Kosten und private Verbindungen ärgern Politiker aller Lager
Dass die SBB selbst mittlere Kaderpositionen mit Hilfe einer externen Firma besetzen, provoziert Kritik. Erst recht, weil dort der Ehemann einer SBB-Personalchefin arbeitet.
Am letzten Juni-Wochenende suchte das Institut für emotionale Kompetenz (iek) per Stelleninserat in der Zeitung Bewerberinnen und Bewerber für einen Leitungs-Posten in der innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildung bei den SBB. «Ihre Kernaufgabe liegt in der fachlichen Ausbildung der Mitarbeitenden aus den Bereichen technische Instandhaltung, Reinigung und Rangier», heisst es im Text. Die Leitungsposition schliesse zudem die Führung der Abteilung – sie gehört zur Division Personenverkehr – mit etwa 30 Mitarbeitenden ein. Für seine Auftraggeberin, die SBB, führe das iek das Bewerbungsverfahren für diese Stelle durch, erklärt das Institut im Inserat.
Hohe Rekrutierungskosten
Nachdem SBB-CEO Andreas Meyer in den letzten Monaten unter anderem wegen seines Führungsstils in die Kritik geraten ist, sorgt nun die grosszügige Vergabe von Aufträgen für die externe
Personalrekrutierung für neuen Unmut. Dass die Bundesbahnen selbst Kaderleute, die nicht zum obersten Management gehören, von aussenstehenden Fachleuten suchen lassen, erstaunt – nur schon
deshalb, weil sie in der eigenen Personalabteilung mehrere hundert Leute beschäftigen, davon rund 120 Spezialisten für den Bereich Human Resources. Intern gibt zudem zu reden, dass die
Personalchefin der zuständigen Division Personenverkehr mit einem Mitarbeiter des iek verheiratet ist. «Abgesehen davon, dass es fraglich ist, für diese Stufe ein aussenstehendes Unternehmen zu
beauftragen und Kosten zu verursachen, wirft die private Konstellation Fragen auf», sagt ein SBB-Angestellter.
Die Rekrutierung für eine solche Stelle kostet nach Angabe von Branchenkennern rund 20 000 Franken, für die Besetzung von Positionen im Topkader verlangen spezialisierte Firmen ein Mehrfaches. Im
vergangenen Jahr gaben die SBB für externe Aufträge, um Personal anzuheuern, 2,5 Millionen Franken aus, wie der Bundesrat am 7. Juni auf eine entsprechende Frage von SVP-Nationalrat Christoph von
Rotz bekannt gab.
Die gängige Praxis der SBB sorgt nun nach dem jüngsten Auftrag an das iek, das mit der Besetzung einer tiefen Führungscharge betraut wurde, für heftige Reaktionen. Verkehrspolitiker von links bis
rechts sind sich in ihrer Kritik einig: «Leute über externe Firmen oder Headhunter suchen zu lassen, ist nur in ganz seltenen Fällen angebracht», sagt SP-Nationalrat Andrea Hämmerle. «Je tiefer
die Charge, desto unnötiger ist ein solches Verfahren.» Für FDP-Nationalrat Markus Hutter haben die SBB «entweder zu viel Geld oder die Personalrekrutierung nicht im Griff». In einer Zeit, da das
Unternehmen für die Sanierung seiner Pensionskasse zusätzliche Steuermittel fordere, sei derartiges Gebaren «besonders unglaubwürdig und unsensibel». Im Fall der Stelle in der Aus- und
Weiterbildung scheine ihm das Beiziehen einer Personalmanagement-Firma «unnötig», hält CVP-Nationalrat Urs Hany fest. Wenn dann noch persönliche Verbindungen mitgespielt haben sollten, sei das
«zusätzlich unschön». SVP-Ständerat This Jenny sieht keinen Sinn darin, nicht hochspezialisierte Posten über aussenstehende Fachleute besetzen zu lassen. «Das wird unnötig teuer.» Die vorliegende
Konstellation mit den bei SBB und iek tätigen Ehepartnern bezeichnet Jenny als «befremdend». «Falls unter der Hand Aufträge vergeben werden, geht das nicht an.»
Über 20 Partnerfirmen
SBB-Sprecher Reto Kormann weist darauf hin, dass sein Unternehmen bei der Personalrekrutierung mit «über zwei Dutzend» Firmen zusammenarbeite. Der Konzern mit 28 000 Mitarbeitenden habe jährlich
rund 1500 Stellen zu besetzen, und mit externen Vergaben seien Spitzenbelastungen aufzufangen. Zudem verfügen diese Spezialisten laut Kormann in unterschiedlichen Branchen über Marktkenntnisse
und ein gutes Beziehungsnetz. «Die Aufträge werden fallweise erteilt, und das iek zählt gemessen am Auftragsvolumen nicht zu den Grossen.» In Bezug auf die vom iek ausgeschriebene Stelle in der
Aus- und Weiterbildung lässt der SBB-Sprecher verlauten: «Die Personalchefin der Division Personenverkehr war an der Auftragsvergabe nicht beteiligt.»
Das iek arbeite bereits seit 2003 für die Bundesbahnen. Der Ehemann der SBB-Kaderfrau sei jedoch erst seit gut einem Jahr bei ihrer Gesellschaft tätig, betont Verwaltungsratspräsidentin Karin
Grisenti. Das Institut erhalte zudem lediglich vereinzelt Aufträge von den Bahnen, die in Spitzenzeiten und wenn spezielle Netzwerke gefragt seien auf seine Dienste zurückgriffen. «Die SBB sind
ein guter Kunde für uns, aber nur einer von vielen», hält Grisenti fest.