und
Chemiebetriebe erreichen. Dann taucht auch schon das markante Glasdach des Churer Bahnhofs auf. Das Einfahrtsignal zeigt Grün. Urs bremst den Zug langsam ab. Der Zug kommt ruckfrei zum Stehen.
Den Ehrgeiz haben alle RhB-Lokführer. Das war auch mein Ehrgeiz in der Zeit als Sylter Inselbahn-Lokführer. Die Erinnerung an diese Zeit kam mir heute mehrmals, als ich von der Lok auf die vor
uns liegende Geleise schaute.
Die heutige Lokmitfahrt war der absolute Höhepunkt von vier sehr spannenden Tagen bei der Rhätischen Bahn. Danke an Marion Neumann von Graubünden Ferien und an Seraina Hartmann von der RhB für
die Organisation. Danke an all die freundlichen und engagierten Mitarbeiter der RhB, die mir diesen ausführlichen Blick in ihre Arbeitswelt gewährt haben. Und schließlich Dank an die Redaktion
der VDI nachrichten, über deren Auswahlverfahren ich zu diesem tollen Erlebnis gekommen bin.
Also dann, alles auf nach Arosa............ Foto: Marcel Manhart