Der SBB-Chef Andreas Meyer stellt sich am 23. September 2010 der Schaffhauser Kritik am Service der SBB. Der Schaffhauser SP-Nationalrat Hans-Jürg Fehr hat Meyer zu einer Diskussion ins BBZ in Schaffhausen eingeladen.
Zu wenig moderne Züge im Bahnhof Schaffhausen? Foto: Marcel Manhart
Wie Hans-Jürg Fehr in einer Mitteilung schreibt, hätten sich die Klagen über schlechte Leistungen der SBB in der Region Schaffhausen in letzter Zeit gehäuft. So hätten sich immer mehr Personen über Verspätungen, veraltetes Wagenmaterial oder den fehlenden Halbstundentakt nach Zürich beklagt. Der Anlass im Berufsbildungszentrum des Kanton Schaffhausen beginnt am 23. September um 19:00 Uhr.
Zwischen 06.07 Uhr und 00.09 Uhr verkehrt stündlich ein Interregio oder Eurocity von Schaffhausen mit Zwischenhalt in Bülach nach Zürich HB. Die ersten beiden Züge am Morgen (06.07h und 07.07h) halten zusätzlich in Neuhausen. Der IR um 00.09 ab Schaffhausen hält in Neuhausen, Bülach und in Zürich Oerlikon. Dazu verkehren noch S-Bahn Züge um 04.54 Uhr, um 05.27 Uhr, um 05.47 Uhr (dieser nur Montag-Freitag), um 06.12 Uhr (ebenfalls nur Montag-Freitag), um 06.25 Uhr, um 06.47 Uhr (nur Montag-Freitag), um 07.12 Uhr (nur Montag-Freitag) und um 07.47 Uhr (Montag-Freitag) via Bülach nach Zürich.
Ab Schaffhausen via Winterthur gelangt man stündlich mit der S16 nach Zürich. Die Züge der S16 verkehren bereits ab Thayngen und halten in Neuhausen, Andelfingen, Winterthur, Effretikon, Zürich Flughafen, Zürich Oerlikon, Zürich Hardbrücke, Zürich HB, Zürich Stadelhofen, Zürich Tiefenbrunnen und verkehren anschliessend weiter bis Herrliberg-Feldmeilen. Ebenso gibt es jeweils Montag-Freitag weitere beschleunigte S-Bahn Züge von Schaffhausen direkt nach Zürich um 06.31 Uhr, 07.01 Uhr und um 07.31 Uhr. Dazu verkehren jeweils die Züge der S-Bahn Linie S33 jede Stunde zwei Mal von Schaffhausen nach Winterthur mit Halt an allen Bahnhöfen und Anschluss in Winterthur auf die Fernverkehrszüge oder die S-Bahnen nach Zürich.
«Wir denken an neue Preiserhöhungen für 2011»
Für SBB-CEO Andreas Meyer ist das Bahnsystem nicht nachhaltig finanziert
Die Tarife steigen im Dezember im Schnitt um 5,9 Prozent. Der Auftakt zu einer ganzen Serie?
Ein besseres Angebot muss sich auch in den Preisen niederschlagen. Wir haben Angebot und Qualität kontinuierlich ausgebaut und tun dies weiter: Mit der Durchmesserlinie in Zürich ab 2013, ebenso ab 2017 mit dem Gotthard-Basistunnel. Klar ist: Das Angebot wird einerseits durch öffentliche Gelder und andererseits durch Billette und Abos finanziert, sprich: durch die Reisenden, die vom Angebot direkt profitieren.
Somit wird Bahnfahren auch 2011 teurer?
Um den Bedürfnissen unserer Kunden gerecht zu werden, investieren wir beispielsweise bis 2030 rund 20 Milliarden Franken in neue Züge. Diese Züge müssen wir aus eigenen Mitteln finanzieren, unter anderem aus dem Verkauf von Abos und Billetten. Darum denken wir an neue Erhöhungen für 2011. Hinzu kommt, dass unser Eisenbahnsystem heute nicht nachhaltig finanziert ist, was weitere Preiserhöhungen unumgänglich machen dürfte: über mehrere Jahre hinweg eventuell sogar insgesamt im zweistelligen Prozentbereich. Aber über Tariferhöhungen entscheiden die SBB nicht alleine, sondern gemeinsam mit allen Schweizer Verkehrsunternehmen.
Wie stark steigen die Preise?
In unseren Planrechnungen gehen wir mal von drei Prozent pro Jahr aus. Und das reicht leider bei weitem nicht, wenn man die beim Bund vorgesehenen Mittel sieht, die den Rest der anfallenden Kosten und Investitionen abdecken sollen. Das ist zwar eine unbequeme Realität - aber alles andere wäre Augenwischerei.
Die SBB verschulden sich immer mehr. Was wollen Sie dagegen tun?
Wir werden nur noch dort investieren, wo auch Geld zurückfliesst. Dann müssen wir auf bessere Rahmenbedingungen hinarbeiten: Wir müssen auch im Regionalverkehr und bei der Energieproduktion mindestens gleich viel einnehmen, wie wir ausgeben. Kleine Gewinne müssen möglich sein. Die Verschuldung der SBB wächst in der Tat besorgniserregend.
Werden Sie mehr Geld vom Bund verlangen?
Ja, das sind wir unseren Kundinnen und Kunden schuldig. Zwar konnten wir den Bund überzeugen, dass wir mehr Geld für den Unterhalt unserer Strecken brauchen. In der Folge wurden für die Leistungsvereinbarung reservierte Gelder umgelenkt. Damit sind die Mittel für kleinere Engpassbeseitigungen komplett ausgefallen. Wir haben dem Bundesrat eine Liste von Projekten im Umfang von 140 Millionen Franken vorgelegt, die aus unserer Sicht trotz allem nicht aufgeschoben werden sollten. So etwa Tunnelanpassungen, damit neue Doppelstockzüge auch ins Wallis fahren können.
Müssten nicht auch die Kantone den Ausbau mitfinanzieren?
Da sehen wir eine neue Entwicklung. Einzelne Kantone und Regionen, etwa Genf, Waadt, Zürich, Luzern und Zug, sind bereit, ihren Teil beizutragen: Sie wissen, dass sie als Wohn- und Wirtschaftsräume von guten Verkehrsanbindungen enorm profitieren.
Nach Leuenbergers Rücktritt könnte Doris Leuthard ins Verkehrsdepartement wechseln.
Eine gute Lösung für die SBB?
Bundesrat Leuenberger hat für den öffentlichen Verkehr sehr viel geleistet. Für die SBB ist aber nicht nur die Nachfolge im Verkehrs-, sondern auch im Finanzdepartement von zentraler Bedeutung. Departementzuteilungen liegen aber deutlich ausserhalb der Reichweite des SBB-Chefs.
EU-Regeln werden Stromimporte in die Schweiz in Zukunft verteuern.
Inwiefern sind die SBB davon betroffen?
Wie alle Marktteilnehmer werden auch wir für Durchleitungen beim Strombezug aus dem Ausland bezahlen. Wir überprüfen, ob wir an diesen Strombezügen festhalten wollen.
Die SBB werden so oder so mehr Energie benötigen.
Werden Sie diese mit der Beteiligung an einem neuen AKW decken?
Zurzeit ist eine Beteiligung an einem neuen AKW für uns kein Thema. Wir setzen auf erneuerbare Energie: Wir investieren in ein Pumpspeicherwerk für Spitzenenergie und verhandeln die Wassernutzungsverträge neu aus. Und bis 2015 wollen wir mehr als zehn Prozent unseres heutigen Energieverbrauchs einsparen. Es gab mehrere Initiativen der Stromwirtschaft, die uns für Neubauprojekte gerne ins Boot holen möchte. Dass wir auf längere Sicht auf andere Optionen angewiesen sein könnten, kann man aber nicht ausschliessen.
In der Öffentlichkeit wurden Sie zuletzt stark kritisiert. Hat Sie das getroffen?
Ich müsste lügen, um Nein zu sagen. Es hat mir wehgetan, wenn ich falsch dargestellt wurde. Trotz aller Kritik: Ich finde meinen Job noch immer faszinierend. Ich arbeite für ein faszinierendes Eisenbahnunternehmen und damit für ein wichtiges Stück Schweiz.
SBB-Kunden werden geschröpft
Vom niedrigen Euro-Kurs profitieren SBB-Kunden bei Fahrten ins Ausland nicht – die Bahn gibt die Kursgewinne nicht weiter. Doch wer online bei der deutschen oder französischen Bahn bucht, spart massiv.
Wer mit der Bahn ins Ausland fährt und sein Bahnticket bei den SBB kauft, hat derzeit das Nachsehen. Die Billette kosten rund 20 Prozent mehr als bei den ausländischen Bahngesellschaften. Die SBB
geben den tiefen Euro-Kurs ihren Kunden nicht weiter.
Eine SBB-Kundin beklagte gegenüber den «Schaffhauser Nachrichten», dass sie für die Strecke von Genf nach Toulon der SBB 91 Franken bezahlt hatte und im Nachhinein merkte, dass sie bei der SNCF
bloss 58.50 Euro – also 76 Franken – bezahlt hätte. Tatsächlich sind die Preisunterschiede massiv: Eine einfache Bahnfahrt von Basel nach Paris kostet bei den SBB 140 Franken. Auf der Website der
französischen Bahngesellschaft SNCF kostet das Ticket dagegen 75.40 Euro – also 98 Franken.
Euro-Wechselkurs nur einmal jährlich festgelegt
Diese Unterschiede kämen wegen des tiefen Euro-Kurses zustande, heisst es bei den SBB. Laut Sprecher Roman Marti legten die SBB einmal im Jahr mit den anderen europäischen Bahnen die Tarife fest,
die sie sich gegenseitig verrechnen werden. Der Wechselkurs für die Verrechnung wurde bereits im Juli 2009 festgelegt. Er ist fix und Kursschwankungen werden nicht berücksichtigt. Derzeit wird
abgeklärt, wie die Systeme angepasst werden können, um stark schwankenden Wechselkursen Rechnung zu tragen. Roman Marti betont: «Genauso gut sind auch Preisvorteile für die Kunden möglich, wie
dies beispielsweise 2006 und 2007 der Fall war.»
Preisüberwacher Stefan Meierhans wurde wegen der hohen SBB-Auslandspreise schon kontaktiert. Die Wechselkurse nur einmal im Jahr festzulegen, sei zwar kein Missbrauch im Sinne des Gesetzes – nämlich dann, wenn es auch zugunsten des Kunden in Zeiten eines schwachen Frankens geschehe. Aber man könne darüber streiten, ob es in Ordnung sei. Dass die SBB dieses Thema trotz internationaler Schwierigkeiten prüfen wollen, freut Meierhans: «Hauptsache ist, es geht etwas.»
UPDATE vom 24. September 2010
SBB: Ab 2016 nur noch halbe Stunde nach Zürich!
In sechs Jahren dauert die Zugstrecke von Schaffhausen nach Zürich nur noch eine halbe Stunde. Das hat gestern der SBB-Chef
Andreas Meyer gegenüber Radio Munot versprochen. Meyer reagierte damit auf die Kritik aus der Schaffhauser Bevölkerung. Zudem werden bereits ab 2012 neue Züge auf der Strecke Schaffhausen Zürich
eingesetzt. Meyer stellte sich gestern im BBZ Schaffhausen der Kritik aus der Bevölkerung. Der von der SP organisierte Anlass war gut besucht.