In Salzburg ist am vergangenen Donnerstag die österreichweit zweite von insgesamt fünf Betriebsführungszentralen der ÖBB eröffnet worden. Diese sollen in 15 Jahren die Aufgaben aller Fahrdienstleitungen und Stellwerke übernehmen.
"Neue Qualität der Verkehrsabwicklung" In den fünf Schaltstellen der Bahn werden im Endausbau der gesamte Verkehr auf ÖBB-Anlagen sowie die Fahrgastinformation bundesweit gesteuert. Nach Innsbruck und Salzburg folgen nun - jeweils im Jahresschritt - die weiteren Zentralen für Wien, Villach und Linz. "Der Vorteil ist, dass alles sehr gut überschaubar ist und Steuerung und Abstimmung viel früher und zielsicherer erfolgen", sagte Herwig Wiltberger, Vorstandsdirektor der ÖBB-Infrastruktur AG, bei der Eröffnung des Salzburger Standortes am Donnerstag der APA. |
Mit der neuen Betriebsführung werde eine neue Qualität der Verkehrsabwicklung erreicht und eine höhere Zahl an Fahrten ermöglicht. Die Kosten für das Vorhaben kann Wiltberger nicht genau beziffern, weil auch viele andere Infrastrukturmaßnahmen teilweise dazuzurechnen seien. In die Zentrale "Österreich Mitte" wurden bisher knapp 16 Mio. Euro gesteckt.
Eigentlich war die Eröffnungsfeier in Salzburg am Donnerstag ein fiktives Datum. Denn gestartet wurde der Betrieb in Salzburg schon im vergangenen November, betont Lorenz Hohenauer, Leiter der Zentrale.
Schon seit November 2009 in Betrieb Acht der 20 Arbeitsplätze sind bereits im Betrieb, für jeden sind fünf Mitarbeiter notwendig, damit der Rund-um-die Uhr-Betrieb im Zwölf-Stunden-Takt aufrechterhalten werden kann. Sieben Bahnhöfe, 21 Betriebsstellen und 134 Weichen werden inzwischen von hier gelenkt. Im November soll auch der Salzburger Hauptbahnhof dazu kommen. Das Betriebsgebiet von "Österreich Mitte" beginnt südlich von Saalfelden und reicht bis Bad Gastein, die Gegend um Steinach-Irdning, umfasst das Salzkammergut bis Schwanenstadt und das westliche Innviertel. |
Computerstimme "Petra" statt Chris Lohner
Durch die Personalreduktion entlang der Strecke werde die Benützung
günstiger, die Infrastruktur leistbar. Dadurch sollte mehr Verkehr von der Strasse auf die Schiene gebracht werden, so Hohenauer.
Die Arbeiten an den Tischen sind vollkommen unterschiedlich. An einem erfolgt die Fahrgastinformation. Kommt es zu Verspätungen, oder fährt ein Zug auf einem anderen Gleis ein, tippt der
Mitarbeiter den entsprechenden Text ein, die ÖBB-Computerstimme
"Petra" macht am richtigen Bahnhof oder -steig dann die Durchsage. Bei Bedarf auch in Englisch oder einer anderen Sprache.
"Petra" übernimmt damit die Aufgaben der bei Reisenden seit Jahrzehnten äußerst beliebten Tonband-Stimme der früheren ORF-Sprecherin Chris Lohner.
Infos und Verspätungen auch via Internet
"Dienten kann sie derzeit noch nicht richtig aussprechen", sagt Hohenauer.
Die Daten werden auch weitergegeben, so dass Infos über Verspätungen auch im Internet
abgerufen werden können.
An einem anderen Tisch der Schaltzentrale werden die Trassen koordiniert, hier können andere Bahnbetreiber auch ihre Züge anmelden. Vom nächsten Arbeitsplatz wird die Fahrdienstleiter-Tätigkeit
für mehrere Bahnhöfe abgewickelt, am nächsten das Zusammenspiel der einzelnen Tische koordiniert.
Nur bei einem hofft Hohenauer, dass die Telefone des Mitarbeiters ruhig bleiben: Er ist auch für die Koordination bei Zwischenfällen im Verkehr zuständig. Hat er da nichts zu tun, braucht er aber
nicht Däumchen zu drehen, sondern nimmt seinen Kollegen zeitlich ungebundene Arbeit ab
Neue Schaltzentrale für Tirols Bahnverkehr
In Innsbruck ist am Mittwoch die erste ÖBB-Steuerungszentrale Österreichs in Betrieb genommen worden. Damit soll der Zugverkehr der Zukunft aus eigenen Zentren zentral gesteuert werden.
Informationen laufen in Zentrale zusammen
Wie in einem Flughafentower laufen in der neuen Betriebsführungszentrale
alle Informationen über den laufenden Bahnverkehr zusammen.
Dort sitzen Mitarbeiter aller Bereiche, von der Steuerung, über die Störungsbehebung bis hin zur Notfallleitung, in einem Büro zusammen und koordinieren täglich 560 Zugfahrten quer durch Tirol.
Die lokalen Steuerungszentralen in zehn Bahnhöfen werden dadurch überflüssig.
Persönlicher Kontakt soll Zeit sparen
Künftig werden 400 Weichen und 500 Signale von hier aus zentral koordiniert, gesteuert und beobachtet. Im Notfall soll der persönliche Kontakt aller Bereichsleiter in einem Büro wertvolle Zeit
sparen.
Weitere Zentren in Österreich sollen folgen
Bis 2012 sollen in Villach, Salzburg, Linz und Wien weitere Zentralen
entstehen. Die Bahn will sich mit den neuen Zentralen auch wirtschaftlich absichern.
Nach Plänen der ÖBB soll die Bahn in Vorarlberg künftig "ferngesteuert" werden. Laut Pressesprecher Rene Zumtobel wird im November 2008 eine zentrale Betriebsführung in Innsbruck eingerichtet. Die Landesregierung ist damit nicht einverstanden.
Zunächst Pilotprojekt im Raum Innsbruck
In Innsbruck sind die Arbeiten für eine Betriebsführungszentrale bereits in
der Schlussphase. Dort sollen ab November nach Angaben von ÖBB-Pressesprecher René Zumtobel die zuständigen Mitarbeiter für Abwicklung, Disposition und Kontrolle des Zugverkehrs gemeinsam
arbeiten.
In einem Pilotprojekt werden zunächst die Fahrdienstleiter im Raum Innsbruck in die Zentrale verlegt. Vorarlberg soll etwa ab 2014 folgen, sagt Zumtobel.
"Qualität soll verbessert werden"
Ziel der Zentrale in Innsbruck sei es, den Standard zu verbessern, sagt
Pressesprecher René Zumtobel, und zwar im Hinblick auf Sicherheit, Qualität im Zugablauf und Wirtschaftlichkeit.
Die Auskünfte über Zugankünfte oder -verspätungen sollen in Zukunft voll automatisiert über Innsbruck eingespielt werden.
ÖBB-Mitarbeiter an einzelnen Bahnhöfen
Auch wenn alle Fahrdienstleiter abgezogen sind, soll es an einzelnen
Bahnhöfen für Krisenfälle und für Zusatzdienste noch ÖBB-Mitarbeiter geben.
In Vorarlberg sind laut ÖBB für Notfälle an drei Vorarlberger Bahnhöfen lokale Ansprechpartner vorgesehen.
Pilotphase seit einem Monat
Seit einem Monat läuft auf der Strecke Wörgl-Brenner die Pilotphase. Für die zwölf größeren Bahnhöfe auf der Strecke waren vorher vier Fahrdienstleiter im Einsatz, jetzt ist es nur noch einer in
der Zentrale.
Die Erfahrungen seien bisher gut, lediglich mit der automatisierten Zuginformation gebe es kleinere Probleme. Dieses System soll die Reisenden automatisch über Ankünfte und Abfahrten informieren.
Zusätzlich sind laut Zumtobel noch 40 Zoll-Monitore geplant, die alle nötigen Informationen anzeigen.
Land verlangt ÖBB-Leitstelle für Vorarlberg
Das Land Vorarlberg ist mit den Plänen der Bahn nicht einverstanden. Das
Krisen- und Notfallmanagement der ÖBB decke sich nicht immer mit den Vorstellungen des Landes, stellt Verkehrslandesrat Manfred Rein (ÖVP) in einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen klar. Auch
über die Betriebsführung gebe es zwischen Land und ÖBB unterschiedliche Auffassungen. Rein verlangt eine ÖBB-Leitstelle für Vorarlberg.
Auslandsverbindungen und Buslinien Auch Franz Schwerzler, Verkehrsplaner im Landhaus, sagt, es gebe wichtige Gründe, die Leitstelle im Land einzurichten. Der Schienenverkehr sei in Vorarlberg an vielen Stellen und eng mit den Buslinien verbunden. Ausserdem sei man in einer speziellen Lage, weil die Auslandsverbindungen eine besondere Bedeutung hätten. Die bisherigen Verhandlungsergebnisse mit den ÖBB seien nicht ausreichend. |
Die ÖBB läuten schrittweise das Ende der Fahrdienstleiter in Salzburger Bahnhöfen ein. Ab März 2010 sind Hallein und Golling (beide Tennengau) ohne Fahrdienstleiter. Noch heuer folgen Sulzau (Pongau) und Salzburg-Gnigl.
Langfristig weniger Personal Die Aufgaben übernimmt die neue Betriebsführungszentrale auf dem Hauptbahnhof. Diese soll mehr Sicherheit bieten. Langfristig soll zudem Personal eingespart werden. Aktuell verliere jedoch niemand den Job, beruhigt ÖBB- Betriebsratsvorsitzender Georg Russegger. Ein Teil der freiwerdenden Fahrdienstleiter übersiedelt in die neue Betriebsführungszentrale auf dem Hauptbahnhof. Von dort werden künftig alle Züge auf den Strecken in Salzburg und im angrenzenden Oberösterreich automatisch koordiniert. |
Bei den Fahrdienstleitern der ÖBB wächst die Angst vor dem Jobverlust. Viele Junge kommen nicht mehr in den Genuss des Kündigungsschutzes. Und bereits in einigen Jahren sollen die Bahnhöfe automatisch gesteuert werden.
Bei den Fahrdienstleitern der ÖBB wächst die Angst vor dem Jobverlust. Viele Junge kommen nicht mehr in den Genuss des Kündigungsschutzes. Und bereits in einigen Jahren sollen die Bahnhöfe automatisch gesteuert werden.
"Junge müssen mit Kündigung rechnen"
Eisenbahngewerkschafter Walter Androschin jetzt Vorsitzender der Transport und
Dienstleistungsgewerkschaft vida, kennt die Gespräche mit jungen Kollegen, die weniger als 15 Jahre im Dienst der ÖBB stehen und daher keinen Kündigungsschutz mehr haben.
"Das heißt, dass in einigen Bereichen, wo die Rationalisierung um sich greift, junge Menschen, die jetzt im Job sind, auch damit rechnen, dass sie sich - falls eine Veränderung möglich ist -
verändern müssen oder dass sie auch gekündigt werden", erklärt Androschin.
Ein interner Wechsel sei seit der "Zerschlagung" der ÖBB in verschiedene Gesellschaften nur mehr schwer möglich. Denn untereinander werde kaum Personal ausgetauscht, sagt Androschin
Automatisierung nicht aufhalten
Gross sei die Arbeitsplatzangst vor allem bei jungen Fahrdienstleitern: "Bei den
Fahrdienstleitern wird es so sein, dass in etwa acht, neun Jahren das gesamte Bundesland und der angrenzende Raum - zumindest was die Hauptstrecken betrifft - von einer Stelle ferngesteuert
wird", so Androschin.
Es werde also zunehmend Geisterbahnhöfe geben und diese würden nicht mehr mit Fahrdienstleitern vor Ort besetzt sein - auch in großen Bereichen wie Schwarzach und Bischofshofen nicht mehr, meint
der Gewerkschafter.
Die Automatisierung könne und wolle die Gewerkschaft aber nicht aufhalten, schließlich diene sie auch der Sicherheit, sagt Androschin, der sich längerfristig auch bei den ÖBB auf Verhandlungen
über Sozialpläne einstellt.