Das Berner Alterszentrum Bethlehemacker hat für seine Bewohner mit Demenz ein Eisenbahnabteil nachgebaut: Das Fenster ist ein Bildschirm, auf dem die Eisenbahnfahrt Bern-Brig mit Originalton läuft. Die Idee des Heims ist unter Experten umstritten.
Eisenbahnabteil im Alterszentrum Bethlehemacker Bild: SF "10vor10"
Das Alterszentrum Bethlehemacker will seinen Bewohnern virtuelle Zugfahrten ermöglichen: Dafür hat die Heimleitung vier Original-Erstklasssitze einbauen lassen. Im Monitor-Zugfenster läuft in einer Endlosschleife die Zugfahrt Bern-Brig. Eine akustische Tonspur steuert die typischen Zuggeräusche bei. Dies berichtet «10vor10».
Leiter Edgar Studer erklärt seine ungewöhnliche Idee: «Wir wollen bei unseren Bewohnern positive Emotionen wecken.» Die virtuelle Zugfahrt soll die Bewohner mit Demenz an schöne Reisen in der Kindheit erinnern.
Kritische Expertin
Die Demenz-Expertin Irene Leu kritisiert das Angebot: «Wir wissen nie, wie viel Menschen mit Demenz realisieren», so die Expertin der Stiftung Wirrgarten aus Basel. Es sei für sie sehr
fragwürdig, den dementen Menschen im Heim eine Zugfahrt virtuell «vorzugaukeln». Heimleiter Studer entgegnet: «Die Emotionen, die unsere Bewohner im Zugsabteil erleben, sind real.» Sie würden das
Abteil mit einem zufriedenen Lächeln verlassen.
Immer mehr Demente
Als stark alternde Gesellschaft nimmt die Zahl der Dementen in der Schweiz stark zu. Es gibt mittlerweile über 100'000 Betroffene. Die Berner Domicil-Gruppe, zu der auch das Alterszentrum
Bethlehemacker gehört, hat heute in Bern ihr neues Kompetenzzentrum Demenz vorgestellt. Das Projekt im Bethlehemacker habe Pioniercharakter, so die Gruppe.