9000 Züge sind jeden Tag in der Schweiz unterwegs, 900‘000 Personen nutzen täglich die SBB. Doch das Unternehmen leidet am eigenen Erfolg und kommt an seine Grenzen. Die «Rundschau» hat hineingeschaut in das extrem komplexe und eng verzahnte Schweizer Eisenbahnsystem.
«Man ist schon langsam an der Grenze von der Auslastung her», sagt Heinz Egger, SBB-Chefmonteur und zuständig für eine der rund einhundert SBB-Baustellen. Statt 25 Jahre muss neuerdings alle 15 Jahre eine Totalsanierung gemacht werden: Schienen austauschen, Schwellen erneuern, den Schotter reinigen. Grund ist der dichte Fahrplan in immer kürzeren Zeitfenstern. «Wir haben zu wenige Wochenenden zum Umbauen, wir sind zum Teil auch personell am Anschlag», sagt Instandhaltungs-Projektleiter Ernst Küng.
Geld fliesst in Neustrecken - und fehlt beim Unterhalt
Um 47 Prozent ist die Netzbelastung seit 1995 gestiegen. Und seitdem ist der Unterhalt vernachlässigt worden: Laut einem externes Netzaudit haben anlagenbedingte Gleisverformungen und
Schienenbrüche seit 2005 um mehr als zwei Drittel zugenommen.
Seit 15 Jahren wurde stark in den Netzausbau investiert, ohne vom Bund mehr Geld erhalten zu haben. «Das ist das Geld, das jetzt fehlt für den Unterhalt», bestätigt Ulrich Weidmann.
«Handwerkliche Berufe zugunsten von Kopfarbeit entwertet»
Mit Blick auf die Zukunft vermisst der Professor für Verkehrssysteme an der ETH Zürich den Mut zum grossen Wurf. Hochgeschwindigkeit ist für ihn im Rahmen von Bahn 2030 machbar, die Strecke St.
Gallen – Genf könnte um über eine Stunde verkürzt werden. «Eigentlich müsste so eine Vision in dem jetzt aufgespannten Finanzrahmen von 12 bis 21 Milliarden Franken Platz haben.»
Die 28'000 Mitarbeiter der SBB müssen in immer kürzerer Zeit immer mehr leisten. Rangierern bleibt nur wenig Zeit, um in Bahnhöfen Wagen an- oder abzuhängen.
«Auch wenn es Verspätungen gibt, müssen wir schauen, dass wir unsere Arbeit so schnell und so sicher wie möglich machen.» Rangierer wie Hans Meile arbeiten im Gefahrenbereich und sind körperlich
schwer belastet.
«Handwerkliche Berufe werden zugunsten von Kopfarbeit entwertet», empört sich Manuel Avallone. Der Vizepräsident der Gewerkschaft SEV kritisiert die Umverteilung nach oben.
Zumal er einen Vertrauensschwund in die Konzernleitung feststellt und irritiert ist, dass dagegen nichts unternommen wird. Im Rundschau-Studio befragt Sonja Hasler den Schweizer Beamten mit dem
höchsten Lohn: SBB-Konzernchef Andreas Meyer.