Sparschiene von Mailand nach Innsbruck

Wer mit den gemeinsam von den DB und ÖBB betriebenen Eurocity

von Mailand nach Tirol fährt, sollte weder Eile haben noch durstig sein! 

 

Von Thesy Kness-Bastaroliaus - derStandard.at

 

Stazione Porta Garibaldi um sechs Uhr vierzig. Der Mailänder Nebenbahnhof ist menschenleer. Ein Geisterbahnhof. Auch der seit wenigen Monaten gemeinsam von ÖBB und Deutscher Bahn (DB) mit der Mailänder Personenverkehrsgesellschaft Le Nord (Ableger der Ferrovie dello Nord) betriebene Eurocity von Mailand nach München gleicht mit fünfzehn in sechs Wagons verstreuten Passagieren einem Geisterzug.

 

Die überschaubare Passagierzahl, eine Kapazitätsauslastung unter zehn Prozent, lag nicht am Schneessturm, der die lombardische Hauptstadt Mitte der Woche noch einmal heimsuchte. "In der Regel gibt es wenige Fahrgäste bis Verona", sagt der ÖBB-Schaffner.

Verwundern sollte dies nicht, denn mehr als 70 km/h fährt der Eurocity nicht, er kriecht im Schneckentempo bis Verona. Erst ab Verona-Trient füllt sich der Zug ordentlich. Mit 18 Stops auf der Strecke Mailand-Brenner-München wird aus dem Pendlerzug nie ein "rapido". Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Allerdings müsste dafür auch ein Pendler-Fahrpreis angeboten werden, was nicht der Fall ist.

 

Im Gegenteil, die versprochene "Sparschiene" mit Preisen von 19 und 29 Euro für Mailand-Bozen und Mailand-Innsbruck hat Seltenheitswert. 50 Euro kostet die Normalpreisfahrkarte für die rund 500 Kilometer lange, sechsstündige Fahrt nach Innsbruck.

 

Kleiner Trost: Man kann die Tickets ohne Aufpreis im Zug lösen. Das ist wohl der wichtigste Wettbewerbsvorteil gegenüber der italienischen Staatsbahn Ferrovie dello Stato (FS). Denn der ehemalige Monopolist verlangt beim Kauf einer Fahrkarte im Zug bis zu 60 Euro Sonderzuschlag.

 

Sonst sind die Vorzüge des neuen, im Dezember auf Schiene gebrachten ÖBB-Angebots gegenüber der veralteten FS überschaubar. Exzellentes Service, Pünktlichkeit, mehrsprachigen Kundendienst gibt es nur in Inseraten. Auf der Fahrt nach Innsbruck kann man davon nur träumen - wie auch von einem Frühstückskaffee. Einen Speisewagen gab es nicht. "Wegen Schwierigkeiten mit dem Bremssystem" , wie eine Schaffnerin zu erklären versuchte. Ihr Problem: Sie konnte weder mit Brötchen oder Sandwiches aufwarten noch mit Trinkwasser, denn in der Kürze war offenbar keine Minibar zu organisieren. "In Innsbruck werden wir eine Ersatzlösung finden." Das war für die meisten der durstigen Passagiere zu spät.

 

Der Durst hatte freilich auch einen Vorteil: Die Benützung der Toiletten konnte auf ein Minimum beschränkt werden. Im Wagon 257 waren sie "leider vorübergehend unbenutzbar", wie auf einem Zettel lapidar mitgeteilt wurde. In dem eilig aufgesuchten Wagen 259 funktionierte dann die WC-Spülung nicht. Wie überhaupt sein Erhaltungszustand jämmerlich war, "desolat", wie Fahrgäste bemängelten. Die Fenster waren teils mit rotem und grünem Lack bespritzt, Farbflecke auch am Fußboden, die Wagontüren schlossen nicht automatisch. "Das häuft sich in den EC-Zügen" , sagt mein Nachbar. "Nur wer ein Masochist oder dem Slow Life verfallen ist, kommt hier auf seine Rechnung." Fragt sich nur, ob die Aufstockung des Angebots und der geplante Einsatz des Prestige-Schnellzugs Railjet durch "ÖBB-Italia" je lohnen.

 

 

Zur Zweisprachigkeit von DB und ÖBB

 

Sehr geehrte Frau Schönbohm,

 

das schlägt dem Fass nun wirklich den Boden aus: Nicht genug dass DB/ÖBB auch in Südtirol nur einsprachig italienische Flugzettel verteilen, auf denen selbst Reiseziele in Deutschland einen lächerlichen italienischen Namen erhalten (Stichwort: Monaco Est), nun werben Sie auch noch in deutschsprachigen Südtiroler Medien (wie Südtirol Online) auf Italienisch. Damit toppen Sie alles, was sich Trenitalia bisher bereits an Dreistigkeit und Respektlosigkeit geleistet hatte.

Ich hoffe auf einen raschen Kurswechsel, andernfalls können Sie mich als Reisegast vergessen — und vermutlich eine ganze Menge Südtiroler mit mir.

 

Mit freundlichen Grüßen aus Brixen

 

Simon Constantini


http://www.brennerbasisdemokratie.eu

 

 

Sehr geehrter Herr Constantin (sic),

 

vielen Dank für Ihren Hinweis. Natürlich sollte dies nicht passieren. Die Anzeigen werden von unserer Agentur aus Deutschland geschaltet. Leider ist es ein Versehen gewesen, eine italienische Anzeige in eine deutschsprachige Internetseite zu setzen - zumal wir diese für die Dolomitenzeitung auf deutsch vorbereitet haben.

Ich versichere Ihnen, dass alle kommenden Kampagnen zweisprachig sein werden. Wir machen in diesen Monaten erste Erfahrungen mit unseren neuen DB-ÖBB Kooperationszügen und da gehören leider ein paar “Fettnäpfchen” dazu. Ich bitte hier um Ihr Verständnis.

 

Ich stehe Ihnen gern für weitere Anregungen und Kritik zur Verfügung und verbleibe

 

mit freundlichen Grüßen

 

Kerstin Schönbohm
Direttrice (sic)
Marketing e Comunicazione (sic)
Cooperazione Brennero per i treni a lunga percorrenza in Italia
Fernverkehr Italien - Brennerkooperation (P.TVI 5)

 

Auf die Überwindung dieser Fettnäpfchen Kinderkrankheiten sind wir gespannt.

Die deutschsprachige Kampagne in den Dolomiten ist jedenfalls per se kein Argument,

denn das Tagblatt der Südtiroler veröffentlicht meines Wissens nur Anzeigen auf Deutsch

oder Ladinisch. Wäre also gar nicht anders möglich gewesen.