Die ÖBB erzeugen rund 36 Prozent des Stroms selbst

Mithilfe von zehn Wasserkraftwerken produzieren die Österreichischen Bundesbahnen mehr als ein Drittel ihres Strombedarfs selbst, der Anteil der Erneuerbaren macht dabei 93 Prozent aus.

Dazu planen die ÖBB im Ötztal ein neues Kraftwerk, in Konkurrenz zur Tiwag.

 

Bericht SOLID - Wirtschaft und Technik am Bau

 

Die ÖBB erzeugen in ihren zehn Wasserkraftwerken rund 36 Prozent ihres Bahn-Strombedarfs, 27 Prozent kommen aus langfristigen Lieferverträgen mit Partnern wie beispielsweise dem Verbund. Die restlichen 37 Prozent werden am Markt zugekauft. Der Anteil erneuerbarer Energieträger liegt bei 93 Prozent. Die Wasserkraft soll ausgebaut, die Eigenerzeugung bis 2014 um ein Viertel gesteigert werden.

Die Bahn setze konsequent auf ökologische Energie, "da leisten unsere Kraftwerke einen wichtigen Beitrag", betont ÖBB-Chef Christian Kern. Zum Polit-Tauziehen rund um die Kraftwerke der ÖBB sagt Kern: "Für uns ist das keine politische, sondern eine betriebswirtschaftliche Frage."

Fahrleitungsarbeiten in Wien Hütteldorf                                       Foto: Marcel Manhart

 

Die zehn Wasserkraftwerke der ÖBB haben zusammen eine Leistung von 306 MW. Zum Vergleich: Das Donaukraftwerk Wien-Freudenau hat rund 170 MW. Acht Wasserkraftwerke sind für Bahnstrom (Frequenz von 16,7 Hertz) und zwei für 50-Hertz-Strom ausgerichtet. Die ÖBB besitzen weiters fünf Umformerwerke und ein Umrichterwerk, in denen der "normale" 50-Hertz-Strom in Bahnstrom umgewandelt wird, der eine Frequenz von 16,7 Hertz hat. Weiters gehören zu den ÖBB-eigenen Anlagen noch 60 Umspannwerke (sogenannte Unterwerke) und 5 Speicherseen in Vorarlberg, Tirol und Salzburg.

Neues Kraftwerk in Salzburg geplant
Das Erzeugungszentrum liegt in Salzburg: Die Kraftwerksgruppe Stubachtal in Tauernmoos umfasst derzeit vier Anlagen - Enzingerboden, Schneiderau, Uttendorf I und II - in denen mehr als 60 Prozent der ÖBB-Eigenerzeugung produziert werden. Hier ist ein neues Pumpspeicherkraftwerk geplant. Als aktuelles Projekt nennen die ÖBB weiters die umstrittene Beileitung Ost, mit der das Vorarlberger Kraftwerk Spullersee ausgebaut werden soll. Im Ötztal soll - in Konkurrenz zur Tiwag - ein neues Kraftwerk gebaut werden.

Das Bahn-Stromleitungsnetz umfasst mehr als 2.000 Kilometer. Das gesamte Streckennetz der ÖBB (inklusive stillgelegter Strecken) ist 5.600 Kilometer lang, nicht alle sind elektrifiziert.

Der Stromverbrauch der ÖBB lag 2009 bei 1.926 Gigawattstunden (GWh) Bahnstrom (16,7 Hertz) sowie 264 Gigawattstunden "Normalstrom" (Frequenz von 50 Hertz). Das entspricht dem durchschnittlichen Stromverbrauch von rund 550.000 Haushalten oder in etwa jenem des Bundeslandes Vorarlberg.

Die ÖBB verweisen auch auf ihre Energieeffizienz: Es wird heute nicht mehr Strom verbraucht als vor fünf Jahren, obwohl die Anzahl der transportierten Güter und Personen seither um mehr als 10 Prozent gestiegen ist. Beliefert werden auch fremde Eisenbahn-Unternehmen, auf dem ÖBB-Netz sind im Güterverkehr rund 20 verschiedene Unternehmen unterwegs.

Das geplante Investitionsvolumen des Bereichs Kraftwerke, der unter anderem auch für Einkauf, Handel und Energieeffizienz zuständig ist, wird für den Zeitraum 2004 bis 2016 mit rund 700 Millionen Euro angegeben. Beschäftigt sind in dem der ÖBB-Infrastruktur AG zugeordneten Bereich rund 250 Mitarbeiter. Die Gesamterträge lagen 2009 bei 417 Millionen Euro.

 

 

Mehr zum Thema: "ÖBB ist gegenüber Verbund zwei Mal diskriminiert"

WirtschaftsBlatt: Die ÖVP will für den Verbund eine Kapitalerhöhung von einer

Milliarde €. Dieser könnte der finanzmaroden ÖBB dann ihre Kraftwerke für 500 Millionen abkaufen. Wie stehen Sie dazu?

 

Horst Pöchhacker, ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzender: Die ÖBB braucht ihre Kraftwerke selbst. Das ist eine Kostenfrage für die Bahn -abgesehen davon, dass wir eine eigene Stromfrequenz haben und Energiefragen und E-Mobility auch im Infrastrukturministerium ein wichtiges Anliegen sind. Die Strategie der ÖVP ist hier leicht zu durchschauen.

Inwiefern?

Die ÖBB ist gegenüber dem Verbund zwei Mal diskriminiert. Die Bahn musste wegen Spekulationsgeschäften, die auf das Konto von der schwarz-blauen Regierung eingesetzten Managern gehen, knapp 300 Millionen € abschreiben. Jetzt muss sie auch noch fast 300 Millionen € Steuern für Pflegegeldvergütungen und Fahrpreisermäßigungen nachzahlen.

 

Ursprünglich war ja von bis zu einer Milliarde € die Rede.

Es besteht auch weiter ein Drohpotenzial des Finanzministeriums in dieser Größenordnung. Die Republik gewinnt hier aber keinen €.Da geht es nur um Mittelumschichtungen vom Infrastruktur - zum Finanzministerium. Das ist eine rein parteipolitische Maßnahme.

 

Fürchten Sie um die Eigenkapitalsituation der ÖBB?

Wenn wir im Gegensatz zum Verbund keine Kapitalerhöhung bekommen und wegen der Zahlungen ans Finanzministerium unsere Eigenkapitalquote weiter absinkt, ist das eine abstruse Strategie. Und dann soll die ÖBB das vielleicht noch durch den Verkauf der Kraftwerke reparieren und die Rail Cargo an die ÖIAG übertragen.

Und noch etwas: Die ÖVP ist im Aufsichtsrat der Bahn seit jeher besser repräsentiert als die SPÖ im Verbund.

 

Sie halten die Linie der ÖVP also für nicht aufrichtig?

Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka macht auf Sorgenfalten wegen der ÖBB-Eigenkapitalquote und die ÖVP wirkt daran mit, dass diese sinkt. Und Verkehrssprecher Ferdinand Maier lässt die ÖVP-Mitglieder im Holding-Aufsichtsrat abziehen, mit dem Argument, sie seien überstimmt worden. Das ist absolut falsch. Es hat immer einstim mige Beschlüsse gegeben. Das ist nur geschehen, weil Ex-SBB-Manager Paul Blumenthal Holding-Aufsichtsrat geworden ist und nicht Ex-ÖVP-Staatssekretär Helmut Kukacka.

 

Ist das nicht schlecht für das operative Geschäft?

Mein Wunsch ist, dass sich die Regierung wieder einiger ist und vernünftige Entscheidungen für die ÖBB getroffen werden. Aber auch für die Asfinag, es geht schließlich um die Infrastrukturpolitik insgesamt, die entscheidend für den Wirtschaftsstandort ist.

Die ÖBB muss aber auch besser werden; zum Beispiel beim Pensionsantrittsalter, das die ÖVP zu Recht kritisiert.

Hier hat die Volkspartei ebenfalls ihren Teil dazu beigetragen, denn in schwarzblauen Zeiten wurden sogar Unter-50-Jährige pensioniert. Das hat den Schnitt gesenkt.

 

Wie sieht es mit der von Ministerin Doris Bures geforderten Anhebung des Pensionsantrittsalters von jährlich einem Jahr aus?

Die geht voran und wird gelingen. Seit 1996 fällt jeder Neueintritt unter die ASVG-Regelungen. Der letzte Beamte bei der ÖBB wird dann 2040 in Pension gehen.

 

Wie erfolgreich ist die Bahn bei Verspätungen, die zuletzt für viel Unmut gesorgt haben? Unter schwarz-blau wurden die Großbaustellen forciert und Investitionen in das Bestandsnetz vernachlässigt. Deshalb wurde ab 2008 in die Strecken investiert, wodurch die Langsamfahrstellen enorm anstiegen. Statt wie früher bei 70 Prozent Pünktlichkeit liegen wir jetzt bereits wieder 80 bis 90 Prozent. Tendenziell wird es besser.

 

Wird die ÖBB jemals einen so perfekt abgestimmten Taktfahrplan bekommen wie die Schweizer Bahn?

Die Schweiz ist vorbildlich und hat frühzeitig Maßstäbe gesetzt. Die ÖBB ist dabei, sich anzunähern. 2011 werden die Fahrgäste schon spüren und 2012 werden wir ein gutes Niveau haben. Blumenthal ist da ein perfekter Berater.

 

Wie sieht es wirtschaftlich aus?

Oberstes Ziel sind operative Verbesserungen und weitere Einsparungen. Auch hier stimmt die Fahrtrichtung.