Das Ende des Wiener Ostblock-Flairs

Wiens unterirdische Verkehrsstationen wie der Südtiroler Platz kommen auch optisch im 21. Jahrhundert an.

 

Von Barbara Mader - Kurier

 

Wien ist Moskau. Wie im US-Film Firefox, der derzeit in der Ausstellung "Wien im Film" im Wien Museum Karlsplatz gezeigt wird. Im Thriller mit Clint Eastwood wird die U1 zur Moskauer Metro. Entlang der unterirdischen Bim-Strecke wo die Ustrab, die Unterpflasterstraßenbahn fährt, lässt sich Wien auch ohne Filmkulisse trefflich als ehemalige Ostblock-Stadt verkaufen: Entrische Gänge mit tristen Neonleuchten, behübscht mit wahlweise eierschalen- oder türkisfarbenen Kacheln. Bukarest 1970? Nein, Matzleinsdorfer Platz 2010. Mit dem diskreten Ostblock-Charme der zwischen 1959 und 1969 eröffneten Gürtel-Ustrab-Strecken, auf denen heute die Linien 1, 6, 18, 62 und die Lokal-Bahn nach Baden unterwegs sind, ist es bald vorbei. Stattdessen kommt Italo-Design mit edlen Bisazza-Fliesen - nicht den handgemachten, wie Wiener-Linien-Direktor Günther Steinbauer betont. Trotzdem kostet die Optik-Verbesserung elf Millionen Euro. Im September werden als erste die Haltestellen Laurenzgasse und Blechturmgasse frisch renoviert eröffnet. Am Matzleinsdorfer Platz haben die Arbeiten begonnen.

                                                                                                      Foto: Marcel Manhart

Neue Ära

Am Südtiroler Platz geht demnächst eine Ära zu Ende. Mit der Verbindung zum Hauptbahnhof verschwindet das fragwürdige 50er-Jahre-Flair, erstes Zeichen der neuen Zeit ist der Name: Die U1 und die S-Bahn-Station werden mit der Teilinbetriebnahme des neuen Bahnhofs im Dezember 2012 in "Hauptbahnhof Wien" umbenannt.

Umsteigen
Von der U-1-Station - jetzt "Südtiroler Platz" - werden es 180 Schritte (335 m) sein, weniger als die Distanz Westbahnhof zur U3, 200 Schritte oder 350 m. Die Verkehrsplaner im Wiener Rathaus werden nicht müde zu betonen, dass diese Öffi-Anbindung - auch im internationalen Vergleich - optimal ist.

"Wien ist nicht umsonst die Nummer eins bei der Lebensqualität, wie die aktuelle Mercer-Studie bestätigt", heißt es in der dazugehörigen Pressemitteilung.


Warum die Wiener SPÖ den in wenigen Minuten bewältigbaren Umsteigeweg so betont? Die U2, die derzeit verlängert wird, wird nicht direkt am Hauptbahnhof halten, sondern erschließt das Stadtentwicklungsgebiet im Süden. Die Rathausopposition drängt jedoch auf einen direkten Anschluss einer zweiten U-Bahn-Linie, da die U1 angesichts der zu erwartenden Passagiermenge zu wenig sei.

Auch der Rechnungshof übt im aktuellen Bericht zum Hauptbahnhof Kritik an der U-Bahn-Planung. "Die Anbindung des Hauptbahnhofes an das U-Bahn-Netz wurde von der Stadt Wien nicht als vorrangiges Ziel verfolgt", schreiben die Prüfer. Als Verbindung zwischen U1 und U2 wird die Errichtung einer Standseilbahn - auch "Cableliner" oder "People Mover" genannt - geprüft. Auch das sorgt bei Opposition und Rechnungshof für Kritik.

 

Hauptbahnhof: 350 Meter zur U-Bahn

Anbindung Von der U-1- Station "Südtiroler Platz" (später "Hauptbahnhof") wird eine neue Passage zum Bahnhof führen. Der Hauptbahnhof ist auch an die Schnell-Bahn (S1, S2, S3, S5, S6, S7, S8, S9, S15, S60, S80) angebunden. Die S-Bahn-Station ist bereits umgebaut.

 

Verlängert Auch der D-Wagen wird verlängert und hält direkt unter dem Bahnhof beim
ostseitigen Ausgang. Die Umsteigewege am Bahnhof zu S-Bahn und U1 liegen laut Rathaus-SPÖ mit durchschnittlichen Umsteigewegen von 350 m im internationalen Durchschnitt.

Die Station Matzleinsdorfer Platz heute: Hier verkehren die Linien 1, 6, 18, 62

sowie die Badener Bahn                                                   Fotos: Marcel Manhart

 

 

Mehr zum Thema:

Mit der Neuereröffnung des neuen Wiener Hauptbahnhofs ist auch der Südtiroler Platz Geschichte, zumindest als U-Bahn-Station. Dies geht aus einer Presseaussendung von Wiens Planungsstadtrat Rudi Schicker (SPÖ) hervor. Die historische U1 Station “Südtiroler Platz” wird demnach mit Teilinbetriebnahme des neuen Hauptbahnhofes Wien im Dezember 2012 in Station “Hauptbahnhof Wien” umbenannt. Die S-Bahn-Station Südtiroler Platz wird dann ebenfalls “Wien Hauptbahnhof” heißen.

Laut Schicker rückt der neue Hauptbahnhof “wie bereits von Beginn an geplant” vom ehemaligen Standort des Südbahnhofes zum Südtiroler Platz und ist dort direkt an 11 Schnellbahn-Linien, an die U-Bahn, drei Straßenbahn-Linien, zwei städtische Buslinien sowie zahlreiche regionale Buslinien angebunden. Die U1 wird man vom Hauptbahnhof aus über die derzeit in Bau befindliche Passage Südtiroler Platz auf einer Wegstrecke von 335 Metern erreichen.

Die neue Verbindungspassage zwischen U1, Straßenbahnlinie 18 und S-Bahn ist ein Gemeinschaftsprojekt von ÖBB und Wiener Linien. Sie beginnt beim U1-Stationsaufgang “Südtiroler Platz”, unterquert die Gürtelfahrbahn, die Straßenbahnlinie 18, die Bahnsteige der S-Bahn und endet im Hauptbahnhof. Und bereits ab Dezember dieses Jahres wird der Abschnitt von der U1 -Station “Südtiroler Platz” U1 zu den Schnellbahnen bereits eröffnet, so Schicker, der zur immer wieder diskutierten Idee einer Cable Liner-Verbindung nicht Stellung bezog.

Man müsse angesichts einer Wegzeit von 6,5 Minuten zwischen U1 und Bahnhof eine weitere U-Bahnverbindung schaffen, weil es den Fahrgästen nicht zuzumuten wäre, mit schwerem Gepäck derartig lange Fußwege zurück zu legen, kritisiert hingegen die ÖVP. Zudem sei die U1 in den Hauptzeiten schon jetzt ausgelastet, was eine Anbindung der U2 an den Hauptbahnhof umso

notwendiger mache, auch angesichts der Tatsache, dass bei den Verkehrsplanungen des Hauptbahnhofes längst überholte Zahlen herangezogen wurden, sodass mit einem noch höheren Verkehrsaufkommen zu rechnen sei, so die ÖVP, die sich gleichzeitig gegen den Cable Liner als “Häupl-Denkmal” aussprachen. Gegen den Cable Liner sprachen sich auch die Grünen aus, die einen 2-Minuten-Takt für die U1 fordern.