Wie die Kantonspolizei Wallis mitteilt, sind am 23. Juni 2010, um kurz vor 12 Uhr, zwischen den Bahnhöfen Lax und Fiesch Feriendorf, im Kanton Wallis, drei Wagen des mit 210 Personen besetzten und relativ langsam fahrenden GLACIER EXPRESS, mit der Zugnummer 906, Zermatt – St. Moritz entgleist. Beim Unglück ist eine Person getötet worden, 42 Personen wurden verletzt, 12 davon schwer.
Die Bergung der verunglückten Eisenbahnwagen ist noch im Gang, die Bahnlinie dürfte voraussichtlich erst am Sonntag wieder geöffnet werden können.
Von Sandro Hartmeier - Bericht auf Bahnonline
Die Unfallstelle befindet sich beim Viadukt zwischen den Orten Lax und Fiesch im Obergoms, ungefähr 400 Meter vor der Station Fiesch-Feriendorf entfernt. An Bord der betroffenen Wagen befanden
sich Touristen aus Japan. Alle Personen sind aus dem Zug gebracht und versorgt oder in Spitäler gebracht worden. Die unverletzten Reisenden werden psychologisch betreut.
Zwei der 3 entgleisten Wagen – darunter der Servicewagen – gerieten in Schieflage, einer kippte und stürzte die Böschung hinab. Alle 3 Wagen sind massiv beschädigt worden. Der GLACIER EXPRESS
bestand aus einer Lok der Reihe HGe 4/4 II und 6 GLACIER EXPRESS-Wagen der neuesten Bauart. Die Lok und die drei dahinter folgenden Wagen blieben beim Unglück unbeschädigt.
Sieben Helikopter und mehrere Feuerwehrmänner, Samariter sowie Polizisten waren im Einsatz. Alle Hilfskräfte, die in der Region mobilisiert werden konnten, seien vor Ort gewesen, hiess es
weiter.
Derzeit ist unklar, wie es überhaupt zum Unfall kam. Laut Gerüchten soll der Servicewagen als erster entgleist sein, die Rede ist auch von einem Achsbruch, Verformungen am Gleis wegen grosser
Temperaturschwankungen oder überhöhter Geschwindigkeit. Auf dem betroffenen Streckenabschnitt fanden kürzlich Unterhaltsarbeiten statt.
Ein Zug des Glacier-Express auf seiner Fahrt Archivfoto: Marcel Manhart
Aufgrund des Unfalls ist der Bahnverkehr der matterhorn gotthard bahn, auf der Linie Brig – Andermatt, zwischen Lax und Fiesch für unbestimmte Zeit unterbrochen. Fahrleitungsmasten und die
Fahrleitung selbst wurden erheblich beschädigt, auch das Gleis muss gerichtet werden.
Die Züge fallen zwischen Lax und Fiesch aus. Es verkehren Bahnersatzbusse Lax – Fiesch. Reisende von Brig/Visp nach Chur, St.Moritz, Arth-Goldau, Bellinzona und Chiasso oder umgekehrt reisen via
Bern – Zürich HB. Die Strasse ist nach einer Totalsperrung im betroffenen Abschnitt wieder einspurig befahrbar.
Weitere Informationen erhalten Sie unter Hotline 0041 27 923 13 33
Eine Telefonhotline mit der Nummer 0041 84 811 21 17 wurde für die Angehörigen der Zugpassagiere
eingerichtet.
Formation des betroffenen Glacier Express 906 Grafik: Sandro Hartmeir -Bahnonline
Die Strecke Brig - Oberwald Grafik: Matterhorn Gotthard Bahn
UPDATE vom
24.07.2010 um 22.40h:
Über 40 Menschen wurden bei dem Unfall eines GlacierExpress zwischen Fiesch und Lax verletzt, eine Person kam ums Leben. Auf der Strecke wurden jüngst Gleisarbeiten durchgeführt.
Zum Unfall kam es am Freitag kurz nach 12 Uhr. Der «Glacier Express» verunglückte in der Nähe des Viadukts zwischen Lax VS und Fiesch VS. Er war von Brig in Richtung Oberwald unterwegs, als zwei
Wagen aus den Schienen sprangen und ein dritter umkippte. Die beiden hintersten Wagen waren am schwersten betroffen. Sie waren vor allem mit japanischen Touristen besetzt. Im drittletzten Wagen,
dem Speisewagen, traf es zumeist Dienstpersonal.
12 Passagiere wurden schwer-, 10 mittel- und 20 leichtverletzt. Eine Person verlor ihr Leben. Die Schwerverletzten wurden in die Spitäler in Lausanne und Bern geflogen. Die anderen brachten die
Rettungskräfte in die umliegenden Krankenhäuser Visp, Siders, Sitten.
Viele japanische Touristen betroffen
Laut einem Sprecher der Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB) waren 210 Personen im verunglückten Zug. In den beiden gekippten Zugwagen waren vor allem japanische Touristen. Lange sei kein Dolmetscher
gefunden worden, dies hätte die Bergungs- und Rettungsarbeiten erschwert.
Der MGB-Sprecher sprach den Betroffenen sein Beileid aus und zeigte sich schwer betroffen. Das Unglück sei auch ein grosser Schlag für sein Unternehmen. «Das ist ein trauriges Ereignis für
Fiesch», sagte der Gemeindepräsident Klaus Russi an der Pressekonferenz.
Neues Rollmaterial
Über die Unglücksursache ist noch nichts bekannt. Die Ermittlungen wurden aufgenommen. Das Rollmaterial sei relativ neu, so der MGB-Sprecher. Auf der Strecke hätten jüngst Gleisarbeiten
stattgefunden. Er konnte allerdings nicht sagen, ob das an dieser Stelle war.
Die Rettung der Passagiere war am Nachmittag um 15 Uhr abgeschlossen. «Die Wagen sind komplett evakuiert», so der Reporter von Radio Rottu. 15 Ärzte, 11 Krankenwagen und sieben Helikopter seien
im Einsatz gestanden. Insgesamt standen mehrere Dutzend Rettungskräfte im Einsatz.
Mit Stahlseilen gesichert
Die Bergung der verunglückten Eisenbahnwagen ist noch im Gang. Diese gestaltet sich schwierig. Der Wagen, der über einer Böschung «hängt», wurde mit Stahlseilen gesichert. Die Ursache des
Unglücks sei noch unklar.
Ein Reporter meldete, der Unfall habe sich am ungünstigsten Ort ereignet. Die Schwerverletzten mussten deshalb per Helikopter ausgeflogen werden. Für die Leichtverletzten war beim Feriendorf
Fiesch eine Sammelstelle eingerichtet worden.
Die Matterhorn Gotthard Bahn ist in astreinem Zustand, sagt ein Experte. War dennoch ein Achsenbruch Grund für den Unfall? Oder doch eher ein Erdrutsch?
«Die Matterhorn Gotthard Bahn ist bei weitem keine Problemlinie», sagt Edwin Dutler, Zentralpräsident des Vereins Pro Bahn Schweiz, der die Unfallstrecke gut kennt und da auch als Reiseleiter
unterwegs ist. «Es handelt sich um das neueste Rollmaterial», sagt er. Da brauche es schon eine massive Auswirkung, damit ein Zug entgleist. Dutler vermutet, dass die Witterung Schuld am Unfall
sein könnte. «Vielleicht ein Erdrutsch – aber das ist reine Spekulation.» Kaum sei etwas auf der Schiene, könne es zu einer Entgleisung des Zugs kommen.
«Wahnsinnige Herausforderungen»
Dass, wie von Augenzeugen berichtet, der drittletzte Wagen zuerst umgekippt sein und die anderen mitgerissen haben soll, kann sich Dutler nicht erklären. «Ich kann mir keinen Reim daraus machen»,
sagt er. Auch ob womöglich ein Achsenbruch den Zug hat entgleisen lassen, will er nicht kommentieren. «Wir müssen nun die Informationen der Polizei abwarten.»
Der Experte warnt aber vor den Folgen der Klimaerwärmung: «Die dadurch verstärkten Unwetter stellen uns vor wahnsinnige Herausforderungen. Der Klimawandel wird uns noch Probleme machen.»
Tatsächlich werden nicht selten Bahngleise von Erdrutschen verschüttet. Im April dieses Jahres entgleiste deswegen im Südtirol ein Zug. Sieben Personen kamen uns Leben, 20 wurden verletzt. Anfang
Juli verschüttete ein Erdrutsch die Bahngleise zwischen Morteratsch und Bernina Suot in Graubünden.
Bericht SF Schweiz Aktuell vom 23. Juli 2010
Bericht SF Tagesschau vom 23. Juli 2010