Ein unpolitisches Management sei das wichtigste für die ÖBB, meint der frühere Chef der Schweizerischen Bundesbahnen. Die Bahn besetzt inzwischen eine neue Abteilung mit Verbindungsleuten zu SPÖ und ÖVP.
Der frühere Chef der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), Benedikt Weibel, sieht die ÖBB für die Zukunft "nicht sehr gut positioniert". Das Image der Österreichischen Bundesbahnen sei problematisch, ihre Struktur kompliziert und die Besetzung des österreichischen Bahnchefs "immer noch eine politische", meint Weibel in einem Interview in der Samstagausgabe der "Salzburger Nachrichten".
Das wichtigste sei wohl "das Management der ÖBB von der Politik abzuhängen", meinte Weibel, der seit 2005 nicht mehr SBB-Chef ist. "Das ist in der Schweiz seit 1999 vorbildlich gelöst. Regierung
und Parlament beschließen eine Leistungsvereinbarung. Innerhalb dieses Rahmens muss das Management - das unpolitisch ist - die Arbeit machen." Weibel ist Aufsichtsratschef in der privaten
"Westbahn" des Bauunternehmers Hans Peter Haselsteiner.
Verbindungsleute zu SPÖ und ÖVP
Wie die SN am Samstag ferner berichten, soll der ehemalige Pressesprecher von Bildungsministerin Claudia Schmied, Nikolaus Pelinka, in die neu geschaffene Abteilung "Public Affairs" einziehen.
Der 23-jährige soll seine Kontakte in die SPÖ für politisches Lobbying nützen. Als Pendant für den heißen Draht zur ÖVP soll der 2007 in die ÖBB-Dienstleistungsgesellschaft gehievte einstige
Kabinettschef von mehreren ÖVP-Innenministern, Philipp Ita, fungieren. Neue ÖBB-Kommunikationschefin wird laut SN die bisherige Medienmanagerin Kristin Hanusch-Linser.
Im Krebser in Thun stellte Benedikt Weibel sein neues Buch «Von der Schublade ins Hirn» vor. Sein Referat war gespickt mit Beispielen aus der Zeit als CEO der SBB. Aber auch die aktuellen weltweiten Krisen kamen zur Sprache.
«Den Stein ins Rollen brachten die Führungsrichtlinien der Schweizerischen Bundesbahnen», erklärt Benedikt Weibel die Herausgabe seines neuen Buches «Von der Schublade ins Hirn → Checklisten für
wirkungsvolles Management» am Dienstagabend dem Publikum in der Buchhandlung Krebser in Thun.
Weibel war vierzehn Jahre Vorsitzender der Geschäftsleitung (CEO) der SBB, danach Delegierter des Bundesrates für die Euro 2008. «Die Führungsrichtlinien der SBB verstaubten praktisch wirkungslos
in den Schubladen», sagte der Autor. Sein Buch enthält Rezepte für den umgekehrten Weg. «Lieber 20 Prozent im Hirn und damit 80 Prozent der Wirkung als 100 Prozent in der Schublade», lautet die
Devise.
Mit einem guten Gefühl
Die Krebser AG hatte zu diesem Anlass Kunden und Freundinnen des Hauses eingeladen. «Das Buch ist quasi legales Doping für Manager», sagte Louis Krebser bei der Begrüssung der rund 200
Anwesenden.
In herzerfrischender Art und mit Humor gespickt, stellte Benedikt Weibel einzelne Kapitel aus seinem Buch näher vor. Hart ins Gericht ging er mit Sitzungen, die er auch als «Morgenandacht»
bezeichnete. Als erstes Kriterium gelte es, die Notwendigkeit abzuklären. Die beste Sitzung sei immer noch diejenige, die nicht stattfinden müsse. «Trotzdem ist nicht ohne Konferenzen
auszukommen», räumte er ein. Wichtig sei dabei unter anderem eine gute Vorbereitung und dass bei allen Teilnehmenden ein gutes Gefühl zurückbleibe.
Voraussehen ist wichtig
«Die kreativste und schwierigste Managementaufgabe ist die Antizipation», leitete der Referent zu einem weiteren Thema über. Damit meinte er die Voraussicht auf Ereignisse, die eintreten könnten,
und das Management des Unerwarteten. Als ultimativen Test für das Management bezeichnete Benedikt Weibel die Krise. Er schöpfte dabei aus seiner Erfahrung als SBB-Boss und wartete mit Beispielen
von Störfällen aus seiner Amtszeit auf. Aber auch die aktuellen Krisen rund um den Globus wurden beleuchtet.
Kommunikation ist alles
«Die Kommunikation ist alles», lautet ein weiteres Kapitel des Buches. Hier geht Benedikt Weibel nach seiner Zeit auf die Krisenkommunikation ein. Neben der Information der Medien sei es in
erster Linie wichtig, an die betroffenen Reisenden zu denken. «Dazu gehören, die Betroffenheit, das Beileid, den Dank und die Entschuldigung auszusprechen», rät er. In der Fragerunde meldeten
sich ein knappes Dutzend Anwesende zu Wort. Ein Fragesteller wollte wissen, wie sich Weibel zur Libyen-Krise stelle. «Da erlaube ich mir kein Urteil», antwortete dieser. Ein anderer fragte den
Referenten, ob er sich auch als Bundesrat sähe. «Mit Jahrgang 1946 bin ich wohl zu alt dazu», meinte Weibel schmunzelnd.
Fazit des Abends: Die Aussage von Alt-Bundesrat Adolf Ogi «Das Buch enthält echte Lebenshilfen für schwierige Managementsituationen», trifft den Nagel auf den Kopf.
Benedikt Weibel: Von der Schublade ins Hirn → Checklisten für wirkungsvolles Management. Verlag: Neue Zürcher Zeitung NZZ Libro; ISBN 978-3-03823-598-9, 256 Seiten, Fr. 52.90.