S-Bahn soll in der Grenzregion Österreich - Liechtenstein - Schweiz das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs werden

Was die Autobahn A 13 für den Auto- und Lastwagenverkehr ist, soll die S-Bahn FL.A.CH von Feldkirch über Schaan und Buchs nach Sargans für den öffentlichen Verkehr werden – ein zentrales Element für die Erreichbarkeit der Region.

 

Von Richard Brunhart - Liechtensteiner Vaterland

Bahnhof Schaan-Vaduz                                                                 Foto: Marcel Manhart

 

Der Bewegungsraum der Menschen ist in den vergangenen Jahrzehnten enorm angewachsen. Moderne Verkehrsmittel erlauben, in der gleichen Zeit längere Wege zurückzulegen. Und diese Möglichkeit wird auch genutzt: Bereits 70 Prozent der erwerbstätigen Schweizer arbeiten nicht in ihrer Wohngemeinde. Die politischen Strukturen haben diese Entwicklung nicht in allen Bereichen mitgemacht – insbesondere in der Siedlungsentwicklung.


Da sich diese Strukturen nicht so rasch ändern werden, sind die Gemeinden angehalten, in der Siedlungs- und Verkehrspolitik zusammenzuarbeiten – auch grenzüberschreitend. Die Gemeinden Liechtensteins und Werdenbergs haben zu diesem Zweck vor einem guten halben Jahr den Verein «Agglomeration Werdenberg-Liechtenstein» gegründet. Wie wichtig diese Zusammenarbeit ist, um die Entwicklung zu optimieren und Fehlentwicklungen gegenzusteuern, wurde gestern an der ersten Informationskonferenz, die vor allem die Gemeinderäte ansprechen sollte, vielfach hervorgehoben.

Erreichbarkeit ist regionale Aufgabe
Regierungsrätin Renate Müssner erklärte, dass vor allem für ein Land wie Liechtenstein, in das viele Arbeitskräfte aus dem Ausland einpendeln, die Erreichbarkeit eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft ist. Doch alleine könne Liechtenstein dies nicht sicherstellen. Nur wenn die umliegenden Regionen über eine Verkehrsanbindung an die Metropolitanzentren – insbesondere Zürich, München oder Mailand – und internationale Flughäfen sicherstellen könnten, könne auch Liechtenstein von diesen Verbindungen profitieren und sich im internationalen Wettbewerb behaupten.


«Es liegt also im Interesse Werdenbergs und auch im Interesse Liechtensteins, uns zu koordinieren und mit einer Stimme nach Aussen aufzutreten», sagte Müssner. Wenn beide gemeinsam sprechen, könnten sie in Bern mehr Gehör erhalten. Die Regierungsrätin erwartet, dass dieser Wechsel der Sichtweise im Bereich Raumentwicklung von Innen nach Aussen schwierig wird. Die aufgrund der Strukturen während langer Zeit eingeübte Sichtweise bricht jedoch langsam auf.


Der Hausherr Gregor Ott, Gemeindevorsteher von Eschen, erklärte, dass verschiedene Beispiele aus anderen Bereichen zeigen, wie erfolgreich die Zusammenarbeit in der Vergangenheit war – beispielsweise führte sie zum Bau der Dampfleitung von Buchs nach Schaan. Er ist zuversichtlich, dass auch im Agglomerationsprojekt eine erfolgreiche, konstruktive Zusammenarbeit gelingen wird.

Den öffentlichen Verkehr verbessern
Den Test aufs Exempel, wie weit bei den Gemeinderäten das Denken über den Tellerrand verbreitet ist, machte Remo Looser vom Ressort Umwelt, Raum, Land- und Waldwirtschaft. Er fragte die zahlreich erschienenen Gemeindevertreter, wer von ihnen die Petition zum Doppelspurausbau Buchs-Sargans bereits unterschrieben hat. Jene, die dies noch nicht getan haben, rief er dazu auf, dies nachzuholen. «Denn eines ist sicher: Liechtenstein profitiert erheblich, wenn diese Initiative in Bern Gehör findet und Erfolg hat», sagte Looser.
Zusammen mit der Verbindung von Feldkirch bis Buchs sollte diese S-Bahn das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in der Region bilden. Denn, wie Vereinspräsident Daniel Gut, Gemeindepräsident von Buchs, eines der Ergebnisse der bisherigen Arbeit festhielt, liegt das grösste Verbesserungspotenzial der Region in einer optimaleren grossräumigen Anbindung im Bereich öffentlicher Verkehr.

Standortqualität bietet Chancen
Die Ergebnisse der bisherigen Arbeit im Detail stellte Stephan Erne vom Ingenieurunternehmen ewp AG vor. Als Stärken der Region bezeichnete Erne die intakten Naturräume – ein Standortfaktor, der immer mehr an Gewicht gewinne -, den kleinräumigen Verkehr mit relativ viel Binnenpendlern und die Autobahn A 13 – ein leistungsfähiges Rückgrat für den motorisierten Individualverkehr. Ein Pendant im öffentlichen Verkehr fehlt jedoch, was als eine der Schwächen ausgemacht wurde. Zudem gebe es Engpässe im grenzüberschreitenden Verkehr und die Siedlungsdichte sei gering.
Wächst die Anzahl Arbeitsplätze in der Region weiter an, drohen Verkehrsüberlastung und Attraktivitätsverluste von Zentren. Zudem könnte das Problem der Zersiedelung verschärft werden, was eine geringere Dichte des öffentlichen Verkehrs zur Folge hätte. Diese würde ihrerseits zu mehr Stauereignissen führen, was die Zentren noch weniger attraktiv macht und die Zersiedelung weiter antreibt – ein Teufelskreis. Ausserdem ist diese Entwicklung nicht nachhaltig.


Insbesondere mit einem Rückgrat S-Bahn soll dieser Entwicklung entgegengewirkt werden. Bei einem gut ausgearbeiteten Konzept könnten dazu auch Bundesmittel über die Grenze fliessen, hielt Ueli Strauss vom Amt für Raumentwicklung und Geoinformation St. Gallen fest. An der S-Bahn sollten sich neben dem Verkehr auch weitere Teilstrategien orientieren. Unter anderem ist eine Ansiedelung von Gewerbe- und Industriestandorten an der S-Bahn erwünscht. Zudem sollten regionale Zentren dichter werden, sodass kurze Wege vorherrschen und viel Verkehr vermieden werden kann. Nicht vermeidbarer Verkehr sollte möglichst auf öffentlichen Verkehr verlagert oder verträglich gestaltet werden.