ATTANANG-PUCHHEIM. MIt einem Appell an die Bürgermeister der Anrainergemeinden von Regionalbahnen starten die Grünen Oberösterreichs die Initiative "Retten wir die Oberösterreichischen Regionalbahnen".
„Was passieren kann, wenn man wieder in die heimische Bahninfrastruktur investiert, sieht man am positiven Beispiel der Salzburger Lokalbahn“, sagen Gottfried Hirz (Clubobmann der Grünen im
Oberösterreichischen Landtag) und Makrus Reitsamer (Verkehrssprecher derr Grünen OÖ).
„Den systematischen Fahrgast-Vertreibungen müssen endlich flächendeckende Sanierungs- und Attraktivierungsmaßnahmen entgegengesetzt werden!“ fordern die Grünen. Unübersehbar immer prekärer werde
die Situation der heimischen Regionalbahnen. Und das laut Grünen offensichtlich gewollt: Nach Planungen einer ÖBB-internen Arbeitsgruppe soll das Netz der Bahn in ganz Österreich aus
Kostengründen auf wenige Hauptstrecken reduziert werden. Der angedachte Kahlschlag trifft alle Bundesländer – Oberösterreich mit seinen vielen Regionalbahnen ganz besonders. Die Mühlkreisbahn
droht ein erstes Opfer zu werden. Geht es nach Teilen der Wiener ÖBB, sollen weitere Regionalbahnstrecken wie die Hausruckbahn von Attnang-Puchheim über Ried nach Schärding, die
Salzkammergutbahn, die Almtalbahn, die Donauuferbahn und die Ennstalstrecke dem Einsparwahn zum Opfer fallen.
Hausruckbahn von Schließungsplänen bedroht
„Gerade jetzt, wo hohe Treibstoffpreise ein Anreiz zum Umsteigen sind, ist das Demontieren von Regionalbahnen das völlig falsche Signal“, stellte der Grüne Verkehrssprecher Markus Reitsamer fest.
„Wir wollen und werden uns gemeinsam mit der Bevölkerung gegen diese Schließungspläne wehren, an all den bedrohten Stecken Widerstand aufbauen und uns massivst dafür einsetzen, die Regionalbahnen
zu attraktivieren statt stillzulegen."
Begonnen haben die Grünen mit Initiativen zur Rettung der Mühlkreis-, Salzkammergut-, Donauufer- sowie der Innviertlerbahn. Dort haben die Grünen Oberösterreich bereits erfolgreich eine
Online-Petition zum Erhalt dieser wertvollen Regionalbahnen „auf Schiene“ gebracht.
Die Hausruckbahn kämpfe mit zwei zentralen Problemen: Das sind zum einen die mangelhafte Infrastruktur der Schienen und Anlagen und in weiterer Folge die damit einhergehenden Geschwindigkeits-
und Attraktivätseinschränkungen. Zum anderen ist die Strecke durch eine Vielzahl von Eisenbahnkreuzungen gekennzeichnet. Auch diese führen zu zahlreichen Geschwindigkeitseinschränkungen und
verhindern kürzere Fahrzeiten, obwohl es die Streckenführung zuließe.
Über Jahre keine Investitionen
Ein aktueller Rechnungshofbericht zum ÖBB-Schienennetz konstatiert im Zeitraum 2005 bis April 2009 einen Anstieg von 65 % bei den Langsamfahrstellen. Der Grund dafür liegt vor allem in der
sanierungsbedürftigen Schieneninfrastruktur der Regionalbahnen: Auf knapp 9% der österreichischen Regionalbahngleise können Züge nur mehr mit Geschwindigkeiten von 20 bis 50 km/h befahren werden
(auf den Hauptstrecken 4 %). „Wenn über Jahre Investitionen in die Schieneninfrastruktur nicht getätigt und darüber hinaus auch noch Fahrpläne ausgedünnt werden, ist es geradezu logisch, dass die
Attraktivität von Regionalbahnen leidet und die Nachfrage zurückgeht. Die ÖBB handelt mit dieser Vorgehensweise eigentlich entgegen dem Grundgesetz im Öffentliche Verkehrssystem – demnach vor
allem Taktverdichtungen Fahrgastzuwächse bedeuten“, kritisierten Reitsamer und Hirz.
Stilllegung schwächt auch Hauptstrecken
Seit 10 Jahren werden nahezu konstant zwischen 600.000 und 700.000 Personen pro Jahr auf der Bahnstrecke Attnang -Ried-Schärding gezählt. Die Bahnstrecke stellt zudem eine enorm wichtige
Verbindung dar: Einerseits zur Westbahnstrecke zu den EuroCity-/InterCity- Anschlüssen in Attnang-Puchheim Richtung Salzburg / Linz/ Wien, andererseits zur Salzkammergutbahn in die Region
Salzkammergut/Vöcklabruck. Zugleich ist die Hausruckbahn wichtige Zubringerstrecke zur so wichtigen Schienenachse Linz – Ried – Braunau – München. „Die Fahrgastzahlen verdeutlichten das Potenzial
an Kunden für diese Hauptbahnen Richtung Wien und München. Die Stilllegung einer Strecke wird die anderen Bahnen schwächen“, befürchtet Hirz.
Der Bahnhof Attnang-Puchheim stellt nach Linz und Wels den drittgrößten Bahnknoten in Oberösterreich dar. Es sind vor allem die UmsteigerInnen zwischen der Salzkammergutbahn und der Westbahn, die
eine tägliche Frequenz von ca. 7000 Fahrgästen ausmachen.
Salzburger Beispiel als Vorbild nehmen
Was eine beispielhafte „regionale Identifikation“ mit der Regionalbahn und das daraus erwachsene Engagement der Bürger und Gemeinden für Ihre Regionalbahn bewirken, zeigt das Positivbeispiel
Salzburger Lokalbahn: Dort hat eine offensive Investitionspolitik und ein durchgehender Halbstundentakt dazu geführt, dass innerhalb von 15 Jahren die im Landeseigentum befindliche Bahn eine
Fahrgaststeigerung von 1,5 auf fast 5 Millionen pro Jahr erreichte.
Erfolgsfaktoren der Salzburger Lokalbahn:
• 365 Tage im Jahr Halbstunden-Takt – zur „Rush hour“ Viertelstunden-Takt
• Eilzugtakte – schnelle Schiene für PendlerInnen
• Nachtzüge für Nachschwärmer
• SchaffnerInnen machen’s persönlich – ZugbegleiterInnen in jedem Zug
• Optimale Verkehrsdrehscheiben am Einstiegs- und Ausstiegspunkt
„Im Vergleich zur Salzburger Lokalbahn gibt es bei unseren Regionalbahnen Zustände, die nicht mehr länger hingenommen werden dürfen“, kritisierten Hirz und Reitsamer. Es ist nun das Gebot der
Stunde, im Interesse der täglich Tausenden Pendler und Fahrgäste diese Regionalbahnen vor dem Aua zu schützen - mit weiteren Unterschriftenlisten, Online-Petitionen oder im Gespräch mit den
Verantwortlichen.
Bahn auf dem Abstellgleis
Von Kerstin Scheller - derStandard.at
Entscheidung über Mühlkreisbahn verschleppt
Täglich stauen sich 40.000 Mühlviertler Pendler durch das Nadelöhr Linz-Urfahr. Um das Verkehrsproblem im Norden der Stadt in den Griff zu bekommen, forcieren Landes- und Stadtpolitik den
Ausbau der Straße. Spatenstich für die Linzer Westringautobahn soll 2011 sein. Der politische Wille, endlich auch die Mühlkreisbahn zu attraktivieren, fehlt indes.
Die Konsequenz: Die ÖBB hat sogar die Einstellung der Mühlkreisbahn ab Rottenegg angekündigt. Nur rund 500 der täglich 5000 Fahrgäste führen weiter als bis Rottenegg, heißt es aus dem Büro von
Verkehrslandesrat Hermann Kepplinger (SPÖ). Die ÖBB möchte deshalb auf der letzten Teilstrecke Postbusse einsetzen.
"Erfahrungen zeigen, dass Busse nicht die Lösung sind. Der Umstieg vom Auto auf den Bus funktioniert nämlich nicht", sagt die grüne Landtagsabgeordnete Ulrike Schwarz. Ihre Partei hat deshalb die
Unterschriftenaktion "Rettet die Regionalbahn" initiiert. Mehr als 2200 Unterschriften wurden jetzt an Infrastrukturministerium und ÖBB-Management geschickt.
Eine neue, unabhängige Initiative "ZUGkunft Mühlkreisbahn" setzt sich ebenfalls für Erhalt und Attraktivierung ein: "Uns eint die Unzufriedenheit über den derzeitigen Zustand der Mühlkreisbahn."
Nun wird zum wiederholten Male der 25 Jahre alte Plan für eine City-S-Bahn und die Attraktivierung der Mühlkreisbahn geprüft. Die S-Bahn soll zwischen der Endstation der Mühlkreisbahn und dem
Linzer Hauptbahnhof entstehen. Für die rund 200 Millionen teure City-S-Bahn müssten Land und Stadt - im Gegensatz zum Asfinag-Projekt Westringautobahn - mitzahlen. Mitte des Jahres soll das
Prüfergebnis vorliegen.