Die SBB übertraf 2009 die operativen Ziele: Bei Pünktlichkeit/Qualität und Sicherheit wurden Rekordwerte erreicht. Auch das finanzielle Ergebnis fiel mit CHF 369,8 Mio. erfreulich aus,
doch gaben hier nicht wiederkehrende Effekte – namentlich Erlöse von CHF 239,3 Mio. aus dem Verkauf von Immobilien – den Ausschlag für das gute Resultat. 2009 reisten 327,5 Mio. Menschen mit der
SBB, 1,5 % mehr als im Vorjahr. Die Verkehrsleistung von SBB Cargo reduzierte sich um 7,0 % auf 11'674 Mio. Nettotonnenkilometer. Die SBB steht vor grossen Herausforderungen, um der wachsenden
Kundennachfrage im Personenverkehr auch in Zukunft zu entsprechen. Trotz Fortschritten belasten die schwierigen Dossiers der Sanierung der PK SBB und der Neuausrichtung von SBB Cargo Unternehmen
und Beschäftigte in hohem Masse.
Ziel der SBB ist es, das Unternehmen im Rahmen eines nachhaltigen Gleichgewichts von Pünktlichkeit/Qualität, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit für die täglich 900'000 Kundinnen und Kunden weiter
zu entwickeln. 2009 vermochte sich die SBB dank anspruchsvoller Ziele und kontinuierliche Verbesserungsprozesse zu steigern: Alle drei operativen Konzernziele wurden übertroffen.
Verbesserung der Pünktlichkeit
2009 verschärfte die SBB ihre Pünktlichkeitsziele: Einerseits wurde die Pünktlichkeitstoleranz von fünf auf drei Minuten reduziert. Andererseits stellte die SBB nicht mehr die „Zugpünktlichkeit“,
sondern die „Kundenpünktlichkeit“ – diese misst die Pünktlichkeit, wie sie die Reisenden erfahren – in den Mittelpunkt. Die Anstrengungen wurden belohnt: Die Pünktlichkeit konnte gegenüber dem
Vorjahr deutlich gesteigert werden. 88,2 % aller Kundinnen und Kunden erreichten 2009 ihr Ziel pünktlich, das heisst mit weniger als drei Minuten Verspätung. Im Vorjahr hatte dieser von der SBB
neu geschaffene Wert der Kundenpünktlichkeit bei 85,4 % gelegen.
Ein ergänzendes Ziel indes wurde knapp verpasst: 97,2 % aller Anschlüsse konnten 2009 gewährleistet werden (2008: 97,2 %). Die Zielvorgabe lag bei 97,4 %. Für 2010 sind daher zusätzliche
Massnahmen geplant, um die Gewährleistung der Anschlüsse weiter zu verbessern.
Verbesserungen bei der Sicherheit
Die SBB erreichte 2009 einen um 26 % besseren Sicherheits-Gesamtwert als im Vorjahr. Die SBB und ihre Kundinnen und Kunden blieben 2009 wie bereits in den Vorjahren von schweren Unfallereignissen
verschont. Die Zahl der so genannt mittelschweren Zusammenstösse ging um 29 %, jene der Entgleisungen gar um 50 % zurück. Ebenfalls reduziert werden konnte die Rate der Berufsunfälle; sie lag
2009 um 13 % unter dem Vorjahr.
Auch die Zahl der Tätlichkeiten gegen das Personal lag um 16 % tiefer. Allerdings steigt bei den Angriffen auf SBB-Mitarbeitende die Gewaltbereitschaft der zumeist jugendlichen Täter. Die
Vorfälle gegenüber den Fahrgästen reduzierten sich deutlich und gingen auf das Niveau des Jahres 2005 zurück. Die SBB Transportpolizei und weitere präventive Massnahmen wurden verstärkt.
Die Sicherheit hat bei der SBB höchste Priorität: In diesem Bereich gibt es auch in der Zukunft keine Kompromisse.
Gutes Konzernergebnis auch dank nicht wiederkehrender Erträge
Auch beim Jahresergebnis erreichte die SBB ihre Ziele: Trotz Konjunktureinbruch und weltweiter Finanzkrise erwirtschaftete das Unternehmen 2009 ein Konzernergebnis von CHF 369,8 Mio. Im Vorjahr
hatte der Gewinn CHF 345,0 Mio. betragen.
Das Jahresergebnis ist wesentlich zurückzuführen einerseits auf eine gute Vorbereitung auf das wirtschaftlich schwierige Jahr (frühzeitige Anpassung der Kapazitäten, differenzierter
Einstellungsstopp etc.) und andererseits auf nicht wiederkehrende Verkaufserfolge im Immobilienbereich im Umfang von CHF 239,3 Mio., das sind CHF 111,8 Mio. mehr als im Vorjahr. Ohne die Erlöse
aus Anlageverkäufen wäre das operative Ergebnis der SBB 2009 mit CHF 122,8 Mio. um 38,4 % tiefer ausgefallen als im Vorjahr (CHF 199,4 Mio.). Namentlich die Segmentergebnisse von SBB Cargo wegen
Auswirkungen der Wirtschaftskrise und Infrastruktur wegen zusätzlichem Unterhalt liegen erheblich unter dem Vorjahr.
Das positive Jahresergebnis ist angesichts der absehbaren finanziellen Engpässe dringend nötig und hilft mit, die grossen Herausforderungen der kommenden Jahre zu meistern.
Die Leistungen der öffentlichen Hand für die SBB beliefen sich 2009 auf CHF 2674,1 Mio., CHF 123,8 Mio. mehr als im Vorjahr. Darin inbegriffen sind die CHF 150 Mio., die der Bund der SBB im
Rahmen des Konjunkturförderungsprogramms 2009 zur Verfügung stellte.
Gewichtige Ausgaben, die für 2009 geplant waren, wurden – soweit sie nicht notwendig waren, um das hohe Sicherheits- und Qualitätsniveau zu halten – aufgrund der notwendigen Priorisierung der
Investitionen im Berichtsjahr nicht getätigt und auf die kommenden Jahre verschoben.
Der Mittelzufluss aus der Betriebstätigkeit reichte auch 2009 nicht aus, um die Mittel für die Investitionstätigkeit bereitzustellen. Der negative Free Cash Flow belief sich 2009 auf CHF -260,7
Mio.; im Vorjahr hatte er CHF -505,4 Mio. betragen. Dadurch erhöhte sich die Verschuldung der SBB.
Bereits 2010 stehen mit Rollmaterialinvestitionen von CHF 1 Mia., dem 2010 vom Unternehmen geleisteten zusätzlichen Sanierungsbeitrag an die Pensionskasse SBB von CHF 938 Mio. sowie mit
wiederkehrenden zusätzlichen Arbeitgeberbeiträgen an die Pensionskassen-Sanierung von jährlich CHF 31 Mio. Mehrbelastungen im Umfang von über CHF 2 Mia. an, welche die SBB schwer belasten.
Mehr Mitarbeitende
2009 beschäftigte die SBB mehr Mitarbeitende als im Vorjahr. Die Zahl der Stellen (umgerechnet auf Vollzeitstellen inkl. Tochtergesellschaften) stieg um 0,6 % auf 27'978 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter (2008: 27'822).
Resultate der Segmente
Der SBB kam zugute, dass sie bereits im Spätsommer 2008 angesichts der drohenden Finanz- und Wirtschaftskrise erste Massnahmen zur Anpassung der Kapazitäten einleitete, so etwa einen differenzierten Einstellungstopp sowie verschiedene Kostensenkungsprogramme. Betroffen von der negativen Konjunktur war in erster Linie der Güterverkehr, wo die Nachfrage nach Transportleistungen weltweit zurückging.
Im Personenverkehr nahm die Zahl der Reisenden in den SBB-Zügen weiter zu. Allerdings war im Vergleich zu den Vorjahren eine Verlangsamung des Nachfragewachstums zu beobachten. Zudem stieg ein Teil der Reisenden auf günstigere Fahrausweise um, was zu einer Reduktion bei den Kilometererträgen führte. Nach wie vor eine grossen Herausforderung stellen die starken Nachfrageschwankungen im Tagesverlauf dar, die sich 2009 noch verstärkten: In den Hauptverkehrszeiten stieg die Zahl der Reisenden stärker als in der übrigen Betriebszeit.
Insgesamt fuhren im Berichtsjahr 327,5 Mio. Reisende mit der SBB. Das sind 1,5 % mehr als im Vorjahr (322,6 Mio.). Im Vorjahr hatte die Zahl der Reisenden um 5,2 % zugenommen. 2009 reisten täglich 900'000 Mens
Infrastruktur erzielte 2009 ein negatives Segmentergebnis von CHF -6,5 Mio. (2008: CHF 30,4 Mio.). Der Verkehrsertrag aus der Trassenbenutzung und den Betriebsleistungen ging um 4,2 % auf CHF 730,5 Mio. zurück (2008: CHF 762,9 Mio.).
Die Zahl der verkauften Trassenkilometer nahm 2009 um 1,8 % zu auf 161,6 Mio. Tkm zu (2008: 158,7 Mio. Tkm). Zusätzliche Angebote im Fernverkehr sowie in der Zürcher S-Bahn und in der Zentralschweiz bewirkten diesen Mehrverkehr. Gleichzeitig führte der Rückgang schwerer Güterverkehre aber zu Mindereinnahmen beim Trassenverkauf.
Im Geschäftsfeld Netz fiel das Jahresergebnis mit CHF -23,7 Mio. wiederum negativ aus (2008: CHF -10,1 Mio.). Dies wurde 2009 bewusst in Kauf genommen, um die Qualität und Sicherheit im hoch belasteten Netz zu halten. Die tieferen Trassenerträge durch den Rückgang beim Güterverkehr und die entsprechend rückläufigen Trassenpreissubventionen des Bundes wurden weitgehend durch Produktivitätssteigerungen und Einsparungen bei sonstigen Betriebsaufwänden kompensiert. Verschiedene Sondereffekte (Rückstellungen im Zusammenhang mit dem Optimierungsprogramm zur Kostenreduktion im Verwaltungsbereich der Infrastruktur und der Reorganisation des Rangierbereichs) belasteten das Ergebnis.
Der Geschäftsbereich Energie schloss mit einem Gewinn von CHF 17,2 Mio. (2008: CHF 40,5 Mio.) ab. Die tieferen Erträge und Aufwendungen in diesem Bereich sind auf die wesentlich tieferen Handelspreise am Energiemarkt zurückzuführen.
Der Bahnstromabsatz belief sich 2009 auf 2391 GWh (2008: 2407 GWh). Die SBB bezog auch 2009 rund 70 % ihrs Bahnstroms aus Wasserkraft.
Unternehmen und Politik sind gefordert
Für die kommenden Jahre stehen hohe Investitionen zur Engpassbeseitigung, zur Weiterentwicklung des Netzes und für neues Rollmaterial an. In Anbetracht der langen Vorlaufzeiten muss die Weiterentwicklung des Gesamtnetzes zügig angegangen werden. Für den Bahnbetrieb der SBB zeichnet sich bis ins Jahr 2050 ein Investitionsbedarf von bis zu CHF 60 Milliarden ab. Allein die bis 2030 geplanten Rollmaterialbeschaffungen im Umfang von CHF 20 Mia. erfordern von der SBB enorme Anstrengungen. Hinzu kommen namhafte zusätzliche Mittel zur Substanzerhaltung der Infrastruktur sowie zur Weiterentwicklung der Bahnhöfe, um den sich abzeichnenden Kundenströmen auch in Zukunft gerecht werden zu können.
Damit der festgestellte Mehrbedarf finanziert werden kann, sind grosse Anstrengungen aller Beteiligter unerlässlich. Die SBB wird einen namhaften Beitrag zur Deckung des Mehrbedarfs zu leisten haben, indem sie die Produktivität weiter steigert. Die öffentliche Hand wird ihre Beträge zur Deckung der Mehrkosten für die Substanzerhaltung erhöhen müssen. Aber auch die Bahnkundinnen und -kunden werden sich vermutlich via höherer Billettpreise an den absehbaren Kosten beteiligen müssen. Dabei ist sicherzustellen, dass Bahn fahren attraktiv bleibt und dass der Modalsplit nicht zu ungunsten der Bahn verschoben wird.
Heute ist die Nachfrage im Personenverkehr der SBB bereits bei den Werten angelangt, die laut früheren Prognosen 2014 hätten erreicht werden sollen. Es zeichnet sich ab, dass der Staat und seine Bürgerinnen und Bürger eine grenzenlose Mobilität nicht finanzieren wollen. Die Frage stellt sich mit wachsender Dringlichkeit: Wie viel Mobilität ist gewünscht? Und wie viel Mobilität ist finanzierbar? Eine Verteuerung der Mobilität für alle Verkehrsträger könnte zu einer Verlangsamung des Nachfragewachstums führen. Ob eine solche Verlangsamung erwünscht ist, muss von der Politik entschieden werden. Zu bedenken ist, dass leistungsfähige Verbindungen zur Qualität des Standortes Schweiz und zur Lebensqualität beitragen.
Seit dem Start der SBB als spezialrechtliche Aktiengesellschaft 1999 schrieb die SBB in jedem Geschäftsjahr einen negativen Free Cash Flow. Die Verschuldung der SBB schwächt das Unternehmen. Um die stetig steigende Verschuldung mindestens zu stabilisieren, müssen die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen der SBB hinterfragt werden. Andernfalls fehlen dem Unternehmen in der Zukunft die nötigen Mittel, um die geplanten Investitionen in neue Züge zu finanzieren und das Angebot im Interesse der Kundinnen und Kunden kontinuierlich weiter zu entwickeln. Es ist sicherzustellen, dass die SBB in allen Geschäftsfeldern genügend Mittel erwirtschaften kann, um die Weiterentwicklung des Betriebs nachhaltig finanzieren zu können.
Gefordert sind Unternehmen und Politik auch bei der Sanierung der Pensionskasse SBB. Die SBB verabschiedete 2009 ein weiteres Massnahmenpaket zur Sanierung der PK SBB. Damit verpflichteten sich Unternehmen und Versicherte zu zusätzlichen Sanierungsleistungen im Umfang von je über CHF 1 Mia. Damit die Sanierung gelingt, braucht es gleichzeitig die Unterstützung des Bundes. Die SBB begrüsst das Engagement des Bundesrats und die Botschaft zur Sanierung der PK SBB mit CHF 1,148 Mia., die der Bundesrat im März 2010 zuhanden der eidgenössischen Räte verabschiedet hat.
Die SBB bewegt die Schweiz
Insgesamt erbringt die SBB grosse Leistungen für die Volkswirtschaft und den Wirtschaftstandort sowie für das Tourismus- und Freizeitland Schweiz. Die SBB ist das grösste Transportunternehmen und der viertgrösste Arbeitgeber der Schweiz.
Sie beschäftigt selber knapp 28'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sichert weitere 15’700 Stellen in den Vorleistungsbetrieben. 87 % ihres Einkaufs- und Auftragsvolumens 2009 von knapp CHF 3,5 Mia. gingen an Schweizer Unternehmen. Dies ist beachtlich, weil gemäss WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen und dem entsprechenden Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen bei der Vergabe von Aufträgen Schweizer Anbieter nicht privilegiert werden dürfen.
Gleichzeitig leistet das Unternehmen auch einen wesentlichen Beitrag für Natur und Umwelt. Verglichen mit Auto oder Flugzeug verbrauchen Bahnreisende lediglich einen Viertel der Energie unmd verursachen gleichzeitig zwanzigmal weniger CO2-Emissionen. Entsprechend gross ist der Umweltvorteil auch i Güterverkehr, wo 2009 dank SBB Cargo die Emission von knapp 1 Mio. Tonnen CO2 vermieden werden konnte.
Im Interesse des Landes und seiner Bevölkerung muss sicher gestellt werden, dass die SBB diese zentralen Aufgaben auch weiterhin erfolgreich erfüllen kann.