Wird in den Medien über ÖBB-Störungen zu negativ berichtet?

Oft wird bei Störungen im Bahnverkehr über die fehlenden Informationen an die Reisenden berichtet. Dann aber auch ab und zu über ein schlechtes Management der vorliegenden Störung. Nicht selten wird dann aber auch in Leserbriefen oder Leserkommentaren ein ganz anderes Bild dargestellt. Deshalb sei hier einmal die Frage aufgeworfen, ob eigentlich in den Medien zu negativ über solche ÖBB-Störungen berichtet wird?

 

Zum Thema nachfolgend gleich einmal zwei Berichte mit den Leserkommentaren dazu:

 

Unwetter löste Chaos bei Schienenersatzverkehr auf der Südbahnstrecke aus

Von Andrea Schurian - derStandard.at

 

Schienenersatzverkehr: Vom Glück der Gepäck- und Kinderlosigkeit

 

Gegen 18 Uhr kam die Durchsage: Leider, verkündete die freundliche Stimme im ÖBB-EC von Klagenfurt nach Wien, leider müssten die Fahrgäste den Zug in Mürzzuschlag verlassen. Nichts Genaues wüsste man, nur so viel: Der Sturm habe eine Oberleitung beschädigt. Aber alles wird gut; fünf Busse stünden als Schienenersatzverkehr am Bahnhofsvorplatz.

Das Kind in der einen und Koffer in der anderen also hinaus in Regen und zehn Grad Kälte. Abenteuer Zugreise. Am Vorplatz keine fünf Busse, dafür bereits hunderte Passagiere früherer Züge. Ein überbeladener Bus fährt gerade weg. Mittendrin im Tohuwabohu: zwei alleinreisende 13-jährige Mädchen, die laut Fahrplan schon längst in Wien hätten sein sollen. Inzwischen spucken immer neue Züge immer neue ratlose, frierende, zunehmend frustrierte Menschen aus. ÖBBler ist keiner zu sehen. Niemand, der das Chaos geordnet hätte. Keine Durchsagen. Keine Informationen. Keine Taxis. Zu wenige Busse. Und wieder ein Zug. Warten. Drängen. Schubsen. Kinder und Mütter fallen wieder in die letzte Reihe zurück.

Eine ältere Dame hatte gerade ihren Koffer in die Gepäcklade des Busses gehievt und wollte sich den Weg zur Tür bahnen. Doch nur den Fittesten, den Gepäcks- und Kinderlosen winkt das Glück der Weiterfahrt. Die Tür geht zu, der Koffer ist drin, die Dame draußen. Der Bus fährt ab. Irgendwann werden Koffer und Dame einander hoffentlich wiedergesehen haben.

Notgemeinschaften
Kleine Notgemeinschaften bilden sich; wer zum Taxiruf durchkommt, weint beinah vor Erleichterung. Mutter und Kind, zwei dreizehnjährige Mädchen, ein Ehepaar und zwei alleinstehende Damen teilen sich einen Minivan nach Wiener Neustadt. Dort steht auf der Anzeigetafel, der Intercity habe zehn Minuten Verspätung. Auf Anfrage, ob das denn stimmen könne, sagt der ÖBB-Mann vor Ort lapidar, das wisse er jetzt auch nicht so genau. 

Zwischen 17 Uhr 30 Sonntagabend und Montag sechs Uhr früh sei die Südbahnstrecke unterbrochen gewesen, sagt Nikolaus Käfer, Sprecher der ÖBB-Infrastruktur. Es hätten extreme Zustände geherrscht, Sturmgeschwindigkeiten bis zu 140 km/h, umstürzende Bäume hätten immer wieder Mitarbeiter gefährdet. Und Busse seien wegen des Klagenfurter Cupendspiels knapp gewesen.

Fürs Wetter können die ÖBB tatsächlich nichts. Aber zügig informieren sollte zur Kernkompetenz zählen. Nikolaus Käfer entschuldigt sich. Immerhin. (Andrea Schurian/DER STANDARD-Printausgabe, 18.5.2010)

 

Der Leserkommentar von ghostwriter'68 dazu:

 

Richtigstellung

Der Bericht gehört ins Reich des Gonzo-Journalismus der 70er-Jahre. Worum es in dem Bericht geht, ist die Selbstbestätigung eines anscheinend total kaputten Menschenbildes der Autorin. Mit der Realität vor Ort hat der Bericht jedenfalls nichts zu tun.

Ich war selbst eine Stunde lang in Mürzzuschlag - wollte eigentlich von Leoben nach Wien. Für alle Anwesenden war die Situation natürlich sehr ungut; um so verwunderter war ich, wie sehr die zufällig dort Zusammengewürfelten in Sturm, Nieselregen und niedrigen Temperaturen gegenseitig auf sich - und vor allem Schwächere - geachtet haben.

Es war eine Geduldsprobe für alle Anwesenden, die von 'uns allen' wirklich gut (auch im ethischen Sinn) gemeistert wurde.

 

Die Autorin, Frau Andrea Schurian, träumt anscheinend von einer Art 'heilen Welt', in der uns die Exekutive in enger Zusammenarbeit mit der ÖBB jegliche Selbstverantwortung abnimmt. In der Uniformierte uns in Zweierreihe bringen, damit wir wilden Tiere uns nicht gegenseitig verletzen.

Bloß nicht selbst denken und handeln müssen! Bloß nicht mit anderen Menschen, mit uns völlig Fremden, interagieren müssen!

Es mag absurd klingen, aber ich bin froh dort gewesen zu sein; die zwei Stunden Verspätung haben sich total ausgezahlt. Warum? Weil man dort live erleben konnte, dass Menschen eben nicht so sind wie viele Leute - z.B. Frau Schurian - sie gerne darstellen; als wilde Bestien, die man mit starker Hand von oben voreinander schützen muss.

 

In diesem Sinne noch ein großes Danke an alle, die dort waren. Ich war zwar überhaupt nicht in der Stimmung und hatte es wirklich eilig - aber es war einfach total ergreifend zu erleben und ins Gedächtnis gerufen zu bekommen, dass ich doch unter Menschen lebe und nicht unter Haus- oder Wildschweinen. 

Mein Mitleid allen - wie Frau Schurian - gegenüber, die nicht fähig waren das zu sehen, sondern sich nur auf ihre Wut den 'unfähigen Autoritäten' gegenüber konzentrieren konnten.

 

Selbstverständlich ist dies nur ein ausgewählter Kommentar

und es finden sich natürlich auch andere für den oben erwähnten Artikel. 

 

 

Mehr zum Thema:

Unfreiwillige Nacht im ÖBB-Express

Von Jochen Bendele - Kleine Zeitung.at Kärnten

 

Expresszug brauchte 14 Stunden von Wien nach Klagenfurt. Doch für 30 Kärntner waren umgestürzte Bäume auf der Semmering-Strecke nicht so ärgerlich wie das ÖBB-"Krisenmanagement". 

Die Zuneigung der "leidenschaftlichen Bahnfahrerin" Brigitte Schmedler wird auf eine harte Probe gestellt. Sonntagabend wollte die Ärztin mit dem Rom-Express von Wien nach Klagenfurt fahren und Montag früh ihren LKH-Dienst antreten. Doch die Fahrt dauerte über 14 Stunden und stand im Zeichen von Pannen und Kommunikationskatastrophen, die Schmedler sich nur so erklären kann: "Das Management hat keine Ahnung, was sich im Zug abspielt!"

 

Die Odyssee im Telegrammstil: Abfahrt 20.09 Uhr, 39 Minuten zu spät, ohne Erklärung. Halt in Gloggnitz und Info, bis 22.30 Uhr seien die Gleise blockiert. Um 1.20 Uhr zurück nach Wien und über Salzburg nach Kärnten. - Warum gibt es für die 30 Kärntner keinen Schienenersatzverkehr? Weil die Zug-Schlafwagen unter allen Umständen nach Italien müssen! - Neue Abfahrt 2 Uhr. Stopp in Rekawinkel, die Italiener fahren wieder zurück nach Wien. Danach gab es keine Ansagen mehr, nicht einmal als der Zug in Villach ankam. Schmedler: "Wer nicht zufällig aus dem Fenster schaut, landet in Italien."


Keine Auskunft, keine Getränke
Alle hätten Verständnis, wenn höhere Gewalt wie das Wetter zu Verspätungen führt. Doch ohne jegliche Auskunft stundenlang irgendwo herumzustehen und dann ebenso ahnungslos hin- und hergerollt zu werden, ohne Getränke oder eine Kleinigkeit zu essen: Das habe sie "richtig heiß" gemacht, sagt Schmedler.

Gerecht fände sie, wenn sie den Urlaubstag ersetzt bekäme, den sie nehmen musste. Denn nach so einer schlaflos-stressigen Nacht kann man kaum operieren.

Laut ÖBB machen die umgestürzten Bäume am Semmering bis heute Probleme. "Meist sind solche Schäden schnell beseitigt. Sonntag hofften wir, die Strecke sei wieder frei, wenn der Zug kommt. Statt dessen fielen immer mehr Bäume."

 

In der Gegenrichtung hat es offenbar besser geklappt:

Der Leserkommentar von GKonst dazu:

 

Ich fuhr am selben Tag von Graz nach Wien. Abfahrt Graz 19:26, Halt in Mürzzuschlag ca. 21:00 - Kein Weiterkommen wegen Unwetterschäden.

Es gab einen sehr gut eingerichteten Schienenersatzverkehr bis nach Wienerneustadt. Fazit - eine um ca. 50min verspätete Ankunft in Wien Meidling! Scheinbar klappt das Kriesenmanagement in Richtung Wien besser!

 

 

 

Und zum Schluss nochmals die Frage:

Wird in den Medien über ÖBB-Störungen zu negativ berichtet?